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Wochen und Monate war es das Top-Thema in den Medien – Wie kommt solch ein Hype zustande? Worin liegt es,
ob ein Buch unbeachtet in der Versenkung verschwindet oder wochenlang die öffentliche Diskussion bestimmt?
Welche Faktoren bestimmen den Erfolg eines Buchen und kann man diese bewusst beeinflussen?
Mit: Jürgen Bellers, Markus Desaga, Michael Behrent, Thomas Leif, Thymian Bussemer
Leitfragen:
Wie findet man den „richtigen Zeitpunkt“, um ein Buch herauszubringen?
Wie wird entschieden wann der „richtige Zeitpunkt“ gekommen ist?
Was braucht ein Buch, um wahrgenommen zu werden?
Unter welchen Bedingungen stimuliert (bzw. bestimmt) ein Buch den öffentlichen Diskurs?
Mit welchen Themen lässt sich am besten Agenda Setting betreiben?
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MARKUS DESAGA, Pressechef DVA / Manesse / Pantheon / Siedler
Wie findet man den „richtigen Zeitpunkt“, um ein Buch herauszubringen?
Ob ein Zeitpunkt der richtige ist, stellt sich meistens erst im Nachhinein heraus. Falsche Zeitpunkte kann man
hingegen gleich identifizieren: z.B. verpasste Jahrestage, wenn Konkurrenztitel bereits erschienen sind und wg.
Autor und/oder Inhalt stärkeres Potential haben oder wenn das Buch ein bereits viel diskutiertes Thema aufgreift.
Als Verlag der u.a. politische Bücher herausbringt wir die öffentlichen Diskurse so aufmerksam wie möglich, um
zu sehen, ob man das richtige Buch zur richtigen Zeit im Programm hat.
Wie wird entschieden wann der „richtige Zeitpunkt“ gekommen ist?
Die Programmplanung erfolgt sehr langfristig. In groben Zügen wird ein Programm mit 1 1/2 Jahren Vorlauf
geplant. Der richtige Zeitpunkt ist bei diesem Vorlauf häufig schwer zu ermitteln, weil sich öffentliche
Diskussionen oft viel kurzfristiger ergeben. Es ist zuweilen schlicht Glückssache, ein Buch zum richtigen
Zeitpunkt erscheinen zu lassen. Bei hohem Aktualitätsdruck bringen Verlage ihre Titel außerhalb der
Programmankündigung als so genannten Schnellschuss.
Was braucht ein Buch, um wahrgenommen zu werden?
Es sollte überraschen, Gegensätze zusammenbringen und ungewohnte Zusammenhänge bieten. Das funktioniert
ähnlich wie bei einem guten Witz. Wie insgesamt in den Medien gilt auch hier. Der Grad der Personalisierung
und Skandalisierung nimmt zu und ist oft entscheidend für die Wahrnehmung. Oft ist es aber auch – und zum
Glück! – die Qualität. Eine PR-Strategie arbeitet mit der Kombination von Exklusiv-Verhandlungen mit Medien,
Koordination von Print- und TV-Terminen sowie evtl. einer Buchpräsentation die „story“ eines Buchs heraus.
Unter welchen Bedingungen stimuliert (bzw. bestimmt) ein Buch den öffentlichen Diskurs?
Wenn die Konkurrenz fehlt, wenn die Stimmung in der Öffentlichkeit bei einem bestimmten Thema schwankt oder
kippt, wenn man zuerst auf dem Markt ist.
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JÜRGEN BELLERS, Herausgeber „Zur Sache Sarrazin“
Wie findet man den „richtigen Zeitpunkt“, um ein Buch herauszubringen?
Der richtige Zeitpunkt war durch den Sarrazin-Hype September 2010 vorgegeben. Der entstand dadurch, dass ein
Thema von den Medien und der Politik vernachläsigt wurde.
Mit welchen Themen lässt sich am besten Agenda Setting betreiben?
Es gibt kein Agenda Setting, da das von einem technischen Verständnis der Manipulierbarkeit der öffentlichen
Meinung ausgeht. Die Leute wissen schon von selbst, was wichtig ist.
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DR. THYMIAN BUSSEMER, Politikberater, Manager, Autor
Wie findet man den „richtigen Zeitpunkt“, um ein Buch herauszubringen?
Aus Sicht eines Autors ist der richtige Zeitpunkt dann gekommen, wenn man ein Thema so weit durchdrungen hat,
dass weiteres Nachdenken darüber nicht zu wesentlichen neuen Erkenntnissen führen würde.
Aus Sicht der dem Autor nachgelagerten Verwertungsketten ist der richtige Zeitpunkt dann gekommen, wenn die
leitenden buzzwords einer feuilletonistischen oder politischen Großdebatte zu den Themen eines vorliegenden
Manuskriptes passen.
