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Die Säugetiere des Fürstentums Liechtenstein (Mammalia)

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1946 ein «riesiger» Dachs gesehen. <strong>Die</strong>ser Dachs entpuppt<br />

sich einige Zeit später am 14. November 1946 als zweijähriger<br />

Keiler. Der Jäger Alois Schädler, Triesen, sah bei einem<br />

Reviergang unterhalb <strong>des</strong> Rappensteins einen Adler und<br />

Kolkraben kreisen. Er findet dort einen leicht verwesten und<br />

von den Vögeln bearbeiteten Keiler. Am 22.10.1947 wurde<br />

ein Keiler noch weiter südlich in Haldenstein bei Chur aufgefunden<br />

und im Jahre 1951/52 halten sich zwei Wildschweine<br />

am Heintzenberg auf (LIECHTENSTEIN, H. o.D.).<br />

Als die ersten lebenden Wildschweine – eine Bache mit fünf<br />

Frischlingen – ob Nendeln gesichtet wurden, findet am<br />

22.10.1947 seit Menschengedenken wieder die erste Wildschweinjagd<br />

in <strong>Liechtenstein</strong> statt (Volksblatt vom 25.10.<br />

1947). <strong>Die</strong> Regierung <strong>des</strong> <strong>Fürstentums</strong> <strong>Liechtenstein</strong> stellte<br />

am 5.5.1948 mittels Verordnung das Wildschwein unter die<br />

jagdbaren Tiere und in den Zeitungen häufen sich nun besorgte<br />

Aufrufe. Im Volksblatt vom 19.6.1948 ist zu lesen: Mit<br />

dem Erlegen von drei Frischlingen unterhalb von Schaan<br />

glaubte man nach den verschiedenen Beobachtungen noch<br />

zwei ausgewachsene Wildschweine auf liechtensteinischem<br />

Gebiet zu haben. «Wenn nicht Zugang erfolgt, könnte man<br />

den schädlichen Vierbeinern am Ende noch Herr werden»: In<br />

<strong>Liechtenstein</strong> wurden von 1946 bis 1955 insgesamt 23 Wildschweine<br />

erlegt. Sie kamen meist aus dem nördlich benachbarten<br />

Vorarlberg, aber auch schwimmend über den Rhein.<br />

Es handelte sich meist um jüngere Tiere, vor allem auch viele<br />

Keiler. Das schwerste Stück hatte 120 kg, die meisten waren<br />

Leichtgewichte um 60 kg (LIECHTENSTEIN, H. o.D.). <strong>Die</strong> dama -<br />

ligen Hauptaufenthaltsorte waren der Maurerberg, der<br />

Brunnenbüchel unterhalb von Planken und anschliessend im<br />

Schwabbrünner Riet, aber auch die Rheinauen bei Schaan.<br />

Das letzte Wildschwein wurde am 4.1.1955 im Jagdrevier<br />

Gafadura durch den Weinhändler Hans Ritter aus Schaan<br />

erlegt. Mit diesem Abschuss war es mit der Wildsau-Invasion<br />

im Alpenrheintal zu Ende. Prinz Hans von <strong>Liechtenstein</strong> hat<br />

