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Die Säugetiere des Fürstentums Liechtenstein (Mammalia)

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Eingewanderte Arten (Neozoen)<br />

Seit der Entdeckung Amerikas 1492 hat der Austausch von<br />

Arten zwischen den Weltregionen eine grosse Dimension<br />

erreicht. <strong>Die</strong> seither eingeführten oder unbewusst eingeschleppten<br />

Arten werden als Neozoen bezeichnet. Unter<br />

den <strong>Säugetiere</strong>n <strong>Liechtenstein</strong>s sind verschiedene Neozoenvertreter<br />

vorhanden. Eine Art, die Bisamratte, hat sich etabliert.<br />

Der amerikanische Waschbär und der Marderhund<br />

treten derzeit nur sporadisch auf.<br />

Bisamratte (Ondatra zibethicus)<br />

Ordnung: Nagetiere (Rodentia)<br />

Familie: Wühler (Cricetidae)<br />

Merkmale<br />

Foto: Rainer Kühnis<br />

<strong>Die</strong> aus Nordamerika stammende Bisamratte ist mit der einheimischen<br />

Schermaus verwandt und ist damit keine Rattenart.<br />

<strong>Die</strong> Bezeichnung Bisam verdankt sie dem stark nach<br />

Moschus duftenden Sekret, das Männchen absondern. <strong>Die</strong><br />

Bisamratte wirkt mit einer Kopf-Rumpflänge von 30-36 cm<br />

und zusätzlichem 20-25 cm langen Schwanz etwas plump<br />

und gedrungen. Mit etwas mehr als einem Kilogramm Ge -<br />

wicht kann sie allenfalls mit einem jungen Biber verwechselt<br />

werden. Sie ist zugleich grösser als eine Wanderratte. Charakteristisch<br />

ist der seitlich abgeplattete Schwanz, der aber<br />

nicht breit und flach wie beim Biber ist. Das sehr weiche und<br />

dichte Fell ist dunkel- bis schwarzbraun.<br />

Anzeichen für Bisam-Vorkommen lassen sich durch Spuren in<br />

der Uferböschung (z.B. eingefallene Kessel und Gänge von<br />

älteren Bauten), Frassspuren mit schrägen Abbissstellen und<br />

regelmässig benutzte Fressplätze, Kotspuren auf Gegenständen<br />

deponiert und Wechsel und Kanäle in der Vege ta -<br />

tion erkennen. Das Fell der Bisamratte ist für die Pelzindustrie<br />

wertvoll.<br />

Biologie<br />

<strong>Die</strong> Bisamratte ist ein Dämmerungs- und Nachttier und<br />

ganz jährig aktiv. Es werden Erdbaue und Burgen errichtet.<br />

Erdbaue werden in die Uferböschungen angelegt und die -<br />

nen als Unterkunft in der Vegetationszeit. Burgen werden<br />

im Herbst gebaut und vor allem im Winter als Wohnquartier<br />

benutzt. Ihr Standort befindet sich am Ufer oder in seiner<br />

Nähe. Als Baumaterial werden Schilf, Schachtelhalme und<br />

andere Pflanzen verwendet. <strong>Die</strong> Höhe beträgt etwa 60-100<br />

cm, der Durchmesser 150-200 cm. Im Alter von sieben bis<br />

acht Monaten sind die Bisamratten bereits geschlechtsreif.<br />

<strong>Die</strong> Paarungszeit ist von April bis Oktober, die Trächtigkeit<br />

dauert etwa vier Wochen. Es werden zwischen drei und zehn<br />

Jungen geboren, wobei die Jungen ihre Augen am 9. Tag<br />

öffnen und den Bau nach etwa zwei Wochen das erste Mal<br />

verlassen. Ein Weibchen kann drei bis vier Würfe im Jahr<br />

haben und erreichen ein Alter von drei bis fünf Jahren.<br />

Sie ernährt sich hauptsächlich von Wasserpflanzen, als Zusatznahrung<br />

dienen Muscheln, Schnecken und Krebse.<br />

Verbreitung<br />

<strong>Die</strong> ursprüngliche Heimat der Bisamratte sind die USA und<br />

Kanada. <strong>Die</strong> Bisamratte eroberte sich Mitteleuropa in zwei<br />

Stossrichtungen. Der Einmarsch in die Nordwestschweiz hat<br />

seinen Ursprung in einer Bisamrattenfarm in der Nähe <strong>des</strong><br />

elsässischen Belfort, wo 1928 rund 500 Tiere entwichen sind.<br />

Bereits 1935 wurden die ersten Tiere bei Boncourt im Jura<br />

und im Raum Basel festgestellt. <strong>Die</strong> Tiere besiedelten in der<br />

Folge etliche Wasserläufe der Nordwestschweiz. <strong>Die</strong> zweite<br />

Invasionswelle erreichte die Schweiz vom Osten. Sie wurde<br />

1905 nahe Prag vom Fürsten Colloredo-Mansfeld begründet,<br />

der die Bisamratte von einer Jagd in Alaska mitbrachte und<br />

zur Pelzzucht ansiedelte. Sie breiteten sich entlang der<br />

Wasserläufe rasch aus. Man nimmt an, dass ein Grossteil der<br />

heute in Mitteleuropa beheimateten Bisamratten aus diesem<br />

«Reisegepäck» stammt. 1914 erreichte die Bisamratte bereits<br />

das österreichische Mühlviertel. Über Deutschland folgte anfangs<br />

der 1980-er Jahre die Einwanderung in die Ostschweiz<br />

und den Bodenseeraum. <strong>Die</strong> Bisamratte ist heute von der<br />

Nordschweiz (Jura) bis in die Ostschweiz verbreitet.<br />

In den Vorarlberger Nachrichten vom 10. August 1979 ist<br />

von einer Bisamjagd am Bodensee die Rede, nachdem die<br />

Ratten vorerst den Untersee entdeckt hätten. Im Juli 1980<br />

wurden drei Bisamratten bei Hard am Vorarlberger<br />

Bodensee gefangen. Anfangs der 1980-er Jahre wird die Bisamratte<br />

das Alpenrhein-System hinaufgewandert sein.<br />

Abb. 216 Junge Bisamratte (Rainer Kühnis)<br />

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