Ausgabe 05/2023

Positionen & Meinungen
Peter Karl
(ERSTE Immobilien KAG)
Peter Karl, Erste–Immobilien-CEO, sieht
unterschiedliche Wetterlagen: „Strahlenden
Sonnenschein gibt es nirgendwo. Aber es gibt
durchaus zufriedenstellendes Wetter in manchen
Bereichen. Aber es gibt auch Gegenden,
in denen richtige Unwetter am Horizont dabei
sind.“ Wobei es sehr stark von den Geschäftsmodellen
abhängt: „Der Bestandhalter hat
im Moment die tendenziell besseren Karten.
Die Entwicklung wird vor allem wegen der
geänderten Finanzierungsrahmenbedingungen
schwieriger. Je stärker von Fremdkapital
abhängig, um so herausfordernder.“
Auch für die Erste Immobilien ist die Wetterlage
nicht gerade heiter. „Es ist durchaus
herausfordernd, in solchen Zeiten die Liquidität
in den Fonds sicherzustellen. Das gelingt
uns aber sehr erfolgreich. Wir haben einige
Maßnahmen gesetzt, um auch Liquidität in
den Fonds zu schaffen. Ich bin persönlich
auch überzeugt, dass wir uns noch eine Zeit
lang damit abfinden müssen, dass es in dieser
Art und Weise weitergeht, sehe aber schon
ein bisschen den Silberstreif am Horizont,
weil ich tatsächlich glaube, dass wir diesen
Zinsanhebungszyklus jetzt irgendwo am Top
erreicht haben und die Zinsen eher seitwärts
gehen werden.“
Sobald dieses neue Zinsniveau auch eingepreist
ist, könne man wieder zuversichtlicher
in die Zukunft blicken. „Das Kernimmobiliengeschäft
funktioniert sehr gut.“ Auch die
Indexierung der Mieten sei durchsetzbar gewesen.
„In unserem Erste-Immobilien-Fonds
konnten die Miet-Cash-Erträge genau um
zehn Prozent gesteigert werden. Das ist quasi
der buchhalterische Beweis dafür, dass wir in
unseren Mietverträgen die Inflation durchsetzen
konnten.“
Der Netto-Mittelabfluss in den Immobilienfond
konnte noch nicht gestoppt werden.
Karl ist überzeugt, dass dies noch eine Weile
dauern wird. „Wir hatten offensichtlich in
den Immobilienfonds auch sehr viele Anleger,
die vor allem den Zinsertrag im Vordergrund
sahen und natürlich in Zeiten, in denen es
keine Zinsen gab, dann sehr gerne auch in Immobilienfonds
investiert haben und sich jetzt
mit einem viel breiteren Angebot an anderen
Zinsprodukten konfrontiert sehen und daher
die Immo-Fonds auch wieder verlassen.“
Jasmin Soravia
(Kollitsch Soravia)
Jasmin Soravia, geschäftsführende Gesellschafterin
bei Kollitsch & Soravia Immobilien,
bezeichnet die Wetterlage als angespannt.
„Eine große Verunsicherung hat
sich breit gemacht.“ In kurzer Zeit habe sich
die Stimmung ins Negative gedreht. Käufer
reagieren verhalten auf die wirtschaftlichen
Rahmenbedingungen. „Da müssen wir jetzt
alle durch.“ Die Strategie: „Nach vorne blicken
und schauen, dass man das ganz gut
übersteht. Wir werden das gut überstehen.
Aber es ist sehr herausfordernd.“ 2024 wird
ein kritisches Jahr. „In Deutschland sind
schon die ersten Developer in Konkurs gegangen.“
Durchaus unerwartet, wie Jasmin
Soravia, betont. „Auch in Österreich werden
wir die eine oder andere Insolvenz sehen.“
Rasch wird sich die Wetterlage nicht ändern.
„2008 war der Spuk auch nicht innerhalb eines
Jahres wieder vorbei. Also, ich befürchte,
2024 müssen wir uns alle warm anziehen,
aber auch das werden wir überstehen.“
68 ImmoFokus