4_2017 Leseprobe
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Biogas Journal | 4_<strong>2017</strong><br />
Verband<br />
um fünf Pilotanlagen in Deutschland aufzubauen.<br />
Es gab Anlagen zum Beispiel in<br />
Papenburg, Finsterwalde und der Uckermark.<br />
Das Gülleprojekt im emsländischen<br />
Surwold wurde als Demonstrationsanlage<br />
1992 errichtet. Durch die Aufbereitung<br />
der Gülle sollten Negativeffekte durch den<br />
Eintrag von Ammoniak in Wälder, Gewässer<br />
und Biotope sowie Bodenversauerung vermieden<br />
werden. Eine Anlage war auch in<br />
Donauried geplant, aber sie scheiterte an<br />
Widerständen. Mit 200 bis 300 Kilowatt<br />
elektrischer Leistung waren sie allesamt für<br />
die damalige Zeit schon recht groß.<br />
In dem Projekt, dessen wissenschaftliche<br />
Begleitung auch bei der Bundesforschungsanstalt<br />
für Landwirtschaft [FAL (Prof. Baader<br />
/ Prof. Weiland)] geleistet wurde, ging<br />
es nicht alleine um Biogas, wenngleich alle<br />
Anlagen Biogas produzierten. Sie testeten<br />
zudem vielfältige Verfahrensschritte: Gülle<br />
wurde aufkonzentriert, es wurden biologische<br />
Reinigungsstufen gebaut, Membranfiltration<br />
und Ultrafiltration eingesetzt, ebenso die<br />
Umkehrosmose. „Die Biogaskomponenten waren am<br />
Ende die einzigen, die funktionierten“, erinnert sich<br />
Döhler. Das hat viel für die Fortschritte beim Biogas in<br />
Deutschland gebracht.<br />
Biogasrechner und Faustzahlen<br />
Nachdem sich die Branche mit dem Stromeinspeisungsgesetz<br />
ab 1991 erheblich zu professionalisieren<br />
begann, setzte das KTBL 1994 mit seiner Schrift zur<br />
Kofermentation abermals Maßstäbe, indem es die ersten<br />
Gasertragsstandards definierte. Heute finden sich<br />
ausführliche Gasertragsdaten im KTBL-Heft Gaserträge<br />
und am bekanntesten ist der KTBL-Biogasrechner,<br />
ein nach wie vor beliebtes Rechenhilfsmittel für Vorplanungen:<br />
Man gibt die Substratdaten ein und kann<br />
sich daraus die Auslegung der Biogasanlage errechnen<br />
lassen. „Ein europaweit einmaliges Instrument“, sagt<br />
Döhler.<br />
Von sich reden machte der Verein erneut ab 2007 mit<br />
der Veröffentlichung des Buches „Faustzahlen Biogas“.<br />
„Das ist bis heute das meistverkaufte Biogasbuch<br />
Europas“, weiß der Branchenkenner. Sie waren die ersten<br />
mit einem Onlinerechner und mittlerweile hat das<br />
in vielen anderen Ländern Schule gemacht. Auch unter<br />
seiner Regie wurde der Bundeswettbewerb Biogasanlagen<br />
ins Leben gerufen, bei dem jeweils die fünf besten<br />
Anlagen in Deutschland ausgezeichnet wurden.<br />
Im Jahr 2013 begann für Döhler ein neuer Lebensabschnitt.<br />
Er kehrte dem KTBL den Rücken und betreibt<br />
heute eine kleine Unternehmensberatung und berät<br />
Landwirte, Banken, Ministerien und die Agrarindustrie.<br />
Er ist viel im Ausland tätig, häufig in Russland.<br />
Stolz berichtet er von seinem Projekt Wipptal in Italien/<br />
Foto: Martina Bräsel<br />
Südtirol, das er konzipierte: „So etwas gibt es nicht<br />
nochmal in Europa, wir haben bewährte Technik mit<br />
Innovationen kombiniert. Der Begriff der schlammverträglichen<br />
Umkehrosmose, die wir dort verbaut haben,<br />
wird sich in der Fachwelt zukünftig festsetzen“, glaubt<br />
Döhler.<br />
Von 62 Gesellschaftern wurde die Biogas Wipptal<br />
GmbH im Jahr 2008 gegründet. Ihr Ziel ist es, den in<br />
der Milchviehwirtschaft anfallenden Wirtschaftsdünger<br />
zu vergären und einen Teil des Gärrestes zu hochwertigem<br />
Dünger aufzubereiten. Aus einem Teil des Gärrestes<br />
wird in der Anlage hochwertiger fester und flüssiger<br />
Dünger hergestellt für den Obst- und Weinbau der Region.<br />
Durch den Biogasprozess werde der Eintrag von<br />
Nitrat in das Grundwasser vermindert, die Vorgaben der<br />
EU-Nitrat-Richtlinie könnten eingehalten werden.<br />
So könnten die Bauern ihren Tierbestand halten und<br />
gleichzeitig die geltenden Umweltauflagen einhalten –<br />
womit das Biogas den Tierhaltern ein akzeptables Einkommen<br />
sichert. „Richtig spannend“ sei dieses Projekt,<br />
zumal die dort verbaute Technik ihresgleichen<br />
sucht, sagt Döhler. „Ich glaube, wir haben das oder<br />
eines der bestfunktionierenden Wirtschaftsdünger-<br />
Aufbereitungssysteme in Europa. Da der Biogasmarkt<br />
in Deutschland so schwach ist, muss man sich eben die<br />
Projekte im Ausland suchen.“<br />
Autor<br />
Bernward Janzing<br />
Freier Journalist<br />
Wilhelmstr. 24a · 79098 Freiburg<br />
Tel. 07 61/202 23 53<br />
E-Mail: bernward.janzing@t-online.de<br />
Helmut Döhler, Biogasfachmann<br />
mit großer<br />
Expertise (rechts im<br />
Bild), auf der Anlage<br />
der Biogas Wipptal<br />
GmbH in Südtirol. 63<br />
Landwirte gehören der<br />
Gesellschaft an. Döhler<br />
ist Projektleiter und<br />
technischer Berater.<br />
Mit im Bild die beiden<br />
Landwirte Josef Mayr<br />
(links) und Josef<br />
Plauner.<br />
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