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Storia locale - Tuttapovo

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SECHSTES KAPITEL<br />

Reisen, die Welt sehen, das hatte sich Giuseppe immer gewünscht. Er klettrete bis zum<br />

kleinen Fenster hoch, um die Orte und Landschaften zu betrachten, an denen der Zug<br />

vorbeifuhr. In Bozen hielt der Zug. Die Waggons wurden geöffnet und es stiegen die<br />

Gendarmen ein. Alle jungen und noch rüstigen Männer mussten aussteigen, auch<br />

Giuseppe; es wurde das Alter überprüft. Er war glücklicherweise zu jung und konnte<br />

wieder einsteigen : wer älter als 17 war wurde militarisiert und in der Etappe eingesetzt.<br />

Sie bekamen etwas Wasser, dann fuhr der Zug wieder weiter. Neuer Halt in<br />

Franzensfeste und nochmals eine Inspektion der Waggons; dann kam der Brenner, wo die<br />

Lokomotive mit Wasser aufgetankt wurde und die Passagiere die Möglichkeit hatten zu<br />

trinken. Dann ging die Fahrt weiter.<br />

Der Zug war um 6 Uhr früh von Povo abgefahren und während der Zug nach Innsbruck<br />

hinabfuhr, fielen die ersten Abendschatten. Als derZug in den Bahnhof von Innsbruck<br />

einfuhr, stand die Uhr auf neun Uhr. Endlich bekamen sie eine Tasse warmen Tee und<br />

etwas Brot. Aus dem Rucksack von Giuseppe wurden der Braten und der Käse<br />

herausgenommen und still verzehrten sie etwas davon. Sie überlegten, wie sie wohl in<br />

dieser Dunkelheit und Kälte die Nacht verbringen würden. Der Zug fuhr weiter, durch die<br />

Gebiete Tirols, es war die erste Nacht fern von ihrem Heimathaus. Zusammengekauert<br />

versuchten sie zu schlafen; die Müdigkeit übermannte sie und trotz der stechend kalten<br />

Luft, die durch die Risse in der Brettewand hereinpfiff, gelang es ihnen etwas Schlaf zu<br />

finden.<br />

Bei Tagesanbruch wurde Giuseppe von Marie Teresa geweckt; unabsichtlich war sie<br />

durch ein Rucken des Zuges bei ihm angestossen. So zog er sich hoch zum Fenster und<br />

sah, dass sie eine ebene Landschaft mit angebauten Feldern und Ortschaften<br />

durchquerten. Es war schon fast Mittag, als sie in Salzburg ankamen. „ Erinnert ihr euch<br />

noch an die Erzählungen des Großvaters?“ fragte die Mutter „ Das ist Salzburg, hieher<br />

kamen die von Ochsen gezogenen Wagen, um für die ganze Stadt das Salz zu holen.“<br />

Wieder mussten sie aussteigen und eine Stunde lang gingen sie unter der brennenden<br />

Sonne den Geleisen entlang bis zu einer großen, verlassenen Fabrikhalle, wo sie eine<br />

Tasse Fleischbrühe und Brot bekamen. Mit weinenden Kindern und Diskussionen über die<br />

Dauer und die ertragenen Mühseligkeiten der Fahrt, aber besonders über das<br />

Unbekannte, das sie erwartete, verging der Tag. Weder konnte man die das Essen<br />

wärmen, noch sich umziehen. Nach der kalten Nacht hatten alle beim langen Marsch in<br />

der Hitze stark geschwitzt und nun mussten sie eine weitere Nacht auf dem Stroh in dieser<br />

Halle verbringen, nachdem sie mit der Suppe, die ihnen zum Abendessen ausgeteilt<br />

wurde, auch den letzten Proviant aufgezehrt hatten, den sie von zuhause mitgenommen<br />

hatten.<br />

Am nächsten Morgen kehrten alle zum Bahnhof zurück, wo in schneller Abfolge ständig<br />

Züge ein- und wieder abfuhren. Dann kam ihr Zug und wieder waren es Viehwagone, nur<br />

war diesmal das Stroh sauber. Sie fuhren mit anderen evakuierten Landsleuten weiter,<br />

die mit einem anderen Zug aus Rovereto gekommen waren. Die Fahrt ging ostwärts, längs<br />

der Donau, auf der Boote zusehen waren. Die Donau, dachte Giuseppe, die so bekannte<br />

Donau, die ganz Europa quert und durch Wien, der Hauptstadt des Reiches fließt. Sie<br />

fuhren an Linz vorbei und nach vielen Stunden erreichten sie Wien. Nie hatten sie sich<br />

eine so große Stadt vorgestellt, der Bahnhof war riesengroß, ein Gewirr von Menschen<br />

und Geleisen. Wieder hieß es aussteigen, es war eine weitere Verteilungsstelle. Hier ist<br />

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