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Themen, Referenten, Materialien - Netzwerk Recherche

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Die Infektionsepidemiologen sind in der Regel Human- oder Veterinärmediziner mit Berufserfahrung und<br />

spezieller Ausbildung in Epidemiologie. Es gibt auch ein spezielles Trainee-Programm, in dem epidemiologische<br />

Methoden und Ausbruchsuntersuchungen vermittelt werden. Eine wichtige Methode sind Fallkontrollstudien, das<br />

sind standardisierte Befragungen von Patienten und geeignteten gesunden Vergleichspersonen. Weiteres siehe<br />

auch Antwort auf Frage 1, erster Teil.<br />

Mit welchen anderen Instituten arbeitet das RKI zum Beispiel im Fall Ehec zusammen?<br />

Im Lebensmittelbereich: Bundesinstitut für Risikobewertung und Bundesamt für Verbraucherschutz.<br />

Gesundheitsseite: Landesgesundheitsministerien (vor allem „Seuchenreferenten“); Wissenschaftliche<br />

Fachgesellschaften (z.B. Deutsche Gesellschaft für Nephrologie, Deutsche Gesellschaft für Infektiologie),<br />

Krankenhäuser, Europäisches Zentrum für Krankheitskontrolle und Prävention, Weltgesundheitsorganisation,<br />

weitere internationale Experten z.B. CDC, Konsiliarlabor für HUS, Bundesministerium für Gesundheit,<br />

Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung,<br />

Gab es konkrete Störfaktoren, sei es von Seiten der Medien oder anderer Institute, die die Arbeit , die <strong>Recherche</strong><br />

des RKI im Falle Ehec behindert haben?<br />

Es gab bei dem Ausbruch keine Institute, die die Arbeit behindert hätten. Ansonsten ähneln die Störfaktoren<br />

frühereren Ereignissen (siehe z.B. den Beitrag „Erster Erfahrungsaustausch zur H1N1-Pandemie in Deutschland<br />

2009/2010“ im Bundesgesundheitsblatt Mai 2010, siehe Links). Nennen könnte man hier z.B.<br />

Experten, die sich mit infektionsepidemiologischen Arbeiten nicht auskennen,<br />

Journalisten, die den Pförtner bzw. den Wachschutz an der Pforte zitieren<br />

- die Medienmechanismen insgesamt<br />

Wie groß ist der Verbesserungsbedarf bei der (von den Medien manchmal kritisierten) Zusammenarbeit der<br />

jeweilig zuständigen Stellen und der Veröffentlichung der Ergebnisse?<br />

Die Zusammenarbeit der Bundesinstitute im Gesundheits- und im Lebensmittelbereich ist eng und gut, auch die<br />

Zusammenarbeit innerhalb der Gesundheitsseite. Hier ist in den vergangenen Jahren ein gut funktionierendes<br />

<strong>Netzwerk</strong> entstanden, insbesondere mit den Seuchenreferenten der Bundesländer, das sich auch bei Ereignissen<br />

wie SARS oder Influenza bewährt hat. Zur Zusammenarbeit innerhalb des Lebensmittelbereichs kann ich nichts<br />

sagen. Was die Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern betrifft: Die Bundesländer sind für Infektionsschutz<br />

zuständig, es gibt regelmäßige Koordinierungsrunden auf verschiedenen Hierarchieebenen. Einzelne Aktivitäten<br />

der Länder kommentieren wir generell nicht.<br />

Raum R1<br />

R1<br />

Freitag, 1. Juli, 10:30<br />

Israel in den Medien – Vom demokratischen Vorbild ins Abseits?<br />

In Kooperation mit journalists.network<br />

Es gibt ein Phänomen, das lange für deutsche Medien zu gelten schien: der Zwang, alles und jedes in Bezug auf<br />

die Frage zu untersuchen, ob es gut oder schlecht für Israel ist. Dies hing einerseits mit der deutschen Geschichte,<br />

andererseits mit der Tatsache zusammen, dass Israel die einzige Demokratie im Nahen Osten war, also „wie<br />

wir“. Das ist nun vorbei. Wird die Bedeutung Israels in den deutschen Medien abnehmen?<br />

