faktor Winter 2023/24
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unternehmen<br />
„Das Denken in Geschäftsmodellen<br />
ist Zukunftsfähigkeit pur“<br />
Bernhard Vollmar von der PFH Private Hochschule Göttingen über den neuen Studiengang Entre preneurship,<br />
der Innovationsdenken in Unternehmen im Blick hat, und dazu, wie nützlich es ist, des eigenen Geschäftsmodells<br />
zu hinterfragen. Und über die Hürden, die im unternehmerischen Alltag noch existieren.<br />
INTERVIEW SVEN GRÜNEWALD<br />
Herr Professor Vollmer, Sie haben an der PFH zum <strong>Winter</strong>semester<br />
<strong>2023</strong>/<strong>24</strong> einen Bachelor-Studiengang ,Entrepreneurship<br />
und Start-up-Creation` gestartet, obwohl die<br />
PFH das Thema Entre preneurship schon lange intensiv<br />
verfolgt. Was war der Gedanke dahinter?<br />
Es stimmt, im Gründungsradar, einem bundesweiten<br />
Hochschulvergleich, sind wir beispielsweise immer eine<br />
der Top-Adressen. Aktuell bescheinigt uns auch das niedersächsische<br />
Hochschul-Entrepreneurship-Monitoring,<br />
dass wir die beste private Hochschule und auch im Gesamtvergleich<br />
in den meisten Kategorien ganz weit vorne<br />
sind. Wir machen unsere Hausaufgaben, wollen aber<br />
nicht stehen bleiben. Der Studiengang ist daher Teil unserer<br />
stärkeren strategischen Profilierung rund um das<br />
Thema Entrepreneurship und Innovation und greift akute<br />
Bedarfe aus der Wirtschaft auf. Wir wollen damit<br />
Innovatoren, Intrapreneure, Entrepreneure, aber auch<br />
Innovationsberater ausbilden, die Grundlagen in Vertrieb,<br />
Finanzierung, Marketing, Produktion u. Ä. vermittelt<br />
bekommen, aber vor allem ganz gezielt lernen sollen,<br />
ihre Ideen direkt in Projektentwicklung umzusetzen. Im<br />
Falle von dualen Studierenden sind das auch Projekte<br />
aus dem Unternehmen. So rutscht man schneller in die<br />
Verantwortung und behält den Überblick über das Innovationsgeschehen.<br />
Welche Entwicklungen in der Wirtschaft adressiert der<br />
Studiengang?<br />
Die Suche nach dem Wettbewerbsvorteil. Für Mittelständler<br />
wird es zunehmend schwieriger, auf der Prozessebene<br />
oder mit größerer Produktqualität in den Wettbewerb<br />
zu gehen. Stattdessen wird es notwendig, das eigene<br />
Geschäftsmodell zu hinterfragen. Das Problem ist<br />
im Regelfall, dass nur in Branchenlogiken gedacht wird<br />
und man sich nicht von anderen Branchen inspirieren<br />
lässt. Man kann aber von Amazon oder Apple lernen,<br />
auch wenn das teilweise schon Sprengstoffcharakter hat.<br />
Ein schönes Beispiel ist das Unternehmen Hilti, die Bohrmaschinen<br />
herstellen. Dort haben sie irgendwann gemerkt,<br />
dass es nichts bringt, wenn sie nur das Produkt<br />
verbessern – der Handwerker hat kein Interesse an einem<br />
um fünf Prozent besseren Gerät, deswegen ist Hilti<br />
in die Krise geraten. Also haben sie ihr Geschäftsmodell<br />
hinterfragt und sind dazu übergegangen, die Bohrmaschinen<br />
zu verleihen. Das hat zahlreiche Auswirkungen:<br />
anders auf die Kunden zuzugehen, eine andere<br />
Logistik – insgesamt ein ganz anderes Konzept. Das hat<br />
ihnen wirtschaftlich geholfen – und war die größte Innovationsleistung<br />
in der Unternehmensgeschichte.<br />
Zudem wird die Nachhaltigkeit und die dazu passende<br />
Berichterstattung zunehmend für Mittelständler zur<br />
Pflicht- und damit Daueraufgabe, und damit müssen sie<br />
ihre ganze Unternehmenslogik hinterfragen und sich<br />
auch mit der Frage beschäftigen, wie sie in die Zukunft<br />
gehen wollen. Wenn man in starren Denkstrukturen verharrt<br />
und Tabus pflegt, wird das schwierig werden. Wir<br />
vermitteln mit dem Studiengang das Denken in Geschäftsmodellen<br />
– und das ist Zukunftsfähigkeit pur.<br />
Das klingt nach Aufgaben, für die man eigentlich ja ein<br />
gewisses Standing im Unternehmen und Lebenserfahrung<br />
braucht, um solche Prozesse in der internen Firmenpolitik<br />
durchsetzen zu können. Sind die Erwartungen an<br />
die gegenwärtige Generation da nicht zu hoch gesteckt?<br />
Die Generation Z ist sehr ambivalent, viele wollen gerne<br />
Influencer werden – das heißt auch, dass sie allem Anschein<br />
nach einen Entrepreneurshipgeist haben. Das<br />
merken wir auch schon in Schulen, in denen wir Nachwuchsförderung<br />
betreiben. Daran kann man anknüpfen<br />
und ihnen das Denk- und Handwerkszeug vermitteln,<br />
um dieses Ziel zu realisieren. Dafür brauchen sie Vertrauenswürdigkeit,<br />
Glaubhaftigkeit, Überzeugungskraft<br />
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