Ausgabe 05/2023
| Gipfelstürmer: Coverinterview mit Wolfdieter Jarisch | Zu Tisch mit … Johannes Endl | SIGNA - Ein Imperium wird brüchig| Kommentare von unter anderem ... Klaus Baringer, Michael Pisecky, Hans Jörg Ulreich, Philipp Kaufmann., Georg Flödl, Beiglböck, Louis Obrowsky | Exklusiv im Interview mit Francesco Fedele von BF Direkt | Wein & Immobilien | Kolumnen von Wolfgang Fessl, Anita Körbler, Jasmin Sarovia | Real Circle – Stadtentwicklung.
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Die bewegte<br />
ImmoWirtschaft<br />
Regelmäßige Kolumne<br />
über Fakten und Inhalte, die<br />
verändern und prägen.<br />
#39<br />
Die vergessenen Nutzer<br />
Kommentar: Philipp Kaufmann<br />
Ich habe in Linz ein Objekt, welches meine Eltern in den 90er Jahren<br />
erbaut haben. Es handelt sich um ein klassisches Bauträgerprojekt:<br />
Verschiedene Grundstücke wurden von unterschiedlichen Eigentümern<br />
erworben, geplant, errichtet und verwertet. Das Objekt wurde<br />
parifiziert und einzelne Einheiten konnten abverkauft werden. Als<br />
Projektgewinn sind noch heute einige Einheiten in Familienbesitz.<br />
Ich bin daher seit meiner Schulzeit mit diesem Objekt verbunden und<br />
habe quasi zuerst von der Tribüne meinen Eltern bei der<br />
Arbeit zugesehen - mittlerweile bin ich jedoch selbst<br />
„eingewechselt“ worden und darf Verantwortung<br />
übernehmen.<br />
Die Immobilie wird leider in den letzten Wochen<br />
vermehrt von Obdachlosen besucht.<br />
Die in Familienbesitz befindliche Tiefgarage,<br />
welche jedoch nicht öffentlich zugänglich ist,<br />
ist davon besonders betroffen. Die PKW-Abstellplätze<br />
in der Garage werden ausschließlich<br />
von Dauermietern genutzt und wir haben eine<br />
konstante Mieterstruktur. Aktuell sind in der Tiefgarage<br />
oftmals Personen, die nicht zum Haus gehören,<br />
anzutreffen. Meistens suchen sie das Weite, hin und<br />
wieder kommen sie aber auch aktiv auf einen zu und fragen nach<br />
Geld bzw. Feuer. Derartige Zusammentreffen sind mir schon mehr als<br />
unangenehm, einige weibliche Mieter fürchten sich jedoch und haben<br />
fast schon Probleme, die Tiefgarage zu besuchen. Selbst wenn man<br />
keine Personen antrifft, sind die Spuren der unerwünschten Besucher<br />
in so manchen Winkeln ersichtlich und es kostet einiges an Zeit und<br />
leider auch Geld, alles wieder entfernen zu lassen.<br />
Nutzer in der Verantwortung<br />
Das Haus wird von einer Hausverwaltung verwaltet und als pflichtbewusster<br />
Eigentümer habe ich das Thema gemeldet. Die Reaktion war<br />
ein Schreiben an alle Wohnungseigentümer mit einer Information<br />
über die Vorkommnisse. Das Problem war selbstredend mit dieser<br />
Aktivität noch nicht gelöst und ich habe mich intensiver eingebracht.<br />
Ein erster Schritt war Kontakt mit der Polizei aufzunehmen und eine<br />
Beratung in Anspruch zu nehmen. Diese hat ergeben, dass die in den<br />
90er Jahren festgelegte Zutrittssystematik den heutigen Anforderungen<br />
nicht mehr entspricht. Konkret war die Eingangstür zu Geschäftszeiten,<br />
sprich von 7 Uhr bis 20 Uhr, unversperrt und jeder<br />
konnte das Haus betreten. Dies machte sicherlich über<br />
Jahrzehnte Sinn, da die Büronutzer viel Parteienverkehr<br />
haben; auch die Mitarbeiter der Nutzer haben<br />
es bisher genossen, jederzeit das Objekt verlassen<br />
und betreten zu können.<br />
Bei meinen unzähligen Besuchen vor Ort bin ich<br />
mit so manchem Nutzer am Gang oder vor dem<br />
Objekt ins Gespräch gekommen und fast alle<br />
waren an diesem Thema interessiert. Die Informationen<br />
waren aus verständlichen Gründen nicht<br />
immer vorhanden und nicht alle waren von den Vorkommnissen<br />
in der Tiefgarage betroffen. Die einfachste<br />
Lösung, das Objekt auch untertags zu versperren und die Eingangstür<br />
nur für Mitarbeiter und Gäste zu öffnen, wurde kontrovers<br />
diskutiert, wobei ich schon den Eindruck hatte, dass sich alle mit der<br />
Problematik auseinandergesetzt haben.<br />
Ich startete einen neuen Anlauf und informierte die Hausverwaltung<br />
– zu meiner Überraschung wurde eine Eigentümerversammlung einberufen,<br />
welche noch in diesem Jahr stattfinden wird. Spannend ist in<br />
diesem Zusammenhang jedoch, dass kein Eigentümer vor Ort arbeitet<br />
und alle ‚Investoren‘ ihr Eigentum vermieten. Wäre es nicht besser,<br />
sich mit den Nutzern an einen Tisch zu setzen, damit alle gemeinsam<br />
klären, welche Schritte gesetzt werden können?<br />
Fotos: Gottfried Poessl<br />
62 ImmoFokus