Mehrdimensionale Diskriminierung – Begriffe, Theorien und ...
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§ 3 Abs. 1 SG 156 . Sie alle normieren Benachteiligungsverbote aufgr<strong>und</strong> verschiedener „Merk-<br />
male“ oder „Gründe“, die allerdings durch ein „oder“ verb<strong>und</strong>en werden <strong>und</strong> insofern<br />
nebeneinander stehen.<br />
Allerdings findet sich z. B. im Betriebsverfassungsrecht eine offene Liste der Kategorisierungen.<br />
§ 75 BetrVG lautet:<br />
„Arbeitgeber <strong>und</strong> Betriebsrat haben darüber zu wachen, dass alle im Betrieb tätigen Personen<br />
nach den Gr<strong>und</strong>sätzen von Recht <strong>und</strong> Billigkeit behandelt werden, insbesondere, dass jede<br />
Benachteiligung von Personen aus Gründen ihrer Rasse oder wegen ihrer ethnischen Herkunft,<br />
ihrer Abstammung oder sonstigen Herkunft, ihrer Nationalität, ihrer Religion oder Weltanschauung,<br />
ihrer Behinderung, ihres Alters, ihrer politischen oder gewerkschaftlichen Betätigung<br />
oder Einstellung oder wegen ihres Geschlechts oder ihrer sexuellen Identität unterbleibt.“<br />
Diese Aufzählung der Differenzierungsverbote ist umfangreicher als die des GG oder des<br />
AGG. Genannt werden hier auch Abstammung, Nationalität <strong>und</strong> politische oder gewerkschaftliche<br />
Betätigung oder Einstellung. Insbesondere geht die Norm bezüglich der Herkunft<br />
weiter als das AGG: Mit dem Begriff der „sonstigen Herkunft” wird in Abgrenzung zur<br />
„ethnischen Herkunft“ insbesondere auch eine Benachteiligung wegen der örtlich regionalen<br />
oder sozialen Herkunft verboten. 157 Das ist praktisch bereits wichtig geworden: Auf<br />
die Klage einer Bewerberin, die mit dem Vermerk „Ossi“ vom Arbeitgeber abgelehnt wurde,<br />
sah das Gericht den Anwendungsbereich des AGG als nicht eröffnet an. 158 § 75 BetrVG sei<br />
demgegenüber anwendbar, begründet aber keine individualrechtlichen Schadensersatzoder<br />
Entschädigungsansprüche bzw. Beseitigungs- oder Unterlassungsansprüche. 159<br />
Zudem ist die Aufzählung im BetrVG ausdrücklich nicht abschließend („insbesondere“) 160 .<br />
Im Übrigen fehlt all diesen Gesetzen jedoch eine Regelung wie § 4 AGG, die auf eine mehrdimensionale<br />
Benachteiligung eingehen würde. Auch in der Kommentarliteratur finden<br />
sich, soweit ersichtlich, hierzu keine Hinweise. Mehrdimensionalität ist dann nur noch<br />
punktuell Thema.<br />
3.2.1 Soldatinnen- <strong>und</strong> Soldatengleichbehandlungsgesetz<br />
Das Gesetz über die Gleichbehandlung der Soldatinnen <strong>und</strong> Soldaten (SoldGG) 161 hat zum<br />
Ziel, „Benachteiligungen aus Gründen der Rasse, der ethnischen Herkunft, der Religion,<br />
der Weltanschauung oder der sexuellen Identität für den Dienst als Soldatin oder Soldat zu<br />
verhindern oder zu beseitigen“ (§ 1 Abs. 1). Das Gesetz verweist in § 1 Abs. 2 SoldGG auf den<br />
Schutz vor Benachteiligungen aufgr<strong>und</strong> des Geschlechts in Form von (sexueller) Belästigung162<br />
<strong>und</strong> auf den Schutz schwerbehinderter Soldatinnen <strong>und</strong> Soldaten. Daneben regelt<br />
§ 4 SoldGG <strong>–</strong> ganz wie § 4 AGG <strong>–</strong> die Rechtfertigung bei „unterschiedlicher Behandlung<br />
156 Soldatengesetz vom 19.03.1956 in der Fassung der Bekanntmachung v. 30.05.2005, BGBl I, S. 1.482, zuletzt<br />
geändert durch Gesetz vom 05.02.2009, BGBl I, S. 160.<br />
157 BT-Drs. 16/1780, 56; ErfK-Kania, § 75 BetrVG Rn. 6.<br />
158 ArbG Stuttgart 17 Ca 8907/09, Urteil vom 15.04.2010.<br />
159 MüHaArbR-Oetker, § 13 Rn. 4.<br />
160 BeckOK-Werner, § 75 BetrVG Rn. 18.<br />
161 Art. 2 des „Gesetzes zur Umsetzung europäischer Richtlinien zur Verwirklichung des Gr<strong>und</strong>satzes der<br />
Gleichbehandlung“ vom 14. August 2006, BGBl I S. 1.897, zuletzt geändert durch Gesetz v. 31.07.2008,<br />
BGBl I S. 1.629.<br />
162 Andere Formen geschlechtsspezifischer <strong>Diskriminierung</strong> werden im SGleiG geregelt, vgl. BT-Drs. 16/1780, 27.<br />
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