4_2017 Leseprobe
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Biogas Journal | 4_<strong>2017</strong><br />
Politik<br />
für die Zeit nach Auslaufen ihrer EEG-<br />
Vergütung erhalten. Und auch für Neuanlagen<br />
hat sich die Situation zumindest<br />
leicht verbessert. Darauf können wir nun<br />
aufbauen und weiter an Verbesserungen<br />
arbeiten.<br />
Strommarkt, KWK, Wärme,<br />
Kraftstoff: Biogas außerhalb des<br />
EEG voranbringen<br />
Spätestens seit der Vollbremsung des Biogasanlagenzubaus<br />
durch das EEG 2014<br />
ist jedoch klar, dass sich die Branche<br />
noch stärker als bisher Einkommensquellen<br />
außerhalb des EEG erschließen muss.<br />
Der Fachverband Biogas hat sich auf die<br />
Fahnen geschrieben, in den kommenden<br />
Jahren dafür die passenden Rahmenbedingungen<br />
zu schaffen.<br />
Tatsächlich bot sich in 2014/15 dafür die<br />
erste Gelegenheit. Nach der EEG-Reform<br />
2014 war das nächste große energiepolitische<br />
Projekt der Bundesregierung, den<br />
Strommarkt fit zu machen für ein Energiesystem<br />
mit hohen Anteilen fluktuierender<br />
Erneuerbarer Stromerzeugung: Wie sollte<br />
man die Fluktuationen ausgleichen? Mit<br />
neuen Subventionen für fossile Kraftwerke?<br />
Oder mit einem Strommarkt, der flexible<br />
Erzeuger und Verbraucher belohnt, die<br />
sich an die Fluktuationen anpassen? Der<br />
Fachverband Biogas hat sich zusammen<br />
mit den anderen Verbänden der Erneuerbaren<br />
Energien stark gegen neue Subventionen<br />
eingesetzt und dafür, dass eine flexible<br />
Fahrweise am Strommarkt entlohnt wird.<br />
Denn hier liegt eine der wichtigsten Stärken<br />
von Biogas: Biogas ist die Ausgleichsenergie,<br />
die dann zur Verfügung steht,<br />
wenn der Wind nicht weht und die Sonne<br />
nicht scheint. In diese Richtung müssen<br />
wir gehen und dafür müssen wir entlohnt<br />
werden. Am Ende war das auch die Einstellung<br />
der Bundesregierung, die neuen<br />
Subventionen für fossile Kraftwerke eine<br />
Absage erteilte.<br />
Eine weitere Einkommensmöglichkeit für<br />
Biogasanlagen ist die Vermarktung von<br />
Erneuerbarer Wärme: als Abwärme des<br />
BHKW vor Ort oder durch den Einsatz von<br />
Biomethan in der konventionellen Gasinfrastruktur.<br />
Auch in dieser Hinsicht konnten<br />
wir in dieser Legislaturperiode vorankommen.<br />
Beispiel Wärmenetze: Wärmenetze galten<br />
lange als Überbleibsel aus der alten<br />
Energiewirtschaft. Wenn erst einmal alle<br />
Häuser auf Passivhausstandard gedämmt<br />
würden, so meinten viele, dann sei eine<br />
Nah- oder Fernwärmeversorgung obsolet.<br />
In der politischen Diskussion hat sich diese<br />
Einstellung radikal gewandelt. Aktuelle<br />
wissenschaftliche Studien bezeichnen<br />
Wärmenetze, die dezentrale Erneuerbare<br />
Energien, Abwärme oder KWK-Anlagen<br />
miteinander kombinieren, als „strategische<br />
Infrastruktur“, und das BMWi spricht<br />
inzwischen von „modernen Strom-Wärme-<br />
Systemen“. Ein Revival, das auch Biogas<br />
nützt.<br />
Beispiel Kraft-Wärme-Kopplung (KWK):<br />
Der Fachverband Biogas hat stets die<br />
Chancen betont, den der Einsatz von Biomethan<br />
in konventionellen KWK-Anlagen<br />
bietet. Nach Jahren der Blockade bewegt<br />
sich die Bundesregierung nun. Mit dem<br />
neuen Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz<br />
führte sie ein neues Fördersegment für<br />
