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faktor Winter 2023/24

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Wohnort Oppenheimers im Haus des Arztes Günther Cario während seiner Zeit in Göttingen am heutigen Geismartor 4<br />

kurz darauf eine Depression auslösen. Auch seine Reise<br />

nach England, wo er sich der experimentellen Physik unter<br />

Niels Bohr in Cambridge zuwendet, kann ihn nicht<br />

aus seiner verzweifelten Lage befreien – vielmehr hat er<br />

zeitweise mit Selbstmordgedanken zu kämpfen.<br />

OPPENHEIMERS ZEIT IN GÖTTINGEN<br />

In dieser schwierigen Zeit erreicht ihn eine Einladung<br />

des renommierten Professors der Universität Göttingen,<br />

Max Born. Der Inhaber des Lehrstuhls der Theoretischen<br />

Physik wird durch Aufsätze von Oppenheimer<br />

auf diesen aufmerksam und ist erpicht darauf, den jungen<br />

Mann in Göttingen promovieren zu sehen. Da die<br />

Stadt zu der Zeit international den Ruf genießt, ,Pilgerstätte‘<br />

für die theoretische Physik zu sein, überlegt<br />

Oppenheimer nicht lange und folgt der Einladung Max<br />

Borns, was unter anderem auch an dessen Forschungen<br />

selbst liegt.<br />

Oppenheimer erreicht im Oktober 1926 Göttingen<br />

und ist von der Stadt und ihrer Universität, dem internationalen<br />

Zentrum der theoretischen Physik, begeistert.<br />

„Die Naturwissenschaften sind hier viel besser als in<br />

Cambridge und im Ganzen vermutlich besser als irgendwo<br />

sonst“, schreibt der junge Student, der zur Untermie-<br />

te im Haus des Göttinger Arztes Günther Cario am heutigen<br />

Geismartor 4 wohnt, an einen Freund.<br />

,Oppie‘, wie Oppenheimer von seinen Kommilitonen<br />

genannt wird, beeindruckt auch in Göttingen durch<br />

seine überdurchschnittliche Intelligenz und Auffassungsgabe.<br />

Auffallend ist aber auch, dass es ihm anders als<br />

vielen anderen Studenten nicht an finanziellen Mitteln<br />

mangelt. Seine Kommilitonin Charlotte Riefenstahl etwa<br />

bemerkt seine edle Schweinsledertasche und seine teuren<br />

Anzüge – außerdem beginnt er im Laufe seines Aufenthalts<br />

in Göttingen, exzessiv Tabak zu konsumieren.<br />

OPPENHEIMER IST SICH AUCH NICHT ZU SCHADE,<br />

seine Studienfreunde ab und an zum Abendessen einzuladen.<br />

Allerdings haben diese die Gespräche in gemischter<br />

Erinnerung. Einerseits sind viele von seinem Scharfsinn<br />

und seinem Charisma beeindruckt, wenn nicht sogar<br />

eingeschüchtert, andererseits neigt Oppenheimer oft<br />

dazu, seinem Gegenüber mitten im Satz das Wort abzuschneiden.<br />

Für ,Banalitäten‘ hat er keinen Sinn. Dabei<br />

geht er mit seinen Gesprächspartnern nicht immer besonders<br />

feinfühlig um. Ein Kommilitone erinnert sich<br />

beispielweise, wie er, seine Frau und ,Oppie‘ sich einmal<br />

zu einem Spaziergang verabredet hatten, seine Frau<br />

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