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SCHRIFTENREIHE SCHIFFBAU Festschrift anlässlich des 100 ...

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lieren, um die Lecksicherheitsexperten vom Wert der Wahrscheinlichkeitsbetrachtung zu überzeugen.<br />

Herr Knüpffer besprach das mit mir und vertrat die Meinung: Den Zufall kann man auf einem Rechner<br />

nicht simulieren, denn der Rechner macht nichts Zufälliges, sondern genau das, was ich ihm sage. Ich<br />

schlug vor: Man kann eine große krumme Zahl immer wieder mit 7 malnehmen, und wenn sie zu groß<br />

wird, um sie in einer Speicherzelle unterzubringen, lässt man die vorderste Ziffer weg. Dann ist die entstehende<br />

Zahlenfolge zwar nicht zufällig, aber sie wirkt auf Menschen, die die Rechenvorschrift nicht<br />

kennen, wie zufällig. Dies war das Konzept der Pseudo-Zufallszahlen. Vermutlich gab es das Konzept<br />

bereits, aber wir hatten noch nichts davon gehört. Viele andere offenbar auch nicht, denn Prohaska<br />

(1959) schreibt über den dänischen Dask-Rechner: "Eine Einheit mit 'Willkür-Zahlen' zum Anschluß<br />

an den Dask für Wahrscheinlichkeitsberechnungen ist in dem Laboratorium für Telefonie und Telegrafie<br />

in Kopenhagen entstanden." - WendeIs Idee der, wie wir heute sagen, Monte-Carlo-Simulation von<br />

Kollisionsschäden wurde damals nicht verwirklicht, aber wir werden heute Nachmittag etwas darüber<br />

hören.<br />

In Deutschland waren die von WendeIs Mitarbeitern durchgeführten schiffstechnischen Berechnungen<br />

in den 60er Jahren <strong>des</strong> vorigen Jahrhunderts konkurrenzlos. In vielen anderen Ländern, insbesondere<br />

im Ostblock, standen Rechner erst viel später zur Verfügung. Alternativen wurden propagiert; ich<br />

nenne hier nur die in Wien von Völcker (1961) entwickelte 'Bratspießmethode', bei der Stabilitäts- und<br />

Leckrechnungen durch Modellversuche ersetzt wurden (Abb. 8). Eine ernsthafte Konkurrenz in Europa<br />

war nur das 'Schlüsselungsbüro für Schiffbauingenieure' , das von dem dänischen Schiffbau-Professor<br />

C.W. Prohaska geleitet wurde. (Heute ist Prohaska vor allem bekannt als Mitautor der 'Hughes-<br />

Prohaska-Methode' zur Auswertung von Widerstands-Modellversuchen.) An der Technischen Hochschule<br />

Kopenhagen in Lyngby, wo Prohaska lehrte, waren seit 1955 etwa <strong>100</strong> 'schlüsselungskundige<br />

Ingenieure' ausgebildet worden. Zwar fehlte ihnen, wie Prohaska (1959) schreibt, zunächst die notwendige<br />

Praxis, denn der erste, nach schwedischen Plänen gebaute Rechner 'Dask' ging erst 1956 in<br />

Betrieb. Aber durch diese frühe Vorbereitung konnte der teure Rechner seinen Betrieb sehr schnell<br />

aufnehmen, und das erste Büro für seine kommerzielle Nutzung hatten die dänischen Schiffbauer schon<br />

1956 gebildet. Sie waren uns damit zeitlich voraus. Auch deutsche Werften nutzten den dänischen Service.<br />

Aus der Sicht der Nutzer war der Hauptunterschied zwischen beiden Systemen: Für die Dänen<br />

mussten die Auftraggeber die Schiffsform durch tabellarische Aufrnasse beschreiben, die dann nur<br />

noch gelocht und nach allerlei Prüfungen für die eigentlichen Berechnungen benutzt wurden. Dagegen<br />

reichten bei Prof. Wend eIs Service die Werften Zeichnungen, insbesondere Linienriss und Generalplan,<br />

ein. Das Aufmaße-Nehmen gehörte zum Rechenservice dazu. Das war sinnvoll, denn die größere freiheit,<br />

die Knüpffer für die Position der Aufrnasse auf der Schiffsober äche und für die Definition von<br />

Teilräumen vorgesehen hatte, erlaubte es, gleiche Genauigkeit mit viel weniger Daten zu erreichen.<br />

Andererseits erforderte die Nutzung dieses freieren Aufmaß-Systems mehr Kenntnisse und Rücksicht<br />

auf die Art, in der die Aufmaße vom Programm verarbeitet wurden. Abb. 9 zeigt das dänische, Abb. 10<br />

das deutsche System der Anordnung von Aufrnaßpunkten auf der Außenhaut. Bei beiden Büros bekamen<br />

die Auftraggeber die Ergebnisse nach etwa einer Woche geliefert; nachträgliche Ergänzungen<br />

gingen meist erheblich schneller, insbesondere wenn sie telefonisch übermittelt wurden.<br />

In der zweiten Hälfte der 60er Jahre wurden die Rechner allmählich billiger. Neue Hersteller traten<br />

auf, in Deutschland vor allem Siemens, und versuchten, Rechner an Werften zu verkaufen. Die deutsche<br />

Schiffbau-Industrie hatte damals einen viel größeren Anteil an der gesamten Wirtschaftsleistung als<br />

heute. Um Rechner an Werften verkaufen zu können, musste Siemens für Werften interessante Software<br />

mitliefern. Also trat Siemens an Prof. Wendel heran mit dem Vorschlag, dass sein Lehrstuhl schiffstechnische<br />

Programme für den Siemens-Rechner entwickeln solle. Die Verhandlungen darüber zogen<br />

sich hin. Ich vermute, der Grund dafür war, dass Prof. Wendel fürchtete, damit das Kerngeschäft seiner<br />

Schiffko zu beschädigen. Schließlich sah er aber wohl ein, dass eine Ablehnung <strong>des</strong> Siemens-Vorschlags<br />

die Entwicklung nicht lange aufgehalten hätte, und schloss den Vertrag mit Siemens ab. Die Programme<br />

wurden dann vor allem von dem hannoverschen Lehrstuhl-Mitarbeiter Neithard Heinecke<br />

erstellt und pünktlich abgeliefert. Aber es scheint, dass viele Werften zwar Siemens-Rechner kauften,<br />

diese aber fast nur für nicht-technische Aufgaben benutzten. Jedenfalls fanden die schiffstechnischen<br />

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