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MAGNIFICAT Juni 2023

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Singt dem Herrn ein neues Lied<br />

teilten Leben – die Liste ist wohl unabschließbar. Sich von allem<br />

lösen, was das Herz umschlossen hat, ist das eine Erlösung? Oder<br />

deren Gegenteil? Gewiss, wir können furchtbar fixiert sein auf<br />

Guthaben und Geltung. Diesen Klammergriff – wer hat hier wen<br />

im Griff? – lösen zu können, das wäre wirklich eine Erlösung.<br />

Doch gibt es nicht irdische Glücksgüter, die ‚die reine Freude‘<br />

sind, und wie kann sich das liebende Herz von ihnen lösen, ohne<br />

sich zerstörerisch, selbstzerstörend aufzulösen? Eine ungeheure<br />

Herzensnot zeichnet sich ab. Im Tagebuch wird sie so benannt:<br />

das unsägliche Leid der verfolgten jüdischen Menschen, „eine Lawine<br />

von Sorge, Angst und Verzweiflung, die für uns alle endlich<br />

auf Renerle zielen“.<br />

Nun sich das Herz in alles findet<br />

Das menschliche Herz hat sich in alles gefunden, „was ihm an<br />

Schwerem auferlegt“. Die Bitte an den Heiland, Pfleger und Arzt:<br />

„komm, Heiland, der uns mild verbindet, / die Wunden heilt, uns<br />

trägt und pflegt“, ersetzte die ursprüngliche Fassung der Christus-<br />

Strophe: „komm, Heiland, der uns mild verbindet, / wo uns die<br />

Welt nur Wunden schlägt“. Christus wird in beiden Fassungen im<br />

Bild des barmherzigen Samariters angerufen (Lk 10, 34). Unter<br />

die Räuber gefallen zu sein (Lk 10, 30), „wo uns die Welt nur<br />

Wunden schlägt“, das ist die Erfahrung von Jochen Kleppers Familie,<br />

der als Dienstmädchen in die Fremde geschickten älteren<br />

Tochter, der im rassistischen Deutschland tödlich bedrohten jüngsten<br />

Tochter, der rassistisch geächteten, nicht länger geschützten<br />

Ehefrau. Die am Ende gewählte Variante mildert den Ton; die<br />

schwere Not wird aufgehoben im Bittgebet: „komm, Heiland, der<br />

uns mild verbindet, / die Wunden heilt, uns trägt und pflegt“.<br />

„Nur einmal das Gefühl haben dürfen, dass es nicht immer noch<br />

schwerer kommt.“ Aber es ist immer schwerer gekommen.

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