Storia locale - Tuttapovo
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DRITTES KAPITEL<br />
Die Familie von Desiderio lebte anständig und würdevoll vom Maurerlohn und vom<br />
kleinen Feldstück in Selva di Oltrecastello. Desiderio arbeitete in Trient am Bau einer<br />
großen Villa, vorher war er beim Festungsbau in Celva tätig gewesen; nun waren dort die<br />
Arbeiten fast abgeschlossen. Francesco hatte den Auftrag, dem Vater zu Mittag das<br />
Essen zu bringen. Dazu musste er 16 Kilometer zu Fuß zurücklegen; er nutzte die<br />
Gelegenheit, um etwas dazu zu verdienen, indem er zwei weiteren Arbeitern das Essen<br />
brachte. Maria Teresa half der Mutter bei der Betreuung von Giuseppe und führte die<br />
beiden Ziegen auf die Weide, nachdem sie die Volksschule besucht hatte.<br />
Giuseppe wuchs gesund und kräftig heran, er hatte nur ein Jahr lang den Kindergarten<br />
besucht und im Herbst 1906 kam er in die Volksschule. Francesco hatte das sechste<br />
Schuljahr abgeschlossen und war bei einem Bäcker in der Stadt beschäftigt. Erhatte die<br />
Aufgabe , zu Fuß oder mit dem Fahrrad das Brot zu zustellen .<br />
Für Giuseppe war die Schule ein neues Erlebnis. Schnell hatte er die Grundstriche und<br />
das Schreiben der ersten Wörter erlernt. Erbegann auch die italienische Hochsprache zu<br />
lernen, da zu Hause nur der trientner Dialekt gesprochen wurde. Österreich erlaubte es<br />
den Minderheiten, die jeweilige Muttersprache zu unterrichten und diese auch in den<br />
amtlichem Beziehungen zu benutzen.<br />
( Bild S. 14 : Der Salè-Bach im Dorfzentrum von Povo anfang 20.Jhd. )<br />
Im Laufe der folgenden Schuljahre erzählte ihm der Lehrer, ein nicht besonders großer,<br />
barscher Mann um die Vierzig, mit dem klassischen aufgezwirbelten Schnurrbart, von der<br />
Größe des österreich-ungarischen Kaiserreiches. Giuseppe begeisterte sich sofort für<br />
Geschichte und Geographie. Er erfuhr von Jahr zu Jahr, wie sich der Vielvölkerstaat mit<br />
seinen verschiedenen Sprachen und Kulturen herausgebildet hatte, von den fernen<br />
Ebenen Polens bis hin zur damatinischen Küste. Die historischen Ereignisse brachten den<br />
Jungen zum Träumen; er wähnte sich ein Anführer von Heeren, während er die Ziegen auf<br />
den Hängen des Monte Celva zur Weide führte und er fragte sich , ob er eines Tages die<br />
Provinzen des Reiches würde bereisen können oder in das angrenzende Reich gelangen,<br />
wo seine Sprache gesprochen wird.<br />
Die Bauern und Arbeiter schätzten die österreichische Regierung, auch weil sie eine klare<br />
Bestätigung hatten, dass sie über einen höheren Lebensstandard verfügten als im<br />
angrenzenden italienischen Reich. Anders die Adeligen und Reichen; diese teilten den Ruf<br />
nach einer italienischen Nation und wünschten die Annexion des Trentino an Italien. Ein<br />
Beweis dieses relativen Wohlstandes waren die sogenannten “Ciode”; das waren<br />
Mädchen und Frauen im Alter zwischen 10 und 26 Jahren, die zum Josefitag aus dem<br />
angrenzenden, zu Italien gehörenden Gebiet von Belluno ins Trentino kamen und zu<br />
Allerheiligen wieder zrückkehrten.Sie wurden “Ciode” genannt, weil sie beim Reden sehr<br />
oft das Wort “ciò” gebrauchten. Sie kamen aus Not ins Trentino, sie mussten arbeiten ,um<br />
einen kleinen Zuverdienst zu haben. Oft brachten sie auch ihre Kinder mit.<br />
Der Lohn schwankte zwischen einer Krone und einer Krone und 60 Pfennige, dazu kamen<br />
Verpflegung und Unterkunft, die ihnen der Lohnherr im Stadel des Hofes gewährte; ohne<br />
Unterkunft und Verpflegung war er etwas höher zwischen einer Krone und 60 Pfennige bis<br />
zu zwei Kronen.<br />
In Erwartung einer Anstellung oder bei zeitweiliger Beschäftigung ohne Unterkunft wurden<br />
sie im “Nachtasyl für italienische Einwanderinnen” untergebracht, das von der<br />
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