HANSA 04-2018
Aktien & Börsen | Marktkompass Offshore | Wasserbau & Planungsrecht | Datenbrillen im Schiffbau | COMPIT 2018 | Fährschifffahrt | Arktische Schifffahrt | Hafnia
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Schifffahrt | Shipping<br />
Maritime Dienste feiern 150. Jubiläum<br />
1868 wurde die Norddeutsche Seewarte in Hamburg gegründet –<br />
ein Meilenstein für die maritimen Dienste und die Meeresforschung in Deutschland.<br />
Zum Jubiläum gab es einen Senatsempfang – und eine Überraschung aus der Ferne<br />
Als ein »Start-Up, um schneller und<br />
sicherer durch die Weltmeere zu<br />
kommen« bezeichnete Hamburgs Bürgermeister<br />
Olaf Scholz die nach hanseatischem<br />
Prinzip privat finanzierte<br />
Gründung der Norddeutschen Seewarte<br />
1868 in Hamburg durch Wilhelm von<br />
Freeden. Das Datum gilt als Meilenstein<br />
für die wissenschaftlich-maritime Arbeit<br />
in Deutschland. Aus der Organisation<br />
ging zunächst die Deutsche Seewarte,<br />
später das Bundesamt für Seeschifffahrt<br />
und Hydrographie (BSH) und der Deutsche<br />
Wetterdienst (DWD) hervor. Wilhelm<br />
von Freeden war ab 1870 übrigens<br />
verantwortlicher Redakteur der<br />
<strong>HANSA</strong> und ab 1877 ihr Mitherausgeber.<br />
Anlässlich des 150. Jubiläums der<br />
Gründung der Norddeutschen Seewarte<br />
gratulierte Scholz bei einem<br />
Senatsempfang am 6. März den<br />
Leitern der heutigen Nachfolgeinstitutionen.<br />
Vor rund 100 Gästen<br />
im Kaisersaal des Hamburger Rathauses<br />
sagte er: »Sowohl die Norddeutsche<br />
Seewarte als auch die Deutsche<br />
Seewarte hatten mit ihren nautischen,<br />
ozeanographischen und meteorologischen<br />
Aufgaben und Forschungszwecken<br />
herausragende Bedeutung für die<br />
deutsche Seeschifffahrt«. Auch grundlegende<br />
Theorien wie die Einteilung der<br />
Erde in Klimazonen und die Kontinentaldrift<br />
basierten auf Arbeiten der Deutschen<br />
Seewarte.<br />
Der 1952 gegründete Deutsche Wetterdienst<br />
sei die zentrale und unverzichtbare<br />
Kompetenz für Wetter und Klima in<br />
Deutschland. Auch das Bundesamt für<br />
Seeschifffahrt und Hydrographie sei<br />
eine zentrale Instanz des Schifffahrtstandortes<br />
und der »Windenergiehauptstadt«<br />
Hamburg, so Scholz. Enak Ferlemann,<br />
Palamentarischer Staatssekretär<br />
aus dem Bundesverkehrsministerium,<br />
erklärte: »Vor 150 Jahren hat es damit<br />
eine »Weichenstellung für das maritime<br />
Deutschland gegeben.«<br />
BSH Präsidentin Monika Breuch-Moritz<br />
betonte die grundlegenden Arbeiten<br />
der frühen maritimen Dienste. »Auch<br />
wenn heute Informationen und Seekarten<br />
meist digital genutzt werden, die Daten<br />
waren früher wie heute das grundlegende<br />
Werkzeug auf See«, erklärte sie.<br />
»Der Deutsche Wetterdienst und das<br />
BSH arbeiten trotz über 70 Jahren Trennung<br />
weiter im Sinne der Norddeutschen<br />
Seewarte«, stimmte sie mit DWD-Präsident<br />
Gerhard Adrian überein.<br />
Im Auftrag der Deutschen Seewarte wurde<br />
die bisher älteste Flaschenpost verschickt<br />
