faktor Winter 2023/24
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mensch<br />
Göttingen erinnert sich an den Wissenschaftler Oppenheimer, vor allem aber an die Folgen seiner Arbeit.<br />
akademischen Wissenschaften. Doch in erster Linie dient<br />
der Film der Unterhaltung, was nach den größtenteils<br />
positiven Kritiken dem Macher Christopher Nolan<br />
durchaus gelungen ist.<br />
Für die Göttinger ist an dieser Stelle zu erwähnen, dass<br />
dem Regisseur ein kleiner Fauxpas unterlaufen ist. Zu<br />
Beginn des Films werden verschiedene Stationen des jungen<br />
Oppenheimer in Europa – und vermeintlich auch die<br />
Stadt Göttingen – gezeigt. Vermutlich war nur wenigen<br />
Einheimischen bewusst, dass der Physiker für kurze Zeit<br />
auch in Göttingen studiert hat, weswegen die Erwähnung<br />
ihrer Stadt bei vielen im Kino eine freudige Überraschung<br />
ausgelöst haben muss. Diese wich jedoch bei<br />
den dazu gezeigten Aufnahmen rasch der Verwirrung:<br />
Da stimmte etwas nicht.<br />
Weder der gezeigte Campus noch die umliegende<br />
Landschaft kam den Göttingern bekannt vor. Und tatsächlich<br />
wurden fälschlicherweise das Kloster Einsiedeln<br />
und die beiden Türme des Züricher Grossmünsters in der<br />
Schweiz, umgeben von schroffem Gebirge, gezeigt: Wer<br />
kennt sie nicht, die südniedersächsischen Alpen, die das<br />
hoch liegende Göttingen von seinen hessischen Nachbarn<br />
abgrenzt?! Nichtsdestotrotz wird es vielen Göttingern<br />
gefallen haben, dass ihre Stadt in einem weltweit<br />
äußerst erfolgreichen Blockbuster erwähnt wurde, wenn<br />
auch die Stadt es leider nicht als Bildaufnahme auf die<br />
Leinwand geschafft hat.<br />
SPUREN IN GÖTTINGEN<br />
Aufgrund seines vergleichsweise recht kurzen Aufenthaltes<br />
finden sich nur wenige Spuren des Physikers in Göttingen.<br />
Geehrt wird der ,Vater der Atombombe‘ jedoch<br />
mit einer Gedenktafel am Geismartor 4 – nahe des heutigen<br />
Hiroshimaplatzes –, wo er während seiner Studienzeit<br />
lebte. Doch entgegen mancher Vermutung: Eine direkte<br />
Verbindung zwischen Oppenheimer, seinem früheren<br />
Wohnort und der Umbenennung des nahe liegenden<br />
Platzes gibt es nicht. Zwar ging es bei der 1992 erfolgten<br />
Umbenennung tatsächlich um die Entmilitarisierung des<br />
Hiroshimaplatzes, der im Volksmund noch immer nach<br />
einer dort bis 1934 existierenden Kaserne ,Zweiundachtziger‘-Platz<br />
genannt wurde, doch obwohl hierbei<br />
direkt auf das Erbe der Atombombe Bezug genommen<br />
wird, ist die Nähe zu seinem früheren Göttinger Wohnhaus<br />
eher dem Zufall geschuldet. Zumal er seine Forschungsarbeit<br />
überwiegend am Institut für Theoretische<br />
Physik in der Bunsenstraße durchgeführt haben dürfte.<br />
DIE GÖTTINGER 18<br />
Dennoch, Oppenheimer hinterließ in Göttingen indirekte<br />
Spuren: Sein Engagement gegen den Einsatz von weiteren<br />
Nuklearwaffen findet hier in den Nachkriegsjahren<br />
Nachahmer, wenn auch zeitlich etwas versetzt. Die<br />
Göttinger 18 beispielsweise, eine Gruppe von renommierten<br />
Wissenschaftlern, beginnt, sich in den späten<br />
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