Mit: Christoph Schult, Eldad Beck, Stefan Buchen<br />

Leitfragen:<br />

Haben die arabischen Revolutionsbewegungen in Nordafrika Israels Monopol als „einzige Demokratie Im Nahen<br />

Osten“ zerstört?<br />

Beck: Es gibt kein „Demokratie-Monopol“ im Nahen Osten seitdem die Türkei etwas demokratischer geworden ist<br />

und seitdem die Amerikaner den Irak von Saddams Diktatur befreit haben<br />

Buchen: Seit der Staatsgründung hat Israel sich als „einzige Demokratie des Mittleren Ostens“ dargestellt<br />

und diese Sicht in der Auseinandersetzung mit den Palästinensern, den arabischen Staaten und seit einigen<br />

Jahren mit dem Iran als politischen Trumpf auf der internationalen Bühne eingesetzt. Angesichts freier Wahlen,<br />

geordneter Regierungswechsel, einer weitreichenden Pressefreiheit und der innerhalb der Grenzen von 1948<br />

praktizierten Rechtsstaatlichkeit stützt sich dieser Anspruch auf starke Grundlagen. Allerdings wird dieser<br />

Monopolanspruch einerseits wegen der Besetzung der Palästinensergebiete und der rechtsfreien Räume des<br />

Besatzungsregimes von Israel selbst und andererseits von der Konkurrenz anderer Staaten in Frage gestellt.<br />

Schwerlich wird man der Türkei den Rang einer Demokratie abstreiten können, zumal nach den Entwicklungen<br />

der vergangenen Jahre. Die Islamische Republik Iran ihrerseits erhebt den Anspruch, „das demokratischste<br />

Land des Mittleren Ostens“ zu sein („demokratitarin keshvar-e khavar-e miyane“). Auch wenn der Iran nach wie<br />

vor „demokratischer“ ist als etwa Saudi Arabien, erscheint dieser als Konkurrenz zur israelischen Sicht ins Feld<br />

geführte Anspruch spätestens seit der umstrittenen Wiederwahl von Präsident Ahmadinejad im Juni 2009 wenig<br />

überzeugend. Der Ausgang der Revolutionen in Tunesien, Ägypten, Libyen etc. ist völlig ungewiss und damit<br />

ebenso die Frage, ob dort Demokratien entstehen werden. Fest steht lediglich, dass es dort politische Kräfte und<br />

Bewegungen gibt, die nach einem demokratischen System streben und mit dem Sturz der Diktatoren Bin Ali und<br />

Mubarak sowie dem Einleiten demokratischer Prozesse beeindruckende Erfolge feiern konnten.<br />

Werden die arabischen Revolutionsbewegungen in den deutschen Medien in unkritischer Weise glorifiziert?<br />

Beck: Ja.<br />

Buchen: Nein. Es kann allerdings sein, dass man, zumal in der Anfangsphase der ägyptischen Revolution, für<br />

manche Dinge blind war. So wollten manche in den deutschen Medien nicht wahrhaben, dass in Ägypten eben<br />

nicht nur ein Volksaufstand stattfand sondern gleichzeitig auch ein Militärputsch. Zu wenig beachtet wird, wie<br />

bereits in den vergangenen Jahrzehnten, der Einfluss Saudi Arabiens. Im arabischen Frühling stehen die Saudis<br />

auf der Seite der Gegenrevolution, nicht nur in Bahrein, wohin sie sichtbar für alle Soldaten zur Unterdrückung<br />

des Aufstands geschickt haben sondern auch in Ägypten. Insgesamt fürchten sich die Saudis viel mehr vor den<br />

demokratischen Umwälzungen in der arabischen Welt als die Israelis. Das haben die deutschen Medien nicht zur<br />

