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Die Säugetiere des Fürstentums Liechtenstein (Mammalia)

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werden kann. Nach der Angabe <strong>des</strong> in Frastanz aufge stell ten<br />

Baron Sternbachischen Grossjägers soll dieses Raubthier beständig<br />

über die Grenzen zwischen dies- und jenseitigen Gebiete<br />

wechseln, wodurch seine Vertilgung erschwert wird.<br />

Nur durch ein gemeinsames Zusammenwirken kann den weiteren<br />

Verherungen dieses Thiers vorgebeugt werden, und<br />

man sieht sich daher aufgefordert, das Wohllöbliche Oberamt<br />

geziemend zu ersuchen, auf den 21ten dies, auf welchen<br />

Tag die diesseitigen Forstjäger und Schützen zu einem Streifzug<br />

auf das Raubthier nach Frastanz beordert sind, auch jenseits<br />

gleiche Anstalten zu treffen, und eine Anzahl Schützen<br />

auf bemerkte Gegend auf den Grat abzuschicken.»<br />

Schon blosse Vermutungen über ein letztes Auftreten <strong>des</strong><br />

Wolfes lösten umfangreiche Papierkriege aus. Im April <strong>des</strong><br />

Jahres 1821 glaubte man beispielsweise in Nenzing auf der<br />

Spur eines Wolfes zu sein (SCHALLERT 1992). Doch trotz <strong>des</strong><br />

vom Landgericht Sonnenberg ausgeschriebenen Schussgel -<br />

<strong>des</strong> konnte er nicht zur Strecke gebracht werden. Anfangs<br />

der 1830-er Jahren – unfern Bludenz beim Hängenden Stein<br />

– wurde schliesslich der vermutlich letzte Wolf in Vorarlberg<br />

geschossen (BRUHIN 1868). Damit stirbt der Wolf als erstes der<br />

drei Grossraubtiere in der Region aus.<br />

Seit den 1970-er Jahren nehmen die Bestände in Spanien,<br />

Italien, Slowenien, Kroatien und der Slowakei durch Schonzeiten<br />

und Schutzmassnahmen wieder zu. Seit ca. 1985<br />

breitet sich auch die italienische Wolfspopulation in den<br />

nördlichen Apenninen wieder aus, nachdem sie in den<br />

1970er Jahren ihren tiefsten Stand von rund 100 Tieren<br />

hatte. Sie erreichte 1987 die französische Grenze und 1992<br />

wurden die ersten Wölfe im Mercantour Nationalpark<br />

gesichtet. Sie wanderten weiter bis in die Schweizer Alpen,<br />

wo sie erstmals 1995/96 im Val Ferret im Wallis beobachtet<br />

wurden. Genetische Untersuchungen beweisen, dass die<br />

Abb. 197 Der Wolf wurde als erstes Grossraubtier im 19.<br />

Jahrhundert in der Region ausgerottet. (Foto: Markus Stähli)<br />

französischen und schweizerischen Wölfe Abkömmlinge der<br />

italienischen Population sind. Inzwischen sind jeweils<br />

einzelne Wölfe im Wallis, Tessin, Berner Oberland, Zentralschweiz<br />

und Graubünden nachgewiesen worden. <strong>Die</strong> nächs -<br />

ten Nachweise stammen aus dem Prättigau im Gebiet der<br />

Schesaplana vom Sommer 2009. Bereits im Frühling 2009 soll<br />

auf dem Äbigrat auf der Maienfelder Alp Wolfkot gefunden<br />

worden sein. <strong>Die</strong>se Beobachtungen sind nur 10-15 km von<br />

der liechtensteinischen Grenze entfernt.<br />

<strong>Die</strong>se Tiere unternehmen auch weite Wanderungen. Es ist also<br />

wahrscheinlich, dass auch in <strong>Liechtenstein</strong> bald einmal ein<br />

Wolf auf der Wanderung vorbeischaut.<br />

Lebensraum<br />

Aufgrund seiner grossen Anpassungsfähigkeit kann der<br />

Lebensraum nicht eindeutig beschrieben werden. <strong>Die</strong> meis -<br />

ten Wölfe bewohnen Grasland und Wälder. Wichtig für den<br />

Beutegreifer ist ein genügend grosses Nahrungsan ge bot. Sie<br />

können so in unmittelbarer Nähe von Men schen leben, wo -<br />

bei ein idealer Lebensraum auch ungestörte Rückzugsräume<br />

aufweist. Sie leben meist unter 1500 m ü. M.<br />

Gefährdung und Schutzmassnahmen<br />

Der Wolf gilt in gewissen Kreisen als Erzfeind <strong>des</strong> Menschen<br />

und wird teils gnadenlos verfolgt. Es ist dadurch sehr schwie -<br />

rig, ein friedliches Nebeneinander zwischen Viehzüchtern<br />

und dem Wolf zu erreichen. Wölfe werden als umso gefährlicher<br />

eingestuft, je weiter entfernt die befragte Bevöl ke -<br />

rung vom Wolfsgebiet wohnt (Italien) (EHRENBOLD 2006).<br />

Natur schutzarbeit kann auf Dauer nicht gegen die Inte res -<br />

sen der heimischen Bevölkerung arbeiten. Sie muss versuchen,<br />

die Mehrheit der Bevölkerung auf ihre Seite zu<br />

bringen. <strong>Die</strong>s kann durch Vorlage alternativer Entwicklungspläne,<br />

durch Aufklärung, Entschädigung oder Prä ven tiv -<br />

mass nahmen erreicht werden (ZIMEN 1979).<br />

Der Wolf ist in <strong>Liechtenstein</strong> kein jagdbares Tier und damit ist<br />

sein Abschuss nicht erlaubt. Er ist nach der Berner Konvention<br />

zur Erhaltung der europäischen wild lebenden<br />

Pflanzen und Tiere europaweit in 45 Staaten rechtlich streng<br />

geschützt, so auch in <strong>Liechtenstein</strong>. Ebenso erscheint er in<br />

der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie der EU, wo sein beson de -<br />

rer Schutz und die Ausweisung geeigneter Lebensräume verlangt<br />

werden. <strong>Die</strong> Schweiz hat im Jahre 2009 seine Rückstufung<br />

in der Berner Konvention verlangt, mit der<br />

Begründung seiner grossen Schadwirkung in Schafherden.<br />

Auch wir in <strong>Liechtenstein</strong> haben eine unkontrollierte Schaf -<br />

be weidung, z.B. in den oberen Lagen <strong>des</strong> Lawenatals. Eine<br />

unkontrollierte Schafweide ist auch aus ökologischen<br />

Gründen sehr fragwürdig. Wo die Behirtung und Be wach ung<br />

durch Hunde vollzogen wird, sind Schadfolgen weitaus<br />

geringer. <strong>Liechtenstein</strong> muss sich entsprechend auf die<br />

Ankunft <strong>des</strong> Wolfes vorbereiten. <strong>Die</strong> Studie über die «Söm -<br />

me rung von Schafen im Fürstentum <strong>Liechtenstein</strong>» (STADLER<br />

2003) ist im Hinblick auf mögliche Wolfspräsenzen zu überarbeiten.<br />

Mario F. Broggi<br />

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