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HANSA 04-2018

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»Maersk Honam« – Versicherer<br />

fordern Konsequenzen<br />

Der Brand gilt schon jetzt als größte »Havarie-grosse« in der<br />

Containerschifffahrt. IUMI fordert mehr Anstrengungen,<br />

schreibt Michael Hollmann<br />

Noch sind die Bergungsarbeiten in vollem<br />

Gange. Doch schon jetzt zeichnet<br />

sich ab, dass der Brand an Bord des<br />

Großcontainerschiffs »Maersk Honam«<br />

zu einem Wendepunkt für die Schiffssicherheitsstandards<br />

werden könnte.<br />

Fünf Menschenleben hatte die Havarie<br />

des 15.300-TEU-Schiffs im Indischen<br />

Ozean gefordert (siehe auch S. 18/19) –<br />

mehr als bei anderen Großbränden auf<br />

Containerschiffen in den vergangenen<br />

Jahren. Im Fall der »MSC Flaminia« im<br />

Jahr 2012 waren drei Todesopfer zu beklagen.<br />

Zudem handelt es sich um das bislang<br />

größte Containerschiff, das durch einen<br />

schweren Brand verwüstet wurde und für<br />

das einen Havarie-grosse erklärt wurde.<br />

Experten schätzen, dass mindestens<br />

ein Drittel aller geladenen Boxen (zusammen<br />

gut 12.400 TEU) zerstört sein könnten.<br />

Von den Schäden an dem nagelneuen<br />

Schiff mit Baujahr 2017 ganz abgesehen.<br />

Die Versicherungstaxe der »Maersk<br />

Honam« (Seekasko) beträgt dem Unternehmen<br />

zufolge rund 102 Mio. $. Versicherer<br />

ist nach Maklerangaben die konzerneigene<br />

Maersk Insurance, die das<br />

Risiko aber nahezu vollständig an Rückversicherer<br />

ausplatziert hat.<br />

Die Ursache des Brands ist noch völlig<br />

unbekannt. Nach ähnlich gelagerten<br />

Fällen in der Vergangenheit liegt aber die<br />

Vermutung nahe, dass sich Ware – womöglich<br />

Gefahrgut – in einem der unter<br />

Deck gestauten Container entzündet<br />

hat. Maersk hat als Vorsichtsmaßahme<br />

zunächst verfügt, dass vorerst keine Gefahrgutcontainer<br />

mehr in der Nähe des<br />

Maschinenraums oder der Unterkünfte<br />

gestaut werden dürfen. Zusammen<br />

Abstract: »Maersk Honam« blaze, a turning point for container ship safety<br />

Marine insurers are calling for a major review of fire safety standards in container<br />

shipping following the latest disaster involving the 15,300 TEU »Maersk Honam«. The<br />

incident renders the 2014 Solas revision for fire safety of container ships inefficient,<br />

according to IUMI secretary general Lars Lange. Meanwhile, insurers, surveyors and<br />

claims handlers worldwide brace themselves for a lengthy geneal average procedure<br />