Genüge herausgearbeitet.<br />

Natürlich ist es nicht ausgeschlossen, dass islamistische Kräfte wie die Muslimbruderschaft in einem Land<br />

wie Ägypten eine große politische Rolle spielen werden. Den deutschen Medien empfehle ich, den Kontext der<br />

israelischen Deutungen, der israelischen Regierungspolitik und des arabischen und islamistischen Radikalismus<br />

mehr unter dem Aspekt der „self-fulfilling prophecy“ zu betrachten.<br />

Warum werden die Sorgen vieler Israelis, der Nahe Osten könne durch den Umbruch instabiler und islamistischer<br />

werden, in den deutschen Medien kaum aufgegriffen?<br />

Beck: Weil die deutsche Medien längst nicht objektiv über den Nahen Osten berichten, und weil nur eine kleine<br />

Gruppe von Pseudo-Nahost- und Islamexperten ihre Meinung in diesen Medien verbreiten können.<br />

Buchen: Die Frage geht von falschen Prämissen aus. Diese Sorgen werden aufgegriffen. Dafür gibt es etliche<br />

Beispiele. Man muss nur in das Zeitungs- und Fernseharchiv des Norddeutschen Rundfunks gehen. Allerdings<br />

wäre es unjournalistisch und falsch, Israel, den Israelis, der israelischen Regierung, den israelischen Medien<br />

und Meinungsmachern aus dem akademischen Sektor die Deutungshoheit über die Ereignisse im Mittleren<br />

Osten zuzusprechen. Dies würde, auch wenn es in manchen israelischen Medien und bei einigen Vertretern der<br />

akademischen Elite durchaus große Sympathien für den arabischen Frühling gibt, zu einer groben Verengung der<br />

Sicht auf die Ereignisse führen. Israel hat ein Jahrzehnt lang, nämlich seit den Anschlägen vom 11.09.2001, auf<br />

der internationalen politischen Bühne und in der westlichen Öffentlichkeit sehr erfolgreich dazu beigetragen, die<br />

Deutung der Konflikte im Mittleren Osten auf die Auseinandersetzung mit dem islamistischen Terror und mit dem<br />

Iran und auf die Notwendigkeit des Schutzes vor diesen beiden Bedrohungen zu reduzieren. Diese erfolgreiche<br />

Arbeit ist ein Grund dafür, dass die politische Klasse und die Medien in Deutschland blind für Entwicklungen und<br />

Konflikte in den arabischen Staaten und im Iran waren, die zu den gegenwärtigen Umwälzungen geführt haben.<br />

Verliert Israel durch die Politik seiner gegenwärtigen Regierung die letzten Sympathien deutscher Journalisten?<br />

Beck: Nein, wenn es um seriöse Journalisten geht, die nicht nur ideologisch tätig sind.<br />

Buchen: Mit dieser Frage kann ich nichts anfangen. Ich bin ein deutscher Journalist. Ich werde immer Sympathien<br />

für Israel haben. Jeder Journalist muss für sich entscheiden, von welchen Motiven er sich leiten lässt.<br />

Hat die öffentliche und veröffentlichte Meinung in Israel das wahre Ausmaß der Entwicklungen in den<br />

Nachbarländern nicht verstanden?<br />

Beck: Wer versteht schon, was zur Zeit in Teilen der „arabischen Welt“ passiert?<br />

Buchen: Der öffentliche Diskurs in Israel ist sehr lebendig. Ich maße mir nicht an zu sagen, dass dort etwas<br />

„nicht verstanden“ wurde. Es scheint den politischen und militärischen Entscheidungsträgern sowie den<br />

Meinungsführern in den Medien und im akademischen Bereich nur schwerzufallen, eindeutige Konsequenzen<br />

aus dem Geschehen im Mittleren Osten zu ziehen. Das gilt nicht erst seit Ausbruch des arabischen Frühlings.<br />

Grundsätzlich wird in Israel darum gerungen, ob ein Ausgleich mit den Nachbarn – auf der Grundlage eines<br />

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