Kombinationen aus KWK-Anlagen und Erneuerbaren<br />
Energien ein.<br />
Neben der Erschließung von Einkünften<br />
auf dem Strom- und Wärmemarkt muss<br />
auch der Kraftstoffmarkt erwähnt werden.<br />
Leider hat die Bundesregierung bei der<br />
Überarbeitung der Treibhausgasminderungsquote<br />
im Kraftstoffsektor die Chance<br />
verpasst, alternative Kraftstoffe voranzubringen.<br />
Doch im Zusammenhang mit dem<br />
Klimaschutzvertrag von Paris wird endlich<br />
auch das Thema Biokraftstoffe wieder in<br />
einem anderen Licht gesehen.<br />
Zwar gilt in der breiten politischen Diskussion<br />
die Elektromobilität weiterhin<br />
als der Heilsbringer im Verkehrssektor.<br />
Doch verschiedenste wissenschaftliche<br />
Klimaschutzszenarien, die im Auftrag der<br />
Bundesregierung erstellt wurden, beinhalten<br />
Biokraftstoffe als unverzichtbaren<br />
Bestandteil eines effektiven und kostengünstigen<br />
Klimaschutzes. Die nächste<br />
Bundesregierung wird demnach Farbe<br />
bekennen und anerkennen müssen, dass<br />
die Förderung von Biokraftstoffen weiter<br />
vorangetrieben werden muss.<br />
Was wird uns die kommende<br />
Legislaturperiode bringen?<br />
Wie die Energiepolitik in der nächsten<br />
Legislaturperiode aussehen wird, ist nur<br />
schwer vorherzusehen. Aber aus Sicht der<br />
Biogasbranche kann man einer neuen Bundesregierung<br />
zumindest ein paar energiepolitische<br />
Hausaufgaben mit auf den Weg<br />
geben:<br />
1. Erneute Reform des EEG. Auch im<br />
EEG <strong>2017</strong> gibt es noch großen Verbesserungsbedarf.<br />
Die vergleichsweise<br />
niedrigen Gebotshöchstgrenzen im Ausschreibungsverfahren<br />
gehören auf den<br />
Prüfstand. Es muss etwas gegen die Diskriminierung<br />
von kleinen Anlagen getan<br />
werden. Und mittelfristig muss auch der<br />
Ausbaupfad angepackt werden, da er für<br />
eine Stabilisierung der Stromerzeugung<br />
aus Biomasse deutlich zu niedrig ist.<br />
2. Abschalten fossiler Kraftwerke. In<br />
Deutschland gibt es zu viele fossile<br />
Kraftwerke, die auch bei hoher Einspeisung<br />
von Erneuerbaren Energien Strom<br />
erzeugen. Dies ist nicht nur schlecht<br />
fürs Klima, sondern sorgt auch dafür,<br />
dass die Erlösmöglichkeiten für flexible<br />
Biogasanlagen deutlich unter dem<br />
Niveau liegen, das für ein zukünftiges<br />
Energiesystem notwendig ist.<br />
3. Treibhausgasemissionen konsequent<br />
bepreisen beziehungsweise der Einsparung<br />
von Treibhausgasemissionen<br />
einen Wert verleihen. Die nächste Bundesregierung<br />
muss sich auch der Frage<br />
stellen, wie der Klimavertrag von Paris<br />
umgesetzt und die deutsche Volkswirtschaft<br />
aus ihrer Abhängigkeit von fossilen<br />
Brennstoffen befreit werden kann.<br />
Biogas ist ein treibhausgasneutraler<br />
Energieträger. Das wird bisher nur unzureichend<br />
honoriert. Es muss einen<br />
echten finanziellen Anreiz geben, von<br />
klimaschädlichen fossilen Brenn- und<br />
Kraftstoffen auf erneuerbare Brennund<br />
Kraftstoffe umzusteigen. Nur dann<br />
bekommt Biogas den Preis geboten, der<br />
seinem Beitrag zum Klimaschutz entspricht.<br />
Autoren<br />
Sandra Rostek<br />
Dr. Guido Ehrhardt<br />
Fachverband Biogas e.V.<br />
Hauptstadtbüro Berlin<br />
Invalidenstr. 91 · 10115 Berlin<br />
Tel. 030/275 81 79-0<br />
E-Mail: berlin@biogas.org<br />
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