Nanotechnologie in Lebensmitteln - DLR Online: Deutsche ...
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1<br />
„Parmesan“, e<strong>in</strong>getragene Bezeichnung, Verwechselungsgefahr, „Parmigiano Reggiano“,<br />
Gattungsbezeichnung, Unterlassung, Schadensersatz<br />
LG Berl<strong>in</strong>, Urteil vom 22.04.2008 – 102 O 130/06<br />
UWG § 8 III Nr. 2; MarkenG § 135 I; Verordnung (EG)<br />
510/2006 Art. I<br />
[…]<br />
LG Berl<strong>in</strong>, Urteil vom 22.04.2008 – 102 O 130/06 «<br />
1. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung e<strong>in</strong>es vom<br />
Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden<br />
Ordnungsgeldes, und für den Fall, dass dieses nicht<br />
beigetrieben werden kann, e<strong>in</strong>er Ordnungshaft oder e<strong>in</strong>er<br />
Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im<br />
E<strong>in</strong>zelfall höchstens € 250.000,00; Ordnungshaft <strong>in</strong>sgesamt<br />
höchstens zwei Jahre, Ordnungshaft zu vollziehen an<br />
den Geschäftsführer) zu unterlassen,<br />
e<strong>in</strong>en Käse unter der Bezeichnung „Parmigiano“ oder<br />
„Bio-Parmesan“ oder „Parmesan“ herzustellen, zu bewerben,<br />
feil zu halten oder <strong>in</strong> Verkehr zu br<strong>in</strong>gen, wenn dieser<br />
nicht den Spezifikationen der EU-Verordnung 510/2006<br />
entspricht und nicht im Ursprungsgebiet der EU-Verordnung<br />
hergestellt worden ist.<br />
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.<br />
2. Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Kläger<strong>in</strong> 1/5<br />
und die Beklagte 4/5 zu tragen.<br />
3. Das Urteil ist für die Kläger<strong>in</strong> gegen Sicherheitsleistung<br />
<strong>in</strong> Höhe von 60.000,00 € vorläufig vollstreckbar, für die<br />
Beklagte gegen Sicherheitsleistung <strong>in</strong> Höhe von 110 % des<br />
beizutreibenden Betrages.<br />
Tatbestand:<br />
Die Kläger<strong>in</strong>, bei der es sich um e<strong>in</strong>en geme<strong>in</strong>nützigen<br />
Zusammenschluss von Käseherstellern aus der norditalienischen<br />
Region um Parma und Reggio Emilia <strong>in</strong> Form<br />
e<strong>in</strong>er Genossenschaft italienischen Rechts handelt, nimmt<br />
die Beklagte wegen der Nutzung der Bezeichnung „Parmesan“<br />
für deren Produkte auf Unterlassung, Auskunftserteilung<br />
sowie die Feststellung des Bestehens von Schadensersatzansprüchen<br />
<strong>in</strong> Anspruch. Die Beklagte ist e<strong>in</strong> im Allgäu<br />
ansässiger Hersteller verschiedener Käsesorten, die bundesweit<br />
im E<strong>in</strong>zelhandel angeboten werden. Sie bietet unter<br />
anderem Hartkäse im Stück und gerieben als „Parmesan“<br />
sowie als „Bio-Parmesan“ an.<br />
Die Kläger<strong>in</strong> verwaltet die gemäß der ehemaligen EG-Verordnung<br />
2081/92 geschützte Ursprungsbezeichnung „Parmigiano<br />
Reggiano“ und überwacht die E<strong>in</strong>haltung der für<br />
die Herstellung von unter dieser Bezeichnung <strong>in</strong> den Handel<br />
gelangenden Käse vorhandenen Standards und Vorgaben.<br />
Sie ist bei der EU-Kommission für die Ursprungsbe-<br />
zeichnung „Parmigiano Reggiano“ als Kontrollorgan e<strong>in</strong>getragen.<br />
Die EG-Verordnung 2081/92 ist zwischenzeitlich durch<br />
die EG Vorordnung 510/2006 ersetzt worden, womit <strong>in</strong>haltliche<br />
Änderungen betreffend die geschützten Bezeichnungen<br />
und die hieraus folgenden Ansprüche aber nicht<br />
verbunden waren.<br />
Als „Parmigiano Reggiano“ darf e<strong>in</strong> Lebensmittel nur <strong>in</strong><br />
den Verkehr gebracht werden, wenn es im Ursprungsgebiet<br />
hergestellt wurde und mit der Spezifikation übere<strong>in</strong>stimmt.<br />
So darf bereits nur die Rohmilch von Kühen aus dem räumlich<br />
fest umrissenen Ursprungsgebiet stammen, was auch<br />
für die verwendeten Futtermittel gilt. Erfolgt der Vertrieb<br />
<strong>in</strong> geriebener Form, muss der Käse zudem im Ursprungsgebiet<br />
gerieben und dort verpackt werden, wie sich aus<br />
Art. 1 des Erlasses des italienischen M<strong>in</strong>isterpräsidenten<br />
vom 4. November 1991 ergibt.<br />
Die Kläger<strong>in</strong> erwarb im Jahre 2003 im Handel e<strong>in</strong> von der<br />
Beklagten unter der Bezeichnung „Parmesan“ hergestelltes<br />
Produkt und reichte bei der EU-Kommission Beschwerde<br />
e<strong>in</strong>, was zu e<strong>in</strong>em gegen die Bundesrepublik Deutschland<br />
gerichteten Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof<br />
(EuGH) führte, welches das Geschäftszeichen C-132/05<br />
trug. Der EuGH wies die Verletzungsklage mit Urteil vom<br />
26. Februar 2008 ab, nahm <strong>in</strong> dieser Entscheidung aber<br />
Stellung zur Frage der Zulässigkeit der Verwendung der<br />
Bezeichnung „Parmesan“ für Käse, der nicht im für die<br />
Bezeichnung „Parmigiano Reggiano“ maßgeblichen Ursprungsgebiet<br />
hergestellt worden ist. Die Bundesregierung<br />
hatte <strong>in</strong> dem Verfahren die Auffassung vertreten, dass es<br />
sich bei „Parmesan“ um e<strong>in</strong>e re<strong>in</strong>e Gattungsbezeichnung<br />
handelt, die aus diesem Grunde nicht <strong>in</strong> den Anwendungsbereich<br />
der Verordnung 2081/92 fallen könne.<br />
Die Kläger<strong>in</strong> ist der Auffassung, nach der Entscheidung des<br />
EuGH stehe fest, dass die Verwendung der Bezeichnung<br />
Parmesan für nicht aus dem Ursprungsgebiet stammenden<br />
Käse e<strong>in</strong>e Verletzung der geschützten Ursprungsangabe<br />
„Parmigiano Reggiano“ darstelle.<br />
Bei der von der Beklagten verwendeten Bezeichnung Parmesan<br />
handele es sich objektiv um e<strong>in</strong>e Übersetzung des<br />
häufig schlagwortartig auch „Parmigiano“ genannten<br />
„Parmigiano Reggiano“. Die Übersetzung sei nachweisbar<br />
über die französische Sprache erfolgt, wobei auch die Beklagte<br />
– zutreffender Weise, wie sich aus Wörterbüchern<br />
ergebe – Parmesan und Parmigiano als Übersetzungen verwende,<br />
wie die italienischsprachige Fassung ihres Internetauftritts<br />
zeige. Auch der durchschnittliche und verständige<br />
» November/Dezember 2008 | <strong>DLR</strong>