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Themen, Referenten, Materialien - Netzwerk Recherche

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Wie haben Sie das Zusammenspiel zwischen den aktuellen Redaktionen und den Fachredaktionen bzw.<br />

Wissenschaftsjournalisten empfunden? Wo besteht Verbesserungsbedarf?<br />

Die Öffentlichkeit hat ein berechtigtes Interesse an Informationen über den Unfallhergang, die Wirkung von<br />

Strahlen etc. Vollkommen unabhängig davon stellt sich allerdings die Frage nach den politischen/ökonomischen<br />

Konsequenzen von Unfällen a la Fukushima. Fällt die Auseinandersetzung damit in die Domäne von<br />

„Wissenschaftsjournalisten“ – oder in die der aktuellen („ahnungslosen“?) Berichterstattung? Es darf m.E. nicht<br />

sein, dass die Abteilung Aktuelles fachlich Defizite hat. Genau die hat sie aber aktuell.<br />

--<br />

JEANNE RUBNER:<br />

Wie unterscheidet sich Ihrem Eindruck nach die Berichterstattung über Fukushima von der Berichterstattung über<br />

Tschernobyl?<br />

Schwer zu sagen, weil ich damals Lesende und nicht Gestaltende war. Zu Fukushima gab es sicher mehr fundierte<br />

Berichte, erstens, weil der Wissenschaftsjournalismus professioneller geworden ist und zweitens, weil die<br />

Japaner mehr Informationen geliefert haben als die Sowjets. Daher: fundierter, profunder und vielseitiger.<br />

Welche Rolle spielte dabei die seit Mitte der 80er Jahre veränderte Medienlandschaft (auch im Hinblick auf das<br />

Internet und social media)? Wie hat sich die „Halbwertszeit“ von Nachrichten verändert?<br />

Vor allem das Internet erlaubt es, sehr schnell an Informationen heranzukommen und sie aufzuschreiben.<br />

Teilweise waren wir in München schneller als der Kollege in Japan, der dort zu einer Pressekonferenz gegangen<br />

ist (Japan ist ohnehin etwas speziell, weil viele Websites nur auf Japanisch sind). Das Netz beschleunigt die<br />

Nachrichten und verringert deshalb deren Halbwertszeit, aber fördert gewissermaßen auch das Abschreiben und<br />

das Mainstreaming der Medieninhalte.<br />

Hat sich die Qualität der Berichterstattung der klassischen Medien im Vergleich verbessert oder haben die<br />

Medien „aus Tschernobyl nichts gelernt“?<br />

Wissenschaftsjournalismus ist vor allem in den neunziger Jahren professioneller geworden – das Bewusstsein<br />

dafür, dass das notwendig ist, ist bereits in den Achtzigern entstanden. Ob das eine Folge von Tschernobyl war,<br />

kann ich nicht sagen. Aber es hat sich auf die Berichterstattung über Fukushima ausgewirkt.<br />

Wie bewerten Sie die schnelle Fokussierung auf innenpolitische <strong>Themen</strong> rund um deutsche Kernkraftwerke<br />

/ AKW? Bestand hier Nachholbedarf nach der zuvor eher zurückhaltenden Mediendebatte um eine<br />

Laufzeitzeitverlängerung?<br />

Die Berichterstattung über Fukushima war eher politisch getrieben als medial. In diesem Fall hat die Politik<br />

das Thema gesetzt. Da die Deutschen ein spezielles Verhältnis zur Kernkraft haben, war zwar klar, dass die<br />

Fokussierung sich sehr schnell auf Deutschland richten würde. Logisch ist das nicht, da sich aus dem Unfall von<br />

Fukushima und seiner Bewältigung nicht auf die Gefahr von Flugzeugabstürzen folgern lässt, die zuvor kaum<br />

thematisiert wurde. Aber in dem Moment, als die Union beschlossen hat, dass Kernkraft zu gefährlich ist, und<br />