Foto: Kym Illman<br />
Ein besonderes Geschenk zum Jubiläum<br />
ist der Fund einer über hundertjährigen<br />
Flaschenpost des australischen<br />
Paars Tonya Allen und Kym Illman am<br />
21. Januar <strong>2018</strong> an der Küste Australiens<br />
bei Wedge Island, 180 km nördlich<br />
von Perth. Die Flaschenpost wurde vor<br />
132 Jahren am 12. Juni 1886 im Auftrag<br />
der Deutschen Seewarte aus Hamburg in<br />
den Südindischen Ozean geworfen, um<br />
die Meeresströmungen zu erforschen.<br />
Bislang lag der Weltrekord für die älteste<br />
Botschaft in einer Flasche zwischen<br />
Abwurf und Entdeckung bei 108 Jahren,<br />
vier Monaten und 18 Tagen.<br />
Die Nachricht stammt vom 12. Juni<br />
1886. Ein deutscher Wissenschaftler,<br />
950 km entfernt von der Küste mit ozeanographischen<br />
Experimenten beschäftigt,<br />
hat die Flaschenpost von Deck der<br />
deutschen Segelbark »Paula« ins Meer<br />
geworfen, um die Meeresströmungen im<br />
südindischen Ozean zu erkunden.<br />
Die Notiz war feucht, fest gerollt und<br />
mit einer Schnur umwickelt. Darauf<br />
ein Datum, die genauen Koordinaten,<br />
der Namen des Schiffes, der Heimathafen<br />
und die Reiseroute (Cardiff in Wales<br />
nach Makassar in Niederländisch-Indien,<br />
heute Indonesien). Auf der Rückseite<br />
wurde der Finder gebeten, zu schreiben,<br />
wann und wo die Flasche gefunden<br />
wurde, und sie entweder an die Deutsche<br />
Marinewarte in Hamburg oder an das<br />
nächstgelegene deutsche Konsulat zurückzugeben.<br />
Offenbar war diese holländische<br />
Gin-Flasche Teil eines offiziellen<br />
Driftflaschen-Experiments der<br />
damaligen Deutschen Seewarte.<br />
Von 1864 bis 1933 wurden tausende<br />
Flaschen von deutschen Schiffen<br />
in die Weltmeere geworfen. Bei<br />
einer Archivsuche wurde das Logbuch<br />
der »Paula« gefunden, in dem es<br />
einen Eintrag des Kapitäns vom 12. Juni<br />
1886 über das Aussetzen einer Driftflasche<br />
gab. Durch einen Vergleich der Notiz<br />
mit den Eintragungen im Logbuch<br />
konnte die Echtheit festgestellt werden.<br />
In Deutschland hatte Georg von Neumayer<br />
1864 die Flaschenpost als wissenschaftliches<br />
Hilfsinstrument zur Untersuchung<br />
von Strömungen eingeführt. Als<br />
Direktor der Deutschen Seewarte entwickelte<br />
er 1872 Standardformulare zur Erfassung<br />
der Daten. Ab 1887 waren deutsche<br />
Schiffe verpflichtet, Flaschenposten<br />
auszuwerfen.<br />
Auch wenn die Wissenschaft keine<br />
Glasflaschen mehr verwendet, ist das<br />
Prinzip der Erforschung der Strömung<br />
bis heute gleich geblieben. Autonom arbeitende<br />
Argofloats treiben durch die<br />
Ozeane und senden über Satellit die relevanten<br />
ozeanographischen Messreihen<br />
an Datenzentren zur Auswertung. Oberflächendrifter<br />
messen neben der Wassertemperatur<br />
und dem Salzgehalt meteorologische<br />
Parameter wie Luftdruck und<br />
-temperatur.RD<br />
46 <strong>HANSA</strong> International Maritime Journal – 155. Jahrgang – <strong>2018</strong> – Nr. 4