4_2017 Leseprobe
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Biogas Journal | 4_<strong>2017</strong><br />
Editorial<br />
USA<br />
Trump steigt aus Pariser<br />
Klimaabkommen aus –<br />
Na und?<br />
Liebe Leserinnen und Leser,<br />
auch im Juni hat die Weltpolitik für interessante<br />
Schlagzeilen und teilweise mediale<br />
Hypes gesorgt. So zum Beispiel in Großbritannien<br />
mit der Wahl zum Unterhaus oder<br />
US-Präsident Donald Trump mit seiner Ankündigung,<br />
aus dem Pariser Klimaabkommen<br />
auszusteigen. Die globale Entrüstung<br />
über den Amerikaner war verständlich groß<br />
in Anbetracht der massiven Auswirkungen<br />
und der großen Gefahren des Klimawandels.<br />
Aber hat das Handeln des Trumpels im<br />
Weißen Haus diese Aufmerksamkeit und<br />
Echauffierung verdient? Ich sage nein. Wir<br />
sollten lieber gleich in die nüchterne Analyse<br />
der Folgen einsteigen und uns fragen,<br />
was nun geschehen wird. Als erstes müssen<br />
wir feststellen, dass die kurzfristigen Auswirkungen<br />
des Ausstiegs gering sind, weil<br />
die Kündigung des Klimavertrages erst drei<br />
Jahre nach Inkrafttreten möglich ist. Danach<br />
muss noch ein Jahr vergehen, bis der<br />
Ausstieg wirksam werden kann. Das heißt,<br />
dass die USA bis November 2020 im Pariser<br />
Klimaabkommen sein werden.<br />
In diesem Zusammenhang stellt sich die<br />
Frage, wie lange Trump sich halten kann<br />
und ob wirklich ein Amtsenthebungsverfahren<br />
gegen ihn eingeleitet wird. Sollte<br />
er demnächst wirklich nicht mehr US-Präsident<br />
sein, könnte sein Nachfolger durch<br />
eine einfache Erklärung in den Pariser Klimavertrag<br />
zurückkommen.<br />
Analyse zwei: In den USA bildet sich eine<br />
breite Front aus Gouverneuren und Bürgermeistern,<br />
die die Klimaverpflichtungen auf<br />
regionaler und lokaler Ebene umsetzen wollen.<br />
Die pfeifen auf Trumps Vorhaben und<br />
sagen: Na und? – dann machen wir unsere<br />
eigene Klimapolitik. Viele Städte und Bundesstaaten<br />
bilden inzwischen eine Klimaallianz.<br />
Solche Allianzen gehen sogar über<br />
die USA hinaus: So beabsichtigen zum Beispiel<br />
Kalifornien und Deutschland, enger in<br />
Sachen Klimaschutz zusammenzuarbeiten.<br />
Die Chefs von mehr als 600 US-Unternehmen<br />
hatten Trump in einem offenen Brief<br />
bereits Wochen vor dessen Ankündigung<br />
aufgerufen, nicht aus dem Pariser Vertrag<br />
auszusteigen. Dazu zählen sogar Ölkonzerne<br />
wie ExxonMobil oder Chevron.<br />
Sie alle haben bereits erkannt, dass die Zeiten<br />
der Nutzung fossiler Energiequellen zu<br />
Ende gehen und dass auch die Kohleförderung<br />
keine Renaissance in den USA erleben<br />
wird. Auch wenn der Präsident es sich so<br />
sehr wünscht. Trump müsste als Unternehmer<br />
wissen, dass die Kohle von der Mine bis<br />
zur Verbrennung im Kraftwerk unrentabel<br />
geworden ist. Das ist eine ökonomische Tatsache,<br />
da hilft auch keine Kündigung des<br />
Pariser Klimapaktes. Billiges Frackinggas<br />
durchströmt das Land und drängt die Kohle<br />
ins Aus. Unternehmen und Banken sind<br />
nicht mehr bereit, neu in die Kohleindustrie<br />
zu investieren.<br />
Analyse drei: Sehr wahrscheinlich wird die<br />
Position des US-Präsidenten die internationalen<br />
Bemühungen um mehr Klimaschutz<br />
befördern. Das sehen wir zum Beispiel an<br />
dem zarten Pflänzchen, das zwischen der<br />
Europäischen Union und China in Sachen<br />
Klimaschutz gerade heranwächst. Oder<br />
Südkorea: Die viertstärkste asiatische Volkswirtschaft<br />
hat jüngst angekündigt, dass es<br />
aus der Nutzung von Kohle und Atomenergie<br />
aussteigen will. Stattdessen soll der<br />
Anteil Erneuerbarer Energien von heute 5<br />
Prozent auf 20 Prozent in 2030 erhöht werden.<br />
Fest steht: Im Klimaschutz sind neue<br />
staatliche Kooperationen und noch stärkere<br />
einzelstaatliche Anstrengungen notwendig.<br />
Das gilt insbesondere auch für Deutschland.<br />
Die nächste Bundesregierung muss<br />
die Bremse lösen und gezielt den sozialverträglichen<br />
Ausstieg aus der Braunkohleverstromung<br />
forciert anpacken. Die Anteile<br />
Erneuerbarer Energien in den Sektoren<br />
Mobilität und Wärme sind über politische<br />
Rahmenbedingungen drastisch zu erhöhen.<br />
Und natürlich muss der Ausbau von Wind-,<br />
Solar- und Bioenergie im Strombereich<br />
beschleunigt werden. Die nächste Bundesregierung<br />
muss mit der Klimaschutz-Verhinderungspolitik<br />
Schluss machen. Wer in<br />
Paris Versprechen gibt, der muss sie auch<br />
einhalten!<br />
In diesem Biogas Journal zeigen wir im Titelthema<br />
ab Seite 22 exemplarisch auf, wie<br />
mit der Biogaserzeugung in Deutschland<br />
Treibhausgase eingespart werden können.<br />
Wir stellen Biogasanlagen unterschiedlicher<br />
Größe vor – von 75 kW bis 4 MW – ,die<br />
mit sehr großen Anteilen an Gülle und Mist<br />
betrieben werden. Die Beispiele machen<br />
deutlich, dass Biogasanlagen helfen können,<br />
die landwirtschaftlichen Treibhausgas-<br />
Emissionen zu senken.<br />
Klima- und Umweltschutz stellen auf der einen<br />
Seite (über-)lebenswichtige Werkzeuge<br />
zum Erhalt unseres Planeten dar. Auf der<br />
anderen Seite bieten sie aber auch ökonomische<br />
Chancen, die wir zum Wohle einer<br />
breiten Akteursvielfalt nutzen sollten.<br />
Herzlichst Ihr<br />
Martin Bensmann,<br />
Redakteur Biogas Journal<br />
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