faktor Winter 2023/24
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wissen<br />
WELCHE BEDEUTUNG HAT DIE GESELLSCHAFTSFORM GBR?<br />
Die GbR ist der Prototyp aller Personengesellschaften. Das Recht der GbR ist im<br />
Zweifel auch auf alle anderen Personengesellschaften (z. B. KG) anwendbar. Eine<br />
GbR entsteht bereits, wenn zwei Personen sich mit dem Ziel zusammenschließen,<br />
einen gemeinsamen Zweck zu verfolgen. Welcher Zweck dies ist, ist vollkommen<br />
gleichgültig. Einer schriftlichen Vereinbarung bedarf es ebenso wenig wie eines<br />
Stammkapitals. So ist eine GbR schnell – teils unbewusst – gegründet.<br />
GbRs begegnen uns in den unterschiedlichsten Bereichen: vom Zusammenschluss<br />
von Architekten, Handwerkern, Ärzten, Rechtsanwälten usw., über die Vereinbarung<br />
zur gemeinsamen Durchführung eines Bauvorhabens („ARGE“), hin zu<br />
rein vermögensverwaltenden GbRs, vor allem Immobilien-GbRs. Steuerlich erfasst<br />
sind in Deutschland etwa 500.000 GbRs. Jede einzelne ist vollständig geprägt durch<br />
die persönlichen Bande der Gesellschafter. Soziologisch gesehen ist diese historische<br />
GbR eher eine Reisegruppe als eine Unternehmensgesellschaft.<br />
WAS ÄNDERT SICH?<br />
Um es vorwegzunehmen, die neue GbR ist eine „echte“ Gesellschaft. Wesentlichste<br />
Änderung ist die Möglichkeit, die GbR durch notarielle Anmeldung in das neu geschaffene<br />
Gesellschaftsregister eintragen zu lassen, um so zum einen die Sichtbarkeit<br />
im Geschäftsverkehr, aber auch das Vertrauen von Geschäftspartnern in die<br />
Gesellschaft zu stärken. Eine Eintragungspflicht besteht auch ab dem 01.01.20<strong>24</strong><br />
offiziell nicht; aber immer dann, wenn die GbR Eigentümerin von Immobilien ist<br />
oder Anteile an anderen Gesellschaften hält, ist die Eintragung in das Gesellschaftsregister<br />
faktisch obligatorisch, da Änderungen der Eigentumsverhältnisse nur noch<br />
bei der eingetragenen GbR (eGbR) möglich sind.<br />
Hintergrund der Regelungen zum Gesellschaftsregister ist die nunmehr ebenfalls<br />
gesetzlich verankerte volle Rechtsfähigkeit der GbR. Das bedeutet, die GbR selbst<br />
(und nicht deren Gesellschafter) schließt die Verträge, sie hält das Vermögen und sie<br />
ist die Teilnehmerin am Geschäftsverkehr.<br />
In diesen Umbruch reiht sich auch die Änderung zum Fortbestand der GbR beim<br />
Ausscheiden eines Gesellschafters ein. Bislang galt, dass die GbR (sofern im Gesellschaftsvertrag<br />
nicht anders geregelt) mit Ausscheiden eines Gesellschafters, z. B.<br />
durch dessen Kündigung oder Tod, aufgelöst wird. Zur weiteren Verselbstständigung<br />
der GbR wird dieses Prinzip nun aufgegeben.<br />
ZUR PERSON<br />
Paul-Marten Seekamp ist als Rechtsanwalt<br />
bei Lampe legal Anwaltsgesellschaft<br />
und Notare in Göttingen tätig. Seine<br />
Schwerpunkte sind: Handels- und Gesellschaftsrecht,<br />
Compliance sowie Wirtschafts-<br />
und Steuerstrafrecht.<br />
KONTAKT<br />
Lampe legal<br />
Anwaltsgesellschaft und Notare<br />
Recht für Unternehmen und Vermögen<br />
Bahnhofsallee 6<br />
37081 Göttingen<br />
Tel. 0551 5474921<br />
info@lampe-legal.de<br />
www.lampe-legal.de<br />
WAS IST ZU TUN?<br />
Als Berater empfehlen wir Folgendes:<br />
1. Um die rechtlichen Möglichkeiten der neuen GbR zu nutzen, sollten bestehende<br />
GbRs unbedingt ins Gesellschaftsregister eingetragen werden.<br />
Neue GbRs sollten von vornherein notariell als eGbRs gegründet werden.<br />
2. Die neue GbR hat sich der juristischen Person, z. B. GmbH, angenähert<br />
und bietet damit weitergehende Gestaltungsmöglichkeiten als bislang.<br />
Sie sollte deshalb, sofern eine juristische Person gemieden werden soll,<br />
wesentlich aktiver angenommen werden, vor allem bei der Vermögensverwaltung.<br />
3. Der Tod eines Gesellschafters führt nicht mehr automatisch zur Auflösung<br />
der GbR und damit zur Zerstörung des Gesellschaftsvermögens.<br />
Das ist gut. Dennoch verbleibt ein weiter Spielraum für individuelle interessengerechte<br />
Regelungen im Gesellschaftsvertrag (Geschäftsführung,<br />
Stimmverhalten, Veräußerung, Tod usw.), wovon unbedingt Gebrauch<br />
gemacht werden sollte.<br />
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