HANSA 04-2018
Aktien & Börsen | Marktkompass Offshore | Wasserbau & Planungsrecht | Datenbrillen im Schiffbau | COMPIT 2018 | Fährschifffahrt | Arktische Schifffahrt | Hafnia
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Schifffahrt | Shipping<br />
Politik, Wetter & Co.:<br />
Neue Optionen in<br />
der arktischen See?<br />
China, Russland, USA – viele Staaten zeigen<br />
wachsendes Interesse an der Nordost passage.<br />
Trotz weniger Volumen wird sie für die<br />
Schifffahrt stetig wichtiger. Doch die Branche<br />
ist auf Unterstützung angewiesen, auch von<br />
Wetterexperten. Von Michael Meyer<br />
Eine der Folgen der immer wieder proklamierten<br />
– und mittlerweile nur<br />
noch von den Allerwenigsten angezweifelten<br />
– globalen Erwärmung ist, dass<br />
sich der Schifffahrt in polaren Regionen<br />
prinzipiell immer mehr Möglichkeiten<br />
bieten. Transporte sind häufiger ohne<br />
Unterstützung durch spezielle Eisbrecher<br />
möglich (siehe z.B. S. 26/27). Das Potential<br />
ist groß, auch wenn das Transportvolumen<br />
entlang der nordrussischen Küste<br />
aufgrund der Witterungsbedingungen<br />
nach dem Höchstwert in 2013 wieder<br />
abnahm. Die Ressourcen in der Region<br />
und deren Ausbeutung gelten ohnehin<br />
als größerer Treiber für die Entwicklung<br />
der Passage.<br />
Sergey Kukushkin, Chef der Behörde für<br />
die Nordostpassage, machte jüngst öffentlich,<br />
dass im vergangenen Jahr der Umfang<br />
der Transite erneut rückläufig war. Das<br />
Gütervolumen lag bei 194.000 t. 2016 sollen<br />
es 19 Schiffe mit 215.000 t gewesen sein,<br />
nach 71 Schiffen mit 1,36 Mio.t 2013. Im<br />
vergangenen Jahr wurden über den Seeweg<br />
90.500 t Flüssiggüter im Transitverkehr<br />
verschifft, inklusive 75.600 t LNG.<br />
Hinzu kommen 76.100 t »General Cargo«.<br />
Wichtig sei aber auch der Verkehr innerhalb<br />
der Nordostpassage, so Kukushkin.<br />
Dieser legte um 36% auf 9,9 Mio.t zu, vor<br />
allem wegen 6 Mio.t Öl aus dem Novoportovskoye-Feld.<br />
Auch in der Bering-Straße<br />
waren die Transitzahlen laut der US Coast<br />
Guard leicht rückläufig, von 540 Transiten<br />
2015 auf 485. Das ist aber immer noch<br />
ein großer Sprung im Vergleich zu den<br />
220 Passagen 2008.<br />
In der Regel hat die Eisfläche der<br />
Nordostpassage im Februar oder März<br />
ihre größte Ausdehnung, die kleinste<br />
im September. Nach Angaben des japanischen<br />
Dienstleisters Weathernews lag<br />
das Maximum im vergangenen Jahr bei<br />
13,9 Mio km2. Das war der kleinste Wert<br />
seit Beginn der Aufzeichnungen 1979. Im<br />
September waren es 4,47 Mio. km2, der<br />
sechstkleinste Wert für diesen Zeitpunkt.<br />
Weil auch das Abschmelzen schneller verlief,<br />
öffnete sich die Nordostpassage drei<br />
Wochen früher als sonst, am 3. September.<br />
Als Schlüsselstelle für die Möglichkeit<br />
von Schiffstransiten gilt das Eis in der<br />
Vilkitsky-Straße.<br />
In den vergangenen Jahren hatten einige<br />
Reedereien öffentlichkeitswirksam<br />
den Weg gewagt, darunter Stena Bulk,<br />
Hansa Heavy Lift oder Oldendorff Carriers.<br />
Für Containertransporte mit den<br />
charakteristischen, regelmäßigen und<br />
detailliert kalkulierten Fahrplänen ist<br />
die Route zwar (noch) nicht wirklich<br />
eine dauerhafte Alternative. Zu groß<br />
sind die Unsicherheiten in Bezug auf<br />
Wetter, Eisdicke und mögliche Wartezeiten.<br />
In anderen Branchen blickt man<br />
jedoch positiver auf die Entwicklung. Für<br />
Mehrzweck- oder Schwergutverschiffungen,<br />
LNG- und Öltransporte aus den arktischen<br />
Rohstoffvorkommen oder Bulk-<br />
Ladungen birgt die Nordostpassage unter<br />
Umständen einige Vorteile.<br />
Reedereien und Charterer sollten vor<br />
Antritt einer solchen Reise eine ganze<br />
Reihe von Analysen vornehmen. »Trotz<br />
des vergleichsweise niedrigen Ölpreisniveaus<br />
in den vergangenen Jahren sind die<br />
Bunkerkosten ein wichtiger Treiber«, sagt<br />
James Bond, Arktis-Experte bei der Klassifikationsgesellschaft<br />
American Bureau<br />
of Shipping (ABS). Wichtig sei, so Bond,<br />
dass sich Reeder der nach wie vor bestehenden<br />
Herausforderungen für die Schiffe<br />
bewusst sind. Der »Polar Code« biete<br />
gewiss Anhaltspunkte. Dennoch sei eine<br />
detaillierte Prüfung der Schiffe und Bedingungen<br />
wichtig, inklusive Kosten-<br />
Nutzen-Analysen. ABS bietet dafür spezielle<br />
Workshops an, basierend unter<br />
anderem auf dem »Polar Operational Limitation<br />
Assessment Risk Indexing System«<br />
(Polaris) der IMO. Deren Generalsekretär<br />
Kitack Lim hatte jüngst betont,<br />
dass der Polar Code als »lebendes Dokument«<br />
betrachtet werden solle, dass bei<br />
Bedarf angepasst und verbessert werden<br />
sollte.<br />
Dabei variiert das Einsparpotenzial<br />
je nach Berechnung, Route und Einsatz.<br />
Der traditionelle Seeweg von Europa<br />
nach Asien durch den Suezkanal ist rund<br />
11.200 sm lang, der Weg durch die Nordostpassage<br />
dagegen rund ein Drittel kürzer.<br />
Bei Hyundai Merchant Marine heißt<br />
es etwa, die Route von Busan um die<br />
Kamtschatka-Halbinsel im russischen<br />
Osten und durch das Nordpolarmeer<br />
nach Europa könnte die Zeit zwischen<br />
28 <strong>HANSA</strong> International Maritime Journal – 155. Jahrgang – <strong>2018</strong> – Nr. 4