WELLBEING/ ERHOLUNG DIE IDEALE POWERNAP-DAUER FÜR MEHR KREATIVITÄT Viele sagen von sich aus, sie seien wenig kreativ. Oder sie hätten einen so stressigen Alltag, dass sie einfach keine Kreativität entwickeln können. Eine französische Studie zeigt aber, dass man seiner Kreativität auf die Sprünge helfen kann. Und zwar mit einem Powernap. Dadurch löst man sogar besser Probleme. ILLUSTRATIONEN: VECTORJUICE / FREEPIK.COM 94 3/20<strong>23</strong>
Die Begriffe Mittagsschlaf und Nickerchen haben einen leicht negativen Beigeschmack. Schließlich suggerieren sie Müdigkeit und Trägheit. Deswegen spricht man heutzutage lieber von einem leistungsfördernden Powernap - zu Deutsch Energie-Nickerchen. Man tankt also im Laufe des Tages kurz mal Energie auf, um wieder voll leistungsfähig zu sein. Französische Forscher fanden heraus, dass ein Powernap noch mehr bewirkt. Er kurbelt nämlich auch die Kreativität an, was uns dabei hilft, Probleme besser zu lösen. Doch die große Frage lautet zunächst: Wie lange darf überhaupt ein Nickerchen dauern? Untersuchungen kommen zu dem Schluss, dass ein Powernap nicht länger als 30 Minuten dauern sollte, denn sonst kommt man in die Tiefschlafphase. Wer daraus wieder erwacht, der fühlt sich eher schlapp als fit. Der Energiebooster-Effekt geht also verloren und das Gegenteil ist der Fall. Ideal ist ein Zeitraum zwischen 10 und 20 Minuten, denn dabei befindet man sich im sogenannten Leichtschlaf, der in der Schlafmedizin in die Non-REM-Phasen N1 und N2 unterteilt wird. Wer daraus wieder erwacht, der fühlt sich erholter und fitter. An der Universität Düsseldorf fand man heraus, dass bereits sechs Minuten Schlaf ausreichen können, um das Erinnerungsvermögen zu verbessern. DIE WIRKUNG DES NICKERCHENS AUF DIE KREATIVITÄT Um herauszufinden, ob ein Powernap auch eine positive Wirkung auf die Kreativität hat, haben Pariser Forscher von der Sorbonne ein sogenanntes Edison-Experiment mit 103 Probanden durchgeführt. Das Experiment ist nach dem amerikanischen Erfinder Thomas Alva Edison benannt, der eine ganz spezielle Methode hatte, um seine Kreativität zu fördern: „Edison machte einfach in einem bequemen Sessel ein Nickerchen. Dabei hielt er eine metallene Kugel in der Hand. Sobald der Schlaf ihn übermannte, entspannten sich seine Z Z Z Muskeln und die Kugel fiel zu Boden. Das Geräusch weckte ihn auf. So konnte er sich erinnern an das, was in seinem Geist beim Übergang vom Wachsein zum Schlaf vor sich ging“, erklärt Thomas Andrillon, einer der Studienautoren. In der Studie stellte man den Probanden eine mathematische Aufgabe, die sich einfach lösen lässt, sofern man auf die Formel kommt, die dahinter steckt. Nach einer bestimmten Zeit gab es eine Pause, eine Art Powernap. Dabei gingen die Probanden in einen abgedunkelten Raum und durften sich dort in einem Sessel für 20 Minuten ausruhen. Währenddessen mussten sie in der einen Hand ein Objekt halten. Als sie einnickten - also die N1-Leichtschlafphase erreichten - fiel das Objekt zu Boden und sie wachten auf. Daraufhin sollten sie beschreiben, was im Kopf vorging und was für Gedanken sie hatten. Anschließend konnten sie wieder in die Ruheposition gehen bis die 20-minütige Pause vorbei war. Das Ergebnis war erstaunlich: Diejenigen Probanden, welche die N1-Leichtschlafphase erreichten, knackten die mathematische Formel zur Lösung der vorgegebenen Aufgabe deutlich häufiger als jene Probanden, die nicht einschliefen. Anders ausgedrückt: Nur 30 Prozent der wach gebliebenen Studienteilnehmer erkannten die Formel, während es von den Powernap-Probanden 80 Prozent schafften. Wer jedoch tief eingeschlafen war, bekam keinen Kreativitätsschub. Anzumerken ist, dass die Kreativität sich nicht sofort nach dem Aufwachen aus dem Powernap bemerkbar machte. Die Probanden sind also nicht mit einer konkreten Lösung für die Aufgabe aufgewacht, sondern kamen auf diese erst, als sie die Aufgabe nach der Pause weiter bearbeiteten. 95