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Die Säugetiere des Fürstentums Liechtenstein (Mammalia)

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Rothirsch (Cervus elaphus)<br />

Ordnung: Paarhufer (Artiodactyla)<br />

Familie: Hirsche (Cervidae)<br />

Merkmale<br />

Foto: Markus Stähli<br />

Das charakteristischste Merkmal <strong>des</strong> Rothirsches ist sein<br />

Geweih. Es besteht aus Knochenmaterial, wird jährlich im<br />

Spätwinter abgeworfen und bis Mitte Sommer wieder neu<br />

aufgebaut. Weibchen und Kälber tragen kein Geweih, wie<br />

das bei allen Cerviden, mit Ausnahme <strong>des</strong> Rentiers, der Fall<br />

ist. <strong>Die</strong> Anzahl der Geweihsprossen eines Rothirsches hängt<br />

nicht mit der Höhe <strong>des</strong> Alters zusammen. Hirsche tragen im<br />

Oberkiefer keine Schneidezähne, die Eckzähne sind in<br />

reduzierter Form als «Grandeln» bei beiden Geschlechtern<br />

ausgebildet. In <strong>Liechtenstein</strong> liegt das Durchschnittsgewicht<br />

der erwachsenen männlichen Rothirsche im Spätsommer<br />

zwischen 130 und 220, das der erwachsenen Hirschkühe<br />

zwischen 100 und 130 Kilogramm. Hirsche sind also rund<br />

fünfmal so schwer wie ein Reh. Im Sommer tragen die Tiere<br />

das namensgebende rotbraune Fell («Rotwild»), im Winter<br />

sind sie graubraun gefärbt. <strong>Die</strong> Kälber tragen in den ersten<br />

Lebensmonaten zu ihrer Tarnung weisse Flecken auf hellbraunem<br />

Untergrund. Rotwild ist als «Fluchttier» mit grosser<br />

Fluchtdistanz charakterisiert. Es sind ausdauernde Läufer,<br />

hochbeinig, mit gerade verlaufender Wirbelsäule, und mit<br />

einem ausgeprägtem Gesichtssinn und gut ausgebildeten<br />

Riech- und Hörorganen.<br />

Abb. 202 Hirschkuh mit Kalb. (Foto: Markus Stähli)<br />

Biologie<br />

Rothirsche leben wie die Gämse im Rudelverband und sind<br />

im Gegensatz zum Rehwild nicht territorial. <strong>Die</strong> Rudel<br />

setzen sich aus Muttertieren mehrerer Generationen, den<br />

Kälbern sowie den ein- und teilweise auch den zweijährigen<br />

männlichen Hirschen zusammen. <strong>Die</strong> drei- und mehrjährigen<br />

männlichen Hirsche leben zusammen in kleinen Gruppen<br />

oder als Einzelgänger und treffen nur zur Brunftzeit Ende<br />

September und Anfang Oktober zu den Familienrudeln. Das<br />

im Mai und Juni nach 34 Wochen Tragzeit geborene Kalb ist<br />

ein Nestflüchter und vermag schon nach ein paar Tagen problemlos<br />

der Mutter zu folgen. Es wird während der ersten<br />

drei bis fünf Lebensmonate gesäugt und bleibt bis nach dem<br />

zweiten Lebensjahr unter der Führung <strong>des</strong> Muttertieres.<br />

Nach der Geburt <strong>des</strong> Kalbes stösst das letztjährige Kalb, das<br />

jetzt Schmaltier heisst, zum Verband dazu und bleibt bis<br />

zum kommenden Frühjahr. Oft können <strong>des</strong>halb im Sommer<br />

Hirschkuh-Kalb-Schmaltier zusammen beobachtet werden.<br />

Das grössere Rudel folgt in der Regel dem erfahrendsten<br />

Alttier (Leittier), das die besten Einstands- und Nahrungsgebiete<br />

und die günstigsten Wanderrouten kennt und diese<br />

als Tradition an jüngere Tiere weitergibt. <strong>Die</strong>ses traditionelle<br />

Wissen ist in Rotwildgebieten wie <strong>Liechtenstein</strong>, wo starke<br />

menschliche Störungen und eine fast flächendeckende Erschliessung<br />

der Landschaft im Talraum vorliegen, von besonders<br />

grosser Bedeutung.<br />

<strong>Die</strong> Nahrungswahl dieses Wiederkäuers ist wenig spezia li siert<br />

und reicht von Gräsern, Kräutern über Stauden, Strauch- und<br />

Baumtrieben bis zu Baumrinden, abhängig vom Störungsgrad,<br />

der Waldbauform, der Höhenlage und Jahreszeit. Eine<br />

künstliche Fütterung im Winter wird in <strong>Liechtenstein</strong> nur in<br />

Form einer Notfütterung mit Heu während extremer<br />

Wetterbedingungen betrieben (KERSTING & NÄSCHER 2008).<br />

<strong>Die</strong> auffälligsten Lautäusserungen sind die Brunftschreie der<br />

Männchen, von den Jägern als «Röhren» bezeichnet.<br />

Weibchen verständigen sich mit ihren Kälbern durch ein nasales<br />

und wenig auffälliges «Mahnen».<br />

Abb. 203 Hirschrudel am Schönberg. (Foto: Franz Fasel)

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