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Storia locale - Tuttapovo

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Baracken mit Stacheldraht umzäunt. Ein Gefangener, kein Soldat mehr, was wird wohl<br />

geschehen?<br />

Mit dem Frühling war für die Bauern in Urbau auch die Arbeit gekommen. Giuseppe war<br />

auf dem Gutshof wieder voll im Einsatz. Die Felder mussten bestellt, die Reben<br />

geschnitten und die Wiesen gedüngt werden. Die beiden Frauen halfen bei der Feldarbeit<br />

und erhielten dafür Lebensmittel. So konnte Maria einen Großteil der Beihilfe einsparen;<br />

diese Ersparnisse sollten nach der Rückkehr in die Heimat hilfreich sein. Wenn sie ihrem<br />

Mann schrieb, steckte sie manchmal einen Geldschein in den Brief. Sie hatte gehört, dass<br />

die verlassenen Häuser von Soldaten geplündert wurden und sie wusste, dass der<br />

Wiederbeginn nich leicht sein würde.<br />

Sicher, Desiderio hätte arbeiten müssen; für ihn als Maurer wäre das nicht schwer<br />

gewesen, denn es waren ja viele Gebäude wieder aufzurichten. Maria dachte an ihren<br />

Mann, der nach dem Krieg wieder von vorne beginnen musste, glücklicherweise seien die<br />

Kinder schon groß und könnten mithelfen. Aber dann dachte sie, dass es jetzt einmal<br />

wichtig ist , dass er heil aus dem Krieg heimkehren konnte.<br />

Seit mehreren Monaten schon hatte sie von ihrem Mann keine Briefe mehr erhalten und<br />

Joseph hatte ihr erzählt, dass eine große russische Gegenoffensive im Gang war. Maria<br />

war sehr besorgt, wenngleich sie versuchte, es den Kindern nicht zu zeigen. Dazu kam<br />

noch, dass sie die Gewissheit hatte, nach dem letzten Besuch ihres Mannes schwanger<br />

geworden zu sein. Einige Zeit später am zweiten Sonntag des Juni nannte der öffentliche<br />

Ausrufer den Namen von Desiderio unter den vermissten Soldaten; wahrscheinlich war in<br />

russischer Gefangenschaft. Das war für alle ein harter Schlag, wenngleich die Hoffnung<br />

bestand, dass er irgendwo im weiten Russland noch am Leben war und vor weiteren<br />

Kämpfen sicher.<br />

Desiderio war erst einige Tage im Lager, als er zur Lagerkommandatur gerufen wurde. Mit<br />

Hilfe eines italienischen Übersetzers wurde er nach seinen Beruf im Zivilleben gefragt. Als<br />

der Kommandant erfuhr, das er Maurer war, zeigte er sich zufrieden und setzte seinen<br />

Namen in ein besonderes Verzeichnis. Am Tag darauf wurde er gerufen und mit weiteren<br />

fünf Gefangenen, zwei Böhmen und drei Ungarn, zur Villa eines Gutsbesitzers begleitet.<br />

Für das Wirtschaftsgebäude sollten sie einen neuen Stall mit Heustadel errichten.<br />

Nach langer Zeit konnte er wieder seinen eigentlichen Beruf ausüben. Durch den<br />

Übersetzer verlangte er das nötige Werkzeug wie Maurerkelle und Schaufel und das<br />

Baumaterial und natürlich auch Kalk für den Mörtel. Der russische Gutsbesitzer war ein<br />

Graf aus einem alteingessessenen Adelsgeschlecht; er war um die fünfzig,<br />

großgewachsen mit graumelierten Haaren; er war nach europäischer Art gekleidet und<br />

trug einen grauen Anzug und einen schwarzen Hut. Die Gräfin war in mittleren Jahren, ihr<br />

langes, blondes Haar war mit einem Seidenband gesammelt, sie trug ein weisses, weites<br />

und dekolletiertes Kleid.<br />

Am Gutshof lebten mehrere ältere Bauern, Frauen und sehr viele Kinder. Es fehlten die<br />

jüngeren kräftigen Männer, die an die Front geschickt worden waren. Er arbeitete gerne<br />

und die Bauern behandelten ihn gut. Das Essen war ausreichend und halbwegs gut. Am<br />

Abend mussten sie in das Lager zurückkehren und in den Baracken schlafen. Seine erste<br />

Sorge galt seinen Familienangehörigen; er wollte ihnen einen Brief schreiben, um sie über<br />

seine Lage zu unterrichten. Er hoffte diesen Brief auf die andere Seite der Front schicken<br />

zu können, was kein leichtes Unterfangen war.<br />

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