faktor Winter 2023/24
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mensch<br />
FOTOS: UNIVERSITÄTSARCHIV GÖTTINGEN, MATH.-NATH. PROM. 27, NR. 5 © NIEDERSÄCHSISCHE STAATS- UND UNIVERSITÄTSBIBLIOTHEK GÖTTINGEN<br />
LESETIPP<br />
Das Buch ,J. Robert Oppenheimer‘ von Kai<br />
Bird und Martin J. Sherwin bietet einen guten<br />
Einblick in das Leben des einflussreichen<br />
Atomwissenschaftlers. Die Autoren präsentieren<br />
nicht nur eine detaillierte Darstellung<br />
seiner wissenschaftlichen Beiträge, sondern<br />
beleuchten auch seine persönlichen<br />
Herausforderungen und politischen Kontroversen.<br />
Durch gründliche Recherche und den<br />
Zugang zu bisher unveröffentlichten Quellen<br />
gelingt es Bird und Sherwin, ein nuanciertes<br />
Porträt dieses komplexen Mannes zu<br />
zeichnen. "J. Robert Oppenheimer" ist eine<br />
anspruchsvolle, aber äußerst lohnende<br />
Biografie, die nicht nur<br />
Wissenschaftsinteressierte, sondern auch<br />
geschichtlich interessierte Leser begeistern<br />
wird. Sie diente auch als Inspiration und<br />
Grundlage für den <strong>2023</strong> erschienenen Film<br />
,Oppenheimer‘ von Regisseur Christopher<br />
Nolan.<br />
Ein Brief des Dekan an das Ministerium mit Empfehlungen von<br />
Max Born<br />
sich allerdings entschuldigen muss, da sie sich um das<br />
Neugeborene zu kümmern hat. Oppenheimer bezeichnet<br />
diese Muttersorge recht unsensibel und abschätzig als<br />
„Bauerpflichten“.<br />
Born, der bei seinen Studenten als ein ungewöhnlich<br />
freundlicher und geduldiger Lehrer gilt, stellt sich als<br />
idealer Mentor für den recht sensiblen und sozial unbeholfenen,<br />
aber gleichzeitig genialen Oppenheimer heraus.<br />
Dieser stürzt sich begeistert in seine Forschungen,<br />
tritt vielen dabei jedoch auf die Füße. Er unterbricht<br />
nicht nur Kommilitonen, sondern auch Dozenten in ihren<br />
Vorträgen und geht bisweilen nicht selten sogar<br />
selbst an die Tafel, um den seiner Meinung nach besseren<br />
Lösungsweg zu präsentieren. Dies führt schnell zu<br />
Unmut unter den Studierenden, und es kommt sogar so<br />
weit, dass eine Gruppe von ihnen eine Petition mit der<br />
Ankündigung verfasst, sie würden das Seminar boykottieren,<br />
wenn die Unterbrechungen durch Oppenheimer<br />
nicht aufhörten. Die Wortführerin dieser Gruppe ist keine<br />
geringere als Maria Göppert, die spätere Nobelpreisträgerin<br />
für Physik von 1963.<br />
Born sieht sich mit dieser unangenehmen Situation<br />
konfrontiert, möchte es jedoch vermeiden, seinen Studenten<br />
direkt darauf anzusprechen. Stattdessen lässt er<br />
die Petition offen auf seinem Schreibtisch liegen. Dort<br />
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