über diese Wildschweinvorkommen der Jahre 1946-1955<br />

eine Doku men ta tion erstellt, die als Grundlage für einen<br />

diesbezüglichen Beitrag diente (BROGGI 1974).<br />

15 Jahre später, nämlich 1970/71 wird erstmals wieder eine<br />

Sau im Lande Vorarlberg gespürt und im Jagdjahr 1971/72 im<br />

Bezirk Bregenz ein Exemplar geschossen. Im Dezember 1971<br />

taucht das Wildschwein an unserer Lan<strong>des</strong>grenze auf und<br />

eine Bache wird bald drauf in der Gisinger Au geschos sen. Im<br />

Februar 1974 beobachtet der Grenzwächter Anton Meng in<br />

der Ruggeller Weienau nahe der österreichischen Grenze ei -<br />

nen Keiler und im Sommer dieses Jahres wird in der Gisinger<br />

Au im nahen Vorarlberg ein Keiler geschossen (BROGGI 1974).<br />

Der nächste bekannte Vorstoss stammt aus dem Jahr 1988,<br />

wo am 4.12.1988 am Maurerberg beim «Leckete Stein» ein<br />

Stück Schwarzwild von Peter Roth aus einem Achterrudel ge -<br />

schossen wurde. Am 6. Dezember 1988 wurde die Fährte einer<br />

Sau im «Dachseck» ob Planken gesehen. Fünf Jahre vorher<br />

soll es dort auch schon Spuren gegeben haben, ebenso<br />

auf der Ställawies nördlich von Schaan (pers. Mitt. Manfred<br />

Wanger, 14.12.1988). Gemäss Liecht. Vaterland vom 27. Februar<br />

1999 sollen sich nach Aussagen von Jägern rund ein<br />

Dutzend Wildschweine im benachbarten St.Galler Rheintal<br />

aufhalten. Dort sollen die Wildschweine seither auch Standwild<br />

sein. In <strong>Liechtenstein</strong> wurde ein zwei- bis dreijähriger<br />

Keiler auf einer Treibjagd im Schaaner Riet an der Grenze<br />

zum Vaduzer Riet von Hermann Pfefferkorn geschossen, auf<br />

einer Treibjagd der Vaduzer Jagdgesellschaft im Dezember<br />

2000 beim Wildschloss ebenfalls ein Überläufer durch Christoph<br />

Wachter erlegt. Wolfgang Kersting hat Fährten von<br />

Sauen im Ruggeller Riet im Winter 2004/2005 gesehen, ebenso<br />

im Mai 2005 direkt über der Grenze in Bangs. 2011 werden<br />

im Frühjahr regelmässig Fährten in der Rheinau südwestlich<br />

von Bendern festgestellt (Michael Fasel, mündliche Mittg.)<br />

Lebensraum<br />

Der Lebensraum <strong>des</strong> Wildschweines ist ausserordentlich vielgestaltig.<br />

Wo das Schwarzwild Deckung und Nahrung<br />

findet, lebt es im Flachland wie in dichtbesiedelter Landschaft<br />

(z.B. in Berlin), wo es zu einem eigentlichen Kulturfolger<br />

werden kann.<br />

Gefährdungen und Schutzbestrebungen<br />

Aus der Sicht <strong>des</strong> Naturschutzes ist es zu bedauern, dass<br />

je<strong>des</strong> Stück Schwarzwild, welches sich im 20. Jahrhundert ins<br />

Alpenrheintal vorwagte, unerbittlich verfolgt wurde. Es gilt<br />

heute nach dem liechtensteinischen Jagdgesetz als jadbare<br />

Wildart mit einer Schusszeit vom 1. August bis 31. Dezember.<br />

<strong>Die</strong> wenige Stücke Schwarzwild, die sich gelegentlich in<br />

unseren Raum verirren, stellen eine Bereicherung der einheimischen<br />

Fauna dar. Bei einigen Tiergruppen, wie beispielsweise<br />

den Greifvögeln, hat sich jedenfalls die Erkenntnis<br />

durchgesetzt, dass ihr Nutzen einen allfälligen Schaden<br />

überwiegt. Vielleicht lässt sich dieser Meinungsumschwung<br />

auch einmal für das Schwarzwild erreichen. In der Forstwirtschaft<br />

werden sie als Nützlinge erachtet, in der Landwirtschaft<br />

können sie beispielsweise in Maiskulturen Schäden<br />

anrichten. <strong>Die</strong>se sind umso grösser, je mehr solche Kulturen<br />

direkt an das Waldareal grenzen.<br />

Mario F. Broggi<br />

Abb. 201 Das erste Wildschwein konnte am 26.2.1948<br />

oberhalb von Triesen durch Metzgermeister Anton Mähr<br />

erlegt werden.<br />

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