redaktion@hansa-online.de<br />

mit der zuständigen Klassifikationsgesellschaft<br />

American Bureau of Shipping<br />

(ABS) sei eine »Rundum-Überprüfung«<br />

der Gefahrgut-Abfertigung eingeleitet<br />

worden. »Wir werden alles für eine Verbesserung<br />

der Brandsicherheit in unserer<br />

Industrie tun«, teilte Maersk gegenüber<br />

der <strong>HANSA</strong> mit.<br />

Mit einer Überarbeitung der Prozesse<br />

geben sich die Transportversicherer, die<br />

viele Millionen Dollar Schadenersatz für<br />

Ladung und Schiff werden leisten müssen,<br />

aber nicht zufrieden. Ihr weltweiter<br />

Interessenverband, die International<br />

Union of Marine Insurance (IUMI), fordert<br />

mit Nachdruck eine Aufrüstung der<br />

Brandschutzsysteme an Bord von Containerschiffen.<br />

Nach dem jüngsten Vorfall<br />

könne niemand mehr abstreiten, dass<br />

es Handlungsbedarf gebe, so der Generalsekretär<br />

der IUMI, Lars Lange.<br />

Die einschlägigen Systeme, mit denen<br />

Containerschiffe ausgerüstet werden,<br />

hätten auch im Fall der »Maersk<br />

Honam« offenbar versagt. So seien die<br />

Kohlendioxid-Löschvorrichtungen unter<br />

Deck nicht wirklich effektiv, weil<br />

man damit nicht an die brennende Ware<br />

in den verschlossenen Containern herankomme.<br />

Ab einer gewissen Hitze in<br />

den Laderäumen kapitulierten die Systeme<br />

ohnehin.<br />

Erst 2014 hatte es einen regulatorischen<br />

Vorstoß in Sachen Brandschutz bei der<br />

IMO gegeben, so Lange. Damals wurde<br />

als neue Vorschrift in das SOLAS-Übereinkommen<br />

aufgenommen, dass Containerschiffe<br />

mit einer Mindestanzahl an<br />

leistungsfähigen mobilen Löschkanonen<br />

ausgerüstet werden müssen. Die Vorschrift,<br />

die für Neubauten ab dem Baujahr<br />

2016 gilt, wurde von den Seeversicherern<br />

als völlig unzureichend kritisiert.<br />

Darin sehe sich die IUMI durch den<br />

Brand an Bord der noch jungen »Maersk<br />

Honam« bestätigt, unterstreicht Lange.<br />

Die Versicherer fordern aufwendigere<br />

bauliche Maßnahmen wie Sprinkleranlagen<br />

und feuertechnische Trenneinrichtungen<br />

in den Laderäumen der Containerschiffe.<br />

»Entscheidend ist, dass die<br />

Flaggenstaaten bei der IMO bei dem<br />

Thema aktiv werden, sobald der Untersuchungsbericht<br />

vorliegt.«<br />

Unterdessen machen sich Transportversicherer,<br />

Sachverständige und Schadensexperten<br />

auf Verladerseite auf eine<br />

langwierige Schadensabwicklung gefasst.<br />

Wie in solchen Fällen üblich hat Maersk<br />

»Havarie-grosse« erklärt. Mit der Durchführung<br />

ist der britische Dispacheur<br />

Richards Hogg Lindley beauftragt worden.<br />

Die Firma aus Liverpool gehört zum<br />

Versicherungsdienstleister Charles Taylor,<br />

der auch den Standard P&I Club managt,<br />

bei dem die »Maersk Honam« haftpflichtversichert<br />

ist.<br />

Wegen der sehr hohen Anzahl von Ladungseignern,<br />

die in diesem Fall betroffen<br />

sind, gilt das Verfahren als komplex.<br />

Ein Dienstleister, der Ladungsinteressen<br />

für zahlreiche Container auf der »Maersk<br />

Honam« gegenüber dem Dispacheur und<br />

der Bergungsreederei vertritt, hob gegenüber<br />

der <strong>HANSA</strong> die relativ gute Kommunikation<br />

seitens der Maersk Line hervor.<br />

In vielen Fällen hätten Kunden die<br />

konkrete Stauposition ihrer Ladung im<br />

Schiff erfahren. Daher sei schon vor Ankunft<br />

des Havaristen im Nothafen einzuschätzen,<br />

ob die Ware verloren oder unbeschadet<br />

sei.<br />

Die meisten Kunden stammen aus Südeuropa<br />

und dem westlichen Mittelmeerraum,<br />

wo das Schiff Ende März ankommen<br />

sollte. Sollte die Lage an Bord stabil<br />

bleiben, könnte die Kostenquote für die<br />

Havarie-grosse auf unter 50% – vielleicht<br />

sogar auf unter 30% – der geretteten<br />

Werte begrenzt werden.<br />

M<br />

<strong>HANSA</strong> International Maritime Journal – 155. Jahrgang – <strong>2018</strong> – Nr. 4 17

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