Storia locale - Tuttapovo
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FÜNFZEHNTES KAPITEL<br />
Desiderio war damit beschäftigt, mit einer Mannschaft von ehemaligen Kriegsgefangenen<br />
eine Brücke über einen Bach zu bauen, um so den Einwohnern einer großen<br />
Landgemeinde zu ermöglichen, bequem die Stadt und die Eisenbahnstation zu erreichen,<br />
ohne durch den Bach zu waten, was auch nicht immer möglich war. Der Bau hatte sich<br />
schon mehrere Monate hingezogen und mit der Hilfe der dortigen Einwohner war er<br />
nunfast zu Ende geführt. Desiderio und seine Leute (nur drei kamen aus dem Trentino,<br />
zwei aus Ungarn und fünf waren Tschechen aus der Nähe von Brün, ungefähr sechzig<br />
Kilometer vom Ort seiner Familie ) waren sehr stolz auf ihr Werk. Sie hatten die Brücke<br />
ohne Hilfe von Ingenieuren und Planern gebaut.<br />
Desiderio war zwar ein guter Maurer, hatte aber noch nie eine Brücke gebaut, nicht<br />
gerade ein leichtes Unterfangen. Er hatte alles alleine organisieren müssen. Die Bauern<br />
hatten mit dem Ochsenwagen große Steine angeliefert. Geduldig hatten dann die<br />
ehemaligen Kriegsgefangenen mit Meisseln, die aus einem Bergwerk stammten, die<br />
Steine quadratisch zugehauen. Mit der Hilfe von Bauern, älterer Männer und besonders<br />
von Frauen wurden die Trockenziet ausnützend die Fundamente ausgehoben. Nicht<br />
aufzutreiebn war der Zement, um die Steine zu binden. Sie hatten aber nicht den Mut<br />
verloren: sie fanden Kalksteine und haben diese über ein Kochverfahren in Kalk<br />
umgewandelt. Desiderio hatte dieses Verfahren am Maranza-Hügel am Fuße des<br />
Marzolaberges in der sogenannten „calcara dei frati“ gesehen. Mit einer Mischung von<br />
nassem Kalk, Sand und Lehm hatten sie einen gut bindenden Mörtel für die zugehauenen<br />
Steine gefunden und errichteten damit die beiden Stützpfeiler der Brücke. Es musste nur<br />
noch das geeignete Holz aus den umliegenden Wäldern geschlagen werden.<br />
Sie schlossen das Birkenholz aus, da es zu weich und nur für Feinarbeiten geeignet war.<br />
Sie hatten dann kräftige, gerade hochgewachsene Kiefern ausgewählt. Diese mussten<br />
aber gegen die Einwirkungen der Feuchtigkeit geschützt werden. Sie woolten es mit dem<br />
Anbrennen versuchen, wie man es bei den Rebstützen machte; das war weder leicht ,<br />
noch wirksam. Eine junge Frau namens Sonja, die Deutsch sprach, wusste von einer<br />
Pfütze zu berichten, wo klebriges zähflüssiges Erdöl zutage kam. Sie begaben sich an<br />
den von Sonja angegebenen Ort , sammelten den Teer in Kübeln und bestrichen damit die<br />
von der Rinde befreiten Stämme. Dabei halfen Sonja und ihre Freundin Valenzina mit.<br />
Nach der unermüdlichen Arbeit mit den ehemaligen Gefangenen waren sie von Kopf bis<br />
Fuß beschmiert.<br />
Nachdem sie die Holzstämme verlegt, verbunden und mit Nägeln gefestigt hatten<br />
benützen sie das Birkenholz für die Feinarbeit. Mittlerweile war es kälter geworden und der<br />
Schnee hatte auch schon seine leisen Ankündigungen gegeben. Der Politkommissar lobte<br />
die Männer und teilte ihnen mit, dass das Dorf am nächsten Tag ein Fest für sie<br />
veranstalte, um ihnen zu danken. Desiderio dachte an Maria und seine Kinder; seit<br />
Monaten hatte er keine Nachrichten mehr von ihnen bekommen , es war der 2. November<br />
und der Krieg schien nie aufzuhören. Die Sehnsucht, sie alle in die Arme zu schließen,<br />
erschöpfte sich in der dumpfen Frage: Wann?<br />
Am nächsten Morgen weckte ihn ein heftiges Klopfen an der Barackentür. Zwei seiner<br />
Kameraden waren schon aufgestanden und auf Deutsch teilten sie ihm mit, dass drei<br />
Pferdewägen gekommen waren, um sie ins Dorf zu fahren. Eiligst machten sie sich<br />
zurecht und vor der Tür empfing sie ein herrlicher Morgen. Er hatte versucht aus den<br />
verbliebenen Kleidungsstücken, die besten anzuziehen, und den Rock zuknöpfend ging er<br />
zur Gruppe der wartenden Russen. Zu seiner Überraschung trat ihm ein schönes ,<br />
blondes Mädchen entgegen, das er nicht sofort wiedererkannte, aber dann fiel ihm die<br />
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