Merkel höchstpersönlich das Restrisiko als zu hoch eingestuft hat, gab es keine Atom-Befürworter mehr. Die<br />

Kernschmelze hat da einen Hebel umgelegt.<br />

Wie haben Sie das Zusammenspiel zwischen den aktuellen Redaktionen und den Fachredaktionen bzw.<br />

Wissenschaftsjournalisten empfunden? Wo besteht Verbesserungsbedarf?<br />

Die Zusammenarbeit zwischen aktuellen und fachlichen Redaktionen klappt gut. Das liegt daran, dass die SZ<br />

seit etlichen Jahren viele Wissenschaftsthemen im Politikteil behandelt und die Wissenschaftsredakteure viel<br />

„für vorne“ schreiben. Sie sind nicht mehr die Exoten und Spezialisten, die man tunlichst nicht mit Aktuellem<br />

betrauen sollte.<br />

--<br />

RANGA YOGESHWAR<br />

Wie unterscheidet sich Ihrem Eindruck nach die Berichterstattung über Fukushima von der Berichterstattung über<br />

Tschernobyl?<br />

Im Kontext von Tschernobyl machte ich meine ersten Schritte vor der Kamera. Damals gab es kein oder kaum<br />

Privatfernsehen, kein Internet und die Reaktionszeit des TV war langsam. Aus Tschernobyl gab es kaum Bilder.<br />

Heute leben wir in einer medialen Welt mit Online-Tickern, Facebook und Handyvideos. Dieses führt zu enormen<br />

Resonanzphänomenen. Alle berichten, überall Sondersendungen, Talkshows etc.<br />

Welche Rolle spielte dabei die seit Mitte der 80er Jahre veränderte Medienlandschaft (auch im Hinblick auf das<br />

Internet und social media)? Wie hat sich die „Halbwertszeit“ von Nachrichten verändert?<br />

Mir scheint, dass wir in den letzten Jahren immer häufiger Extremausschläge in den Medien beobachten<br />

(Sarrazin, Guttenberg etc.) . Häufig gibt es dabei eine sehr emotionale Vorgehensweise. Die wenigsten haben<br />

Sarrazins Buch gelesen oder sich im Detail mit der Plagiatsaffäre auseinandergesetzt. Eine besonnene Reflexion<br />

fehlt: Was z.B. ist aus der Bohrinsel „deep water horizon“ geworden? Wie geht es den Menschen in Haiti heute,<br />

ein Jahr nach dem Beben...<br />

Hat sich die Qualität der Berichterstattung der klassischen Medien im Vergleich verbessert oder haben die<br />

Medien „aus Tschernobyl nichts gelernt“?<br />

Man muss sich fragen: Nach welchen Kriterien erfolgt heute die Information? Sendet man, weil man mehr weiß<br />

oder vielleicht nur weil das Thema „in“ ist. In meinem Fall versuchte ich, anhand der vorliegenden Fakten ein<br />

möglichst präzises Bild zu erstellen, doch im allgemeinen Konzert der Apokalypse ist das nicht ganz einfach.<br />

Erstaunlicherweise ebbt die Berichterstattung danach schnell ab obwohl die Situation in Fukushima keinesfalls<br />

unter Kontrolle ist.<br />

Wie bewerten Sie die schnelle Fokussierung auf innenpolitische <strong>Themen</strong> rund um deutsche Kernkraftwerke<br />

/ AKW? Bestand hier Nachholbedarf nach der zuvor eher zurückhaltenden Mediendebatte um eine<br />

