16.12.2012 Aufrufe

Mehrdimensionale Diskriminierung – Begriffe, Theorien und ...

Mehrdimensionale Diskriminierung – Begriffe, Theorien und ...

Mehrdimensionale Diskriminierung – Begriffe, Theorien und ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

„Der kirchliche Arbeitgeber müsste also nachweisen, dass die Mitarbeiterin ihre bisherige<br />

Tätigkeit aufgr<strong>und</strong> ihrer lesbischen Lebensweise nicht ausüben kann, weil für die Tätigkeit eine<br />

asexuelle oder heterosexuelle Lebensweise wesentlich, entscheidend <strong>und</strong> angemessen ist.“ 147<br />

3.2 <strong>Mehrdimensionale</strong> <strong>Diskriminierung</strong> in Regelungen<br />

außerhalb des AGG<br />

Recht gegen <strong>Diskriminierung</strong> findet sich nicht nur im AGG, sondern auch in zahlreichen<br />

weiteren Vorschriften. Daher stellt sich die Frage, inwieweit dort mehrdimensionale <strong>Diskriminierung</strong><br />

Beachtung findet. Hier werden dazu die wichtigsten b<strong>und</strong>esgesetzlichen Regelungen<br />

untersucht.<br />

Das deutsche Recht kennt neben dem AGG noch weitere Normen, die sich mit der Benachteiligung<br />

wegen unterschiedlicher Kategorisierungen auseinandersetzen.<br />

Hierzu zählt auf Verfassungsebene Art. 3 Abs. 3 des Gr<strong>und</strong>gesetzes (GG), der mit der Verfassungsreform<br />

von 1994 um einen zweiten Satz zum Schutz Behinderter vor Benachteiligungen<br />

ergänzt wurde. Schon hier wird ein Regulierungsproblem deutlich, das auch in der<br />

theoretisch-konzeptionellen Debatte eine Rolle spielte: die Hierarchisierung zwischen<br />

<strong>Diskriminierung</strong>s„gründen“. Nach Satz 1 gibt es Schutz vor Bevorzugungen <strong>und</strong> Benachteiligungen,<br />

nach Satz 2 nur vor Benachteiligungen. Der gleichstellungsfre<strong>und</strong>lich gemeinte<br />

Unterschied verdeutlicht, das in Deutschland ein vertieftes Verständnis für den genauen<br />

Charakter von <strong>Diskriminierung</strong> <strong>und</strong> die angemessenen Regulierungen, um vor ihr zu<br />

schützen, noch fehlen.<br />

Daneben finden sich auch Regelungen im einfachen B<strong>und</strong>esrecht, die sich auf mehrere<br />

Kategorisierungen beziehen, teils auch <strong>–</strong> im Einklang mit der Europäischen Charta der<br />

Gr<strong>und</strong>rechte148 <strong>–</strong> mehr Kategorisierungen anerkennen als das Gr<strong>und</strong>gesetz. Dazu gehören<br />

im kollektiven Arbeitsrecht § 75 Abs. 1 BetrVG149 <strong>und</strong> § 67 Abs. 1 S. 1 BPersVG150 sowie § 27<br />

Abs. 1 SprAuG151 <strong>und</strong> im Recht des öffentlichen Dienstes der 2009 neu gefasste § 9 BBG152 . Im<br />

Sozialrecht finden sich § 33c S. 1 SGB I153 , § 36 Abs. 2 SGB III154 <strong>und</strong> § 19a S. 1 SGB IV155 <strong>und</strong><br />

147 Zinsmeister (2008), 207.<br />

148 Dazu ausführlicher 3.3.1.<br />

149 Betriebsverfassungsgesetz vom 15.01.1972 in der Fassung v. 25.09.2001, BGBl I, S. 2518, zuletzt geändert durch<br />

Gesetz v. 29.07.2009, BGBl I, S. 2.424.<br />

150 B<strong>und</strong>espersonalvertretungsgesetz vom 15.03.1974, BGBl I, S. 693, zuletzt geändert durch Gesetz v.<br />

05.02.2009, BGBl I, S. 160.<br />

151 Gesetz über Sprecherausschüsse der leitenden Angestellten (Sprecherausschussgesetz) vom 20.12.1988,<br />

BGBl I. S. 2312, zuletzt geändert durch Verordnung v. 31.10.2006, BGBl I, S. 2.407. Die Norm regelt: § 27 Gr<strong>und</strong>sätze<br />

für die Behandlung der leitenden Angestellten: (1) Arbeitgeber <strong>und</strong> Sprecherausschuss haben darüber<br />

zu wachen, dass alle leitenden Angestellten des Betriebs nach den Gr<strong>und</strong>sätzen von Recht <strong>und</strong> Billigkeit<br />

behandelt werden, insbesondere, dass jede Benachteiligung von Personen aus Gründen ihrer Rasse oder<br />

wegen ihrer ethnischen Herkunft, ihrer Abstammung oder sonstigen Herkunft, ihrer Nationalität, ihrer<br />

Religion oder Weltanschauung, ihrer Behinderung, ihres Alters, ihrer politischen oder gewerkschaftlichen<br />

Betätigung oder Einstellung oder wegen ihres Geschlechts oder ihrer sexuellen Identität unterbleibt.<br />

152 B<strong>und</strong>esbeamtengesetz vom 05.02.2009, BGBl I, S. 160.<br />

153 Sozialgesetzbuch Erstes Buch <strong>–</strong> Allgemeiner Teil vom 11.12.1975, BGBl I, S. 3015, zuletzt geändert durch Gesetz<br />

v. 07.07.2009, BGBl I, S. 1.707.<br />

154 Sozialgesetzbuch Drittes Buch <strong>–</strong> Arbeitsförderung vom 24.03.1997, BGBl I, S. 594, zuletzt geändert durch<br />

Gesetz v. 14.04.2010, BGBl I, S. 410.<br />

155 Sozialgesetzbuch Viertes Buch <strong>–</strong> Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung vom 23.12.1976,<br />

BGBl I, S. 3845 in der Fassung der Bekanntmachung v. 12.11.2009, BGBl I, S. 3.710.<br />

36

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!