Storia locale - Tuttapovo
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Der Zug fuhr ein. Endlich alle gemeinsam auf der Heimfahrt. Sie waren nicht allei: ein<br />
Wirrwarr von Menschen bewegte sich in den Waggos, Flüchtlinge, Soldaten, alle bestrebt,<br />
in ihre ferne Heimat zurückzukehren. Der kleine Francesco war ganz aufgeregt, erhatte<br />
noch nie einen Zug gesehen. Er lachte und war fröhlich. Sie fanden zwei freie Sitzbänke<br />
und setzten sich nebeneinander.Aus dem Fenster schauten sie auf die Stadt, die langsam<br />
in die Ferne rückte, dann kam Eisenbrücke, die über das Tal der Taiaz führt. Immer<br />
kleiner wurden die Häuser und der Stadtturm bis sie verschwanden.<br />
Einige Stunden später, nachdem sie an einigen Vororten vorbeigefahren waren, tauchte<br />
Wien auf, die ehemalige Reichshauptstadt, eine alte und stolze Stadt, die sich der<br />
Niederlage noch nicht gebeugt hatte. Der Zug hielt kreischend an, sie stiegen aus, der<br />
Vater von Joseph und ein Kutscher warteten schon auf sie. Sie Standen am Ende des<br />
Bahnsteiges und winkten mit den Armen. Vater und Sohn umarmten sich. Mit einem<br />
herzlichen Händedruck begrüßten sich alle anderen. „ Endlich lernen wir uns kennen, Herr<br />
Bonvecchio, wir freuen uns, euch bei uns zu Besuch zu haben. Meine Frau erwartet uns<br />
zu Hause.“ „ Aber ich bitte Sie Herr Huber, ich bin Desiderio und das ist meine Frau<br />
Maria.“ „Danke, es macht mich glücklich. Auch für euch sind wir Fritz und Martha.“<br />
Nach den Vorstellungen gingen sie gemeinsam zur Kutsche, die Herr Fritz gemietet<br />
hatte. Es wurde das Gepäck aufgeladen und die Fahrt durch die alten Strassen von Wien<br />
begann. Auch in Wien herrschte Verwirrung und ein Durcheinander, das dieser Stadt<br />
nicht eigen war. Vor dem Gebäude angekommen, das Maria Teresa schon kannte, hielten<br />
sie an. Sie stiegen aus und ads ganze Gepäck wurde abgeladen und über die Stiegen<br />
hochgetragen. Oben erwartete sie Frau Martha; in der Diele umarmte sie ihren Sohn und<br />
seine Verlobte: „Jetzt, wo ihr endlich da seid, bin ich glücklich und nichts macht mir mehr<br />
Angst. Aber kommt herein und lasst euch mit den Koffern helfen!“ Desiderio, Maria und<br />
Giuseppe bewunderten ganz verzaubert die so elegant eingerichtete Wohnung, sie hatten<br />
selten etwas Ähnliches gesehen. Es war eine wirklich herrschaftliche Wohnung mit breiten<br />
Gängen , großen Räumen, einer getrennten Küche und vielen Schlafzimmern. Das ganze<br />
Haus in Urbau war nicht so groß wie diese Wohnung und das Gleiche galt wohl auch für<br />
ihr Haus in Oltrecastello.<br />
Auch Frau Martha wurden allen vorgestellt. Danach servierte diese mit der Hilfe der<br />
zukünftigen Schwiegertochter das Essen. Es gab eine schmackhafte Suppe, Würste mit<br />
Sauerkraut und dazu ein hervorragendes Bier. Nach dem Essen wurde über die Hochzeit<br />
gesprochen, die für nächsten Tag um elf Uhr in der katholischen, dem heiligen Stephan<br />
geweihten Kirche des Stadtviertels angesetzt war. Herr Fritz hatte alles schnellstens<br />
vorbereitet, denn am 11. November sollte ein italienischer Zug durch Wien fahren; mit<br />
altösterreichischer Beamtengenauigkeit hatte er auch schon die Fahrkarten bis<br />
Trient/Povo gelöst.<br />
Desiderio und Maria drängten lange, ihm das ausgelegte Geld zu erstatten, aber Fritz gab<br />
nicht nach und meinte, es sei ein Hochzeitsgeschenk. „ Ihr könnt euch nicht vorstellen, wie<br />
froh ich und meine Frau Martha sind. Wir werden nicht mehr allein in dieser großen<br />
Wohnung sein. Unsere Kinder Joseph und Teresa und bald auch Enkelkinder werden uns<br />
Gesellschaft leisten.“ Lange unterhielten sie sich über die Ereignisse des Krieges und über<br />
ihre persönlichen Erfahrungen. Desiderio hatte beschlossen, ein kleines Geheimnis nie<br />
preiszugeben und den kurzen Liebestraum mit der sanften Sonja für immer in seinem<br />
Herzen verschlossen zu halten. Er wollte seiner Frau nicht das Leben mit einer Geschichte<br />
verbittern, die keine Nachwirkungen mehr haben würde.<br />
Am Abend dann im Bett, nachdem der kleine Francesco eingeschlafen war, schmiegte<br />
sich Maria mit Tränen in den Augen an Desiderio. „ Warum weinst du denn, Maria? Auch<br />
ich bin traurig, wenn ich daran denke, dass ich meine erst wiedergefundene Tochter<br />
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