22.12.2012 Aufrufe

SCHRIFTENREIHE SCHIFFBAU Festschrift anlässlich des 100 ...

SCHRIFTENREIHE SCHIFFBAU Festschrift anlässlich des 100 ...

SCHRIFTENREIHE SCHIFFBAU Festschrift anlässlich des 100 ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Stabilität, Schwimmfähigkeit und Wahrscheinlichkeit<br />

Dipl.-Ing. Hartmut Hormann<br />

ehemals Germanischer Lloyd<br />

Einem hervorragenden Hochschullehrer posthum seine Referenz zu erweisen, ist eine Ehre<br />

und eine Freude. Allerdings bin ich dankbar, daß ich nicht das ganze Wirken Professor<br />

Wendels würdigen soll; die Vielfältigkeit seiner wissenschaftlichen und lehrenden Aktivitäten<br />

machte eine solche Aufgabe sehr schwierig. Ich will mich auf einen zentralen Aspekt <strong>des</strong><br />

Schiffsentwurfs und <strong>des</strong> Schiffsbetriebs beschränken: die Qualität <strong>des</strong> Schiffes, im intakten<br />

und im lecken Zustand schwimmfähig zu bleiben.<br />

Beide Themen sind in sich umfassend und werden heute noch von anderen Referenten<br />

angesprochen. Ich möchte nur einiges Grundsätzliches sagen und mich im übrigen auf die<br />

Perspektive <strong>des</strong> Regelsetzenden beschränken; diese Sicht entspricht meiner beruflichen<br />

Tätigkeit und Erfahrung.<br />

Der Beginn meines Studiums lag in der Zeit, wo sich hinsichtlich der Intaktstabilität der<br />

Schwerpunkt langsam verschob: von der Frage, wie berechne ich die Stabilität, hin zur<br />

Frage, wie beurteile ich das Ergebnis dieser Berechnung, also: was ist ausreichende<br />

Stabilität? Man musste ja große Mühe auf die korrekte Ermittlung der Pantokarenen<br />

verwenden, – im übrigen hatte man aus den 30er Jahren das Rahola-Kriterium, ein<br />

empirisch entwickeltes Glattwasser-Kriterium, das allerdings in seiner Einfachheit<br />

Erstaunliches leistete. Man bedenke: ein Glattwasserhebelarm von 20cm bei 30°, und der<br />

deckte dieses komplexe System Schiff in unregelmäßigem Seegang pauschal ab!<br />

Natürlich war dieser Zustand nicht befriedigend, man wollte zumin<strong>des</strong>t wissen, warum das so<br />

war. Man hatte alle möglichen krängenden Momente und das mit dem Seegang variable<br />

aufrichtende Moment; vieles konnte man, wenn auch meist nur überschlägig, berechnen. So<br />

lag der Gedanke eigentlich nahe: Stabilitätsbilanz. Professor Wendel hat mit seinem Stab<br />

viel gedanklich entwickelt, gerechnet, im Modellversuch dargestellt und hat auf den<br />

verschiedenen Ebenen der Praxis die Ergebnisse angeboten – ein nicht einfaches<br />

Unterfangen, besonders <strong>des</strong>halb, weil sich die Ergebnisse dieser Bilanzen als durchaus<br />

beunruhigend herausstellen konnten. Es wurden nämlich in einer solchen Bilanz die<br />

jeweiligen Summen der krängenden Momente nicht nur den aufrichtenden in Glattwasser<br />

gegenübergestellt, sondern auch denen auf Wellenberg und im Wellental. Eine quasistatische<br />

Betrachtung auf Wellenberg führte dabei oft zu theoretischem Kentern. Wie man<br />

aus Erfahrung mit den untersuchten Schiffen wusste, trat Kentern aber beileibe nicht häufig<br />

auf. Natürlich war die Erklärung richtig, daß der Vorgang eben nicht statisch ist sondern, daß<br />

sich die Situation Schiff auf Wellenberg vergleichsweise schnell ändert, so daß mit der<br />

Trägheit <strong>des</strong> Systems die theoretisch kritische Phase sich nicht auswirken kann. – Daraus<br />

wurde aber nebenbei klar: langes Verweilen <strong>des</strong> Schiffes auf Wellenberg war gefährlich,<br />

wenn der Beladungszustand an die Grenze <strong>des</strong> traditionellen Stabilitätskriteriums ging, d.h.<br />

Schiff in nachlaufender See mit Wellenlänge etwa gleich der Schiffslänge muß vermieden<br />

werden. Uns kommt diese Aussage heute fast banal vor, damals war sie es jedoch nicht –<br />

wir sprechen von der Zeit Ende der 50er, Anfang der 60er Jahre!<br />

9

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!