Mehrdimensionale Diskriminierung – Begriffe, Theorien und ...
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gegengewirkt werden, sowie an die Gesellschaft gerichtete Sensibilisierungsmaßnahmen<br />
<strong>und</strong> Bildungsmaßnahmen bestimmter Berufsgruppen ergriffen werden. Auch legt der<br />
Bericht nahe, den <strong>Diskriminierung</strong>sschutz bezüglich Alter, Behinderung, Religion/Weltanschauung<br />
<strong>und</strong> sexueller Ausrichtung auch auf Bereiche außerhalb von Beschäftigung <strong>und</strong><br />
Beruf auszuweiten, <strong>und</strong> Nichtregierungsorganisationen mit horizontalem Ansatz zu fördern.<br />
Im Jahr 2008 legte die Kommission parallel zu dem Vorschlag einer weiteren Gleichbehandlungsrichtlinie<br />
197 ihre Mitteilung „Nichtdiskriminierung <strong>und</strong> Chancengleichheit:<br />
Erneuertes Engagement“ 198 vor. Die Mitteilung trifft zahlreiche Aussagen zur Bekämpfung<br />
von <strong>Diskriminierung</strong> insgesamt, ohne dabei zwischen verschiedenen Problemen zu hierarchisieren<br />
oder durch Nennung einzelner Kategorisierungen zu stereotypisieren. Die Kommission<br />
will den europäischen Rechtsrahmen zur Bekämpfung von <strong>Diskriminierung</strong>, der<br />
immer noch unvollständig sei, durch Weiterentwicklung eines einheitlichen Rahmens<br />
voranbringen. Dabei bestehe ein beträchtlicher Bedarf an Daten bezüglich jeglicher <strong>Diskriminierung</strong>serfahrungen,<br />
welche für effiziente Maßnahmen zur Bekämpfung von <strong>Diskriminierung</strong><br />
unerlässlich seien. 199 <strong>Mehrdimensionale</strong> <strong>Diskriminierung</strong> müsse in der Sensibilisierung<br />
der Bevölkerung insgesamt <strong>und</strong> in der Ausbildung bestimmter „Stakeholder“,<br />
darunter Gleichbehandlungsstellen, Richterinnen <strong>und</strong> Richter, Anwältinnen <strong>und</strong> Anwälte<br />
<strong>und</strong> nicht staatliche Organisationen <strong>und</strong> Sozialpartnerinnen <strong>und</strong> Sozialpartner, eine größere<br />
Rolle spielen. Die Kommission will diesbezügliche Maßnahmen unterstützen. 200<br />
Aus diesen Formulierungen ergibt sich, dass in der EU eine steigende Aufmerksamkeit für<br />
mehrdimensionale <strong>Diskriminierung</strong> vorhanden ist. Die deutliche Beachtung von Rassismus<br />
<strong>und</strong> Sexismus201 deckt sich mit der Entwicklung der Analysen von Intersektionalität,<br />
die ebenfalls von einer begrenzten Problemlage <strong>–</strong> „sex, race, class“ <strong>–</strong> ausgingen202 <strong>und</strong><br />
sukzessive weitere Achsen der Ungleichheit oder Interdependenzen einbezogen haben.<br />
Politisch <strong>und</strong> in den Empfehlungen zur Bekämpfung von Gleichstellung fordert die EU<br />
allerdings zunehmend einen „horizontalen Ansatz“ 203 , der Mehrdimensionalität umfassend<br />
adressiert. Mittlerweile erhebt sie auch Daten zu diesem Problem204 , wobei diese nach<br />
eigener Aussage aufgr<strong>und</strong> der geringen Fallzahlen keine präzisen Aussagen möglich<br />
machen.<br />
Von besonderem Interesse ist dazu auch der Bericht des European Network of Legal Experts<br />
in the field of Gender Equality. Burri <strong>und</strong> Schiek sind dabei für die Kommission 205 der Frage<br />
nachgegangen, inwiefern die EU-Mitgliedstaaten <strong>und</strong> nationalstaatliche Regelungen die<br />
Benachteiligung von Frauen wegen weiterer Kategorisierungen als die geschlechtsspezifische<br />
berücksichtigen, ob sich Gerichtsentscheidungen identifizieren lassen, in denen<br />
mehrdimensionale <strong>Diskriminierung</strong> von Frauen adressiert wird <strong>und</strong> welche Empfehlungen<br />
sich für Forschungs- <strong>und</strong> politische Maßnahmen ergeben. Die Studie kommt zu dem Ergeb-<br />
197 Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Anwendung des Gr<strong>und</strong>satzes der Gleichbehandlung ungeachtet<br />
der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung vom<br />
02.07.2008, KOM (2008) 426. Die RiLi soll für die Gleichbehandlung außerhalb des Arbeitsmarktes, also für<br />
Güter <strong>und</strong> Dienstleistungen gelten.<br />
198 Vom 02.07.2008, KOM (2008) 420.<br />
199 KOM (2008) 420, 8.<br />
200 KOM (2008) 420, 9.<br />
201 So auch Althoff (2006), 150 f.<br />
202 Dazu 2.1.<br />
203 Befürwortend Althoff (2006), 151.<br />
204 Zum Beispiel mittels einer Eurobarometer-Umfrage zu <strong>Diskriminierung</strong>, siehe Europäische Kommission (2008).<br />
205 Burri/Schiek (2009).<br />
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