22.12.2012 Aufrufe

SCHRIFTENREIHE SCHIFFBAU Festschrift anlässlich des 100 ...

SCHRIFTENREIHE SCHIFFBAU Festschrift anlässlich des 100 ...

SCHRIFTENREIHE SCHIFFBAU Festschrift anlässlich des 100 ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Wendel und Computer<br />

von Heinrich Söding<br />

Zur Halbzeit <strong>des</strong> heutigen Jubiläums, vor 50 Jahren, wurde ich Hilfsassistent am Lehrstuhl von<br />

Professor Wendel in Hannover. Das war für mich ein Glücksfall, denn ich konnte nicht nur das in dieser<br />

Tätigkeit verdiente Geld gut gebrauchen; vielmehr erlaubte mir diese Position, Professor Wendel<br />

gelegentlich zu fragen, ob er mich bei seinen wöchentlichen Fahrten zwischen Hamburg und Hannover<br />

mitnehmen könne, was er niemals ablehnte. So brauchte ich für Fahrten zu meinen Eltern weder die<br />

teure Eisenbahn zu benutzen, noch musste ich die Fahrt als Beifahrer auf der Vespa meines Freun<strong>des</strong><br />

Hubertus Zunker machen. Allerdings waren die Fahrten mit Prof. Wendel, der schnelles Fahren<br />

schätzte, nicht immer ganz ungefährlich. Ich zitiere hierzu aus einem Gedicht, das Bruno Arndt, ein<br />

Mitarbeiter WendeIs am hamburger Lehrstuhl und später in der Schiftko, zu WendeIs 80. Geburtstag<br />

gemacht hat:<br />

Der Mensch erklomm die nächste Stufe,<br />

als er folgte einem Rufe<br />

auf den Lehrstuhl nach Hannover.<br />

Dort schlief er nächtens auf dem Sofa<br />

und fuhr nach Hamburg hin und her<br />

mit einem Auto im Verkehr,<br />

was anfangs schlimme Folgen hatte<br />

fürs Kleingetier von Hund bis Ratte.<br />

Wichtig für den hannoverschen Lehrstuhl von Professor Wendel ebenso wie für meine eigene beru<br />

iche Laufbahn wurde WendeIs Assistent, Herr Knüpffer. Erarbeitete an einer Dissertation, deren<br />

Ziel es war, Leckrechnungen statt durch langwierige und fehleranfällige Berechnungen mit Nomogrammen<br />

durchzuführen. Abb. 1 zeigt einen Typ dieser von Knüpffer entwickelten Nomogramme.<br />

Abhängig von diversen dimensionslosen Parametern, konnte man mit einem solchen Nomogramm<br />

durch Ziehen einiger Linien (Pfeile) die dimensionslose Tiefertauchung und Vertrimmung bestimmen,<br />

die ein Schiff erfuhr, wenn eine Abteilung voll Wasser lief. Die dimensionslosen Parameter waren z.B.<br />

verschiede Völligkeitsgrade <strong>des</strong> ganzen Schiffes und von Schiffsteilen, die Lage und Länge der ge uteten<br />

Abteilung, die Doppelbodenhöhe (falls der Doppelboden intakt blieb) etc. Für die Aufstellung<br />

eines solchen Nomogramms mussten einige tausend Leckfälle durchgerechnet werden. Knüpffer benutzte<br />

dazu den programmgesteuerten Rechenautomaten (der Ausdruck Computer war noch nicht<br />

üblich) der Technischen Hochschule Hannover, für den er die meines Wissens weltweit ersten Leckstabilitätsprogramme<br />

machte. Später zeigte sich, dass die Nomogramme wenig genutzt wurden, dass<br />

aber das Hilfsmittel zu ihrer Aufstellung, Knüpffers Rechenprogramme, für die Werftindustrie enorm<br />

wichtig wurden. Die Programme berechneten nicht nur die Tiefertauchung und Vertrimmung, sondern<br />

auch die Krängung, die im Fall unsymmetrischer Flutung einer Schiffsabteilung auftrat. Leckräume<br />

wurden dazu aus Teilräumen zusammengesetzt (Abb. 2). Für jeden Teilraum wurden diverse Fälle<br />

unterschieden (Abb. 3). Neben dem genauen Programm L II, das Schnitte der Wasserlinie mit der<br />

oberen und unteren Begrenzung <strong>des</strong> Leckraums beachtete, gab es ein ungenaueres, dafür aber schnelleres<br />

Programm LI, das diese Schnitte vernachlässigte. Abb. 4 zeigt, in welcher Form der Rechner die<br />

Ergebnisse ausgab, und Abb. 5 zeigt die auf Papier ausgedruckten und durch manuelle Eintragungen<br />

ergänzten Ergebnisse. Wie man sieht rechnete man auf der IBM 650 mit ganzen Zahlen; auch das<br />

Komma wurde in die Ergebnisse von Hand eingetragen.<br />

Ich selbst war zu der Zeit noch Student. Die Schiffbau-Studenten mussten damals einen Linienriss<br />

zeichnen und für die entworfene Form ein Formkurvenblatt und die Pantokarenen berechnen. Ich<br />

hatte mir gedacht, ich könnte die öde Rechnerei vielleicht vermeiden, indem ich das 'Elektronengehirn'<br />

der Technischen Hochschule Hannover benutzte, und hatte <strong>des</strong>halb einen Kurs 'Einführung in die<br />

19

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!