VEGAN für mich 02/2023

kolumne / Ulrich Bender
Die Hoffnung stirbt zuletzt
Vegan und etwas ratlos
Nur wenige Dinge verbessern sich durch
Wiederholung. Eine Erfahrung, die sich
bei mir jedes Mal verfestigt, …
von Ulrich Bender
… wenn ich von nahen und
entfernten Bekannten und
ja, auch von guten Freunden,
wieder einmal mit
„kritischen“ Bemerkungen
konfrontiert werde, Bemerkungen,
die meine vegane
Lebensweise in Frage stellen
sollen. Der Klassiker, den viele
vegan lebende Menschen
kennen, ist das Bekenntnis
des Gegenübers, dass er oder
sie ja nur sehr wenig Fleisch
äße und wenn, dann nur vom
Metzger oder Jäger des Vertrauens.
Damit ist für sie die
Tat legitimiert. Als ob man
dieser Art von Handwerk
trauen könnte – und was bedeutet
eigentlich sehr wenig
Fleisch?
GEISTIGE REIFE?
Mögen diejenigen, die derlei
erzählen, irgendwann selbst
erkennen, welchen Unsinn
sie von sich geben. Nein,
schlimmer sind die, denen
ich, nachdem ich sie längere
Zeit nicht gesehen habe,
reflexartig abnehme, dass
sie tatsächlich verstanden
hätten, worum es geht. Diejenigen,
die wirklich an der
veganen Lebensweise interessiert
sind, denen ich auch unbedenklich
eine geistige Reife
attestieren kann, weil ich sie
a) schon lange kenne und b)
weil sie zwei plus zwei addieren
und mit einem korrekten
Ulrich Bender,
Autor, Künstler, Tierrechtsaktivist
www.ulrich-bender.de
„Das Leben ist zu kurz, um
unglücklich zu sein. Darum sollten
wir die Zeit nutzen und uns für das
Glück aller Lebewesen einsetzen.“
Ergebnis aufwarten können.
Diese Menschen halte ich für
klug und bestens über das
Weltgeschehen, über Klimawandel
und Artensterben etc.
informiert.
AUF ZUM IMBISS!
Es ist selbstverständlich, dass
sie gegen Massentierhaltung
sind, ihre Haustiere lieben
und für jeden Eisbären ihr
letztes Hemd hergeben würden.
Und dann, nach einem
intensiven Gespräch über
die verheerenden Folgen des
Fleischkonsums, tapern sie in
den nächsten Imbiss und ziehen
sich – weil`s ja so lecker
ist – eine „echte“ Thüringer
Rostbratwurst rein. Ob mit
schlechtem, gutem oder keinem
Gewissen ist mir egal,
und dass so ein Verhalten
nach einem Erstkontakt mit
einem Veganer schon mal
vorkommt ... geschenkt.
Aber ich schreibe hier über
Menschen, die ich schon lange
kenne, die ich wertschätze
und die mich gerne auf meine
Lebensweise ansprechen.
Selbstkritisch stelle ich mir
oft die Frage, ob mir generell
Fehler im Umgang mit Nichtveganern
unterlaufen. Ich
missioniere nicht, spreche
das Thema nicht an, lebe nur
vor etc. – und dennoch versuchen
sie mich immer wieder
aufs Glatteis zu führen. Ist es
das schlechte Gewissen, ist
es die Konditionierung oder
einfach nur Bequemlichkeit,
wenn die Erkenntnis dämmert,
im Sinne des Ganzen
seine Gewohnheiten zu ändern
zu müssen?
„NICHT SO MEINS“
Oft scheint es auch nur kindlicher
Trotz zu sein, wenn
mein Gegenüber nach einer
phänomenal schmackhaften
veganen Verkostung die Nase
rümpft und meint: „Geht
so, ist aber nicht so meins.“
Was soll das? Warum seid ihr
nicht bereit, die Welt zu retten?
Es ist zum Verzweifeln
– aber die Hoffnung stirbt bekanntlich
zuletzt.
FOTOS: Privat (1)
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