Laufzeitzeitverlängerung?<br />

Wenn ein mediales Thema erst einmal so hoch gekoch ist, fokussiert sich ohnehin alles darauf. Durch die<br />

mediale Dramatisierung gibt es auch kein zurück mehr. Politik, Wirtschaft und auch die Medien sind gezwungen,<br />

den einmal eingeschlagenen Weg fortzusetzen; man kann schwer im nachhinein relativeren. Die Politik hat<br />

dann versucht, mit dem Moratorium Zeit zu gewinnen. Ähnliche Phänomene sind nun in anderen Ländern zu<br />

beobachten – Deutschland ist also nur zum Teil ein Sonderfall. Gleichwohl ist die Sensiblität in Deutschland<br />

gegenüber dem Thema Kernernergie immer besonders hoch. So spielte in anderen Ländern in der initialen<br />

Berichterstattung der Tsunami selbst eine viel größe Rolle als bei uns.<br />

Wie haben Sie das Zusammenspiel zwischen den aktuellen Redaktionen und den Fachredaktionen bzw.<br />

Wissenschaftsjournalisten empfunden? Wo besteht Verbesserungsbedarf?<br />

Es gab einen gewaltigen Unterschied zwischen Print, Hörfunk und dem Fernsehen. Print und Hörfunk waren<br />

wesentlich besser aufgestellt. Dort waren viel mehr kompetente Wissenschaftsjournalisten präsent. Im TV fehlten<br />

die erklärenden Wissenschaftsjournalisten weitgehend und man landete oft bei mehr oder weniger geeigneten<br />

Experten, die dann eher als schmückendes Beiwerk einer laufenden Katastrophe angesehen wurden. Zudem<br />

ist die Einordnung einer Gefahr im Fernsehen besonders schwierig – das konnte man am Beispiel Fukushima<br />

sehr deutlich sehen. Gerade der Fall Fukushima zeigte, wie das Fernsehen zum Gefangenen seiner eigenen<br />

Mediengesetzte wurde.<br />

K3<br />

Freitag, 1. Juli, 17:30<br />

Schön, Euch zu haben – Was Pressesprecher über Journalisten denken<br />

Journalisten kommen ohne Vorbereitung zu Pressekonferenzen, hinterfragen die Sprechblasen der Pressesprecher<br />

nicht, wollen lieber Kugelschreiber als Antworten auf kritische Fragen. Wie viel Wahrheit steckt in diesem<br />

Klischee vom bequemen Informationsempfänger? Welche Beispiele und Gegenbeispiele gibt es? Ist die Schwäche<br />

der Journalisten die größte Stärke der PR-Profis? Pressesprecher berichten – und halten Journalisten den Spiegel<br />

vor.<br />

Mit: Gottlob Schober, Jens Rocksien, Nils Klawitter, Robert Ardelt, Tobias Korenke<br />

Leitfragen:<br />

Frei nach dem Motto „Schön Euch zu haben“ – Welche Charakteristika prägen Ihrem Erleben nach die Beziehung<br />

zwischen Journalisten und PR-Profis?<br />

Wie hat sich das Verhältnis beider Professionen aus Ihrer Wahrnehmung in den vergangenen Jahren entwickelt<br />

bzw. verändert?<br />

Das Klischee: Journalisten kommen ohne Vorbereitung zu Pressekonferenzen, hinterfragen die Sprechblasen der<br />

Pressesprecher nicht, wollen lieber Kugelschreiber als Antworten auf kritische Fragen. Wie viel Wahrheit steckt in<br />

diesem Klischee vom bequemen Informationsempfänger?<br />

Mit welchen Beispielen lassen sich – Ihrer Erfahrung nach – professionelle Schwächen der Journalisten<br />

veranschaulichen?<br />

Inwiefern lassen sich auch auf der Seite der Public Relations Fehlentwicklungen beobachten – und welche<br />

Gründe sehen Sie dafür?<br />

Wenn es nach Ihnen ginge: Welche drei Regeln für das Mit- und Gegeneinander würden Sie aufstellen bzw.<br />

wünschen Sie sich?<br />

--<br />

ROBERT ARDELT, Director Corporate Communications APCO Worldwide<br />

Frei nach dem Motto „Schön Euch zu haben“ – Welche Charakteristika prägen Ihrem Erleben nach die Beziehung<br />

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