Wie wird entschieden wann der „richtige Zeitpunkt“ gekommen ist?
Es gibt herbei geredete Erfolge, präinszenierte und überraschende. In Kategorie eins gehört Sarrazin, in Kategorie
zwei Goldhagen oder die Studie „Das Amt“, in Kategorie drei z.B. die Memoiren von Bud Spencer. Jenseits der
medialen Hypes gibt es aber auch kluge Bücher, die zunächst ohne große Wahrnehmung erscheinen und nach
und nach zu Longsellern werden. Klassisch hierfür ist etwa Robert M. Pirsigs „Zen and the Art of Motorcycle
Maintenance: An Inquiry into Values“.
Was braucht ein Buch, um wahrgenommen zu werden?
Das hängt von der Art der Wahrnehmung ab, die angestrebt wird. Für einen Publikumserfolg im Sachbuch-Bereich
braucht man entweder viel esoterische Lebenshilfe oder eine schrille Thesenpublizistik. Keinesfalls aber zu viel
Recherche.
Für eine langfristige und seriöse Rezeption muss ein Autor für das Thema, das er bearbeitet, eingeführt sein und
er muss in seinem Text eine neue Sichtweise auf schon bekannte und damit anschlussfähige Dinge bieten.
Unter welchen Bedingungen stimuliert (bzw. bestimmt) ein Buch den öffentlichen Diskurs?
Bücher stehen selten für sich allein, sondern sind in mediale Verwertungsketten eingebunden. Publizistischer
Aufmerksamkeits- und wissenschaftlicher Erkenntniswert sind dabei in der Regel zwei verschiedene paar Schuhe.
Langfristigen Einfluss auf die Debatte haben in der Regel Bücher, die die letztere Kategorie bedienen. Es gibt aber
auch Ausnahmen: Stéphane Hessels „Empört Euch“ bewegt in Frankreich gerade eine ganze Generation. Und
dies, ohne dass der Autor etwas substanziell Neues zu sagen hätte.
Mit welchen Themen lässt sich am besten Agenda Setting betreiben?
Im Bereich des seriösen Sachbuchmarktes sind die aufmerksamkeitsstärksten Bücher nach wie vor jene, die in
der einen oder anderen Weise mit dem Nationalsozialismus zu tun haben.
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MICHAEL BEHRENT, Script Corporate+Public Communication GmbH
Was braucht ein Buch, um wahrgenommen zu werden?
Ein Buch beinhaltet eine Weltsicht, d.h. es beansprucht ein Thema, einen Gedanken, eine Geschichte möglichst
umfassend und linear darzustellen. Dann ist die Voraussetzung gegeben, dass es wirkt und nützlich ist für alle,
die sich für Thema, Gedanken, Geschichte interessieren.
Bei einem „politischen Sachbuch“ ist natürlich der aktuelle Kontext entscheidend. Ein politisches Sachbuch
zeichnet sich dadurch aus, diesen Kontext selber zu definieren. Je besser, je provokanter ihm das gelingt, desto
größer die Wirkung.
Unter welchen Bedingungen stimuliert (bzw. bestimmt) ein Buch den öffentlichen Diskurs?
Ein politisches Sachbuch ist in der Regel nichts ohne den Autor. Im Fall Sarrazin haben wir einen Autor,
der bedeutende Ämter innehatte und zuvor durch provokante Thesen und abwertende Stigmatisierungen
(„Kopftuchmädchen“) aufgefallen war.
Diese Frage lässt sich sinnvoll nur m konkreten Fall erörtern. Sarrazin hat die Debatte befeuert, was gut ist, er
hat sie aber zugleich in eine fatale Richtung gedrängt: Rückzug aufs „Deutsche“ – was immer das sein mag. Er
schlägt vor, dass der Sozialstaat für die eingesessenen abstiegsbedrohten geburtsdeutschen Mittelschichten
reserviert werden soll. Der weibliche Teil soll im Gegenzug mehr Kinder gebären …
Wie findet man den „richtigen Zeitpunkt“, um ein Buch herauszubringen?
Man muss die richtige Analyse der zugrundeliegenden realen Trends und der daraus resultierenden Stimmungen
und Ängste haben. Sarrazins Buch wird nicht das letzte sein, das aus der demografischen Veränderung via Panik
Profit schlagen wird. Schirrmachers Methusalem-Komplex war intelligenter und verkaufte sich dennoch auch sehr
gut. Unser „Generationenbarometer“ ist völlig anders konstruiert – und auch das ist als politisches Statement
gedacht! Wir wollen kein One-Hit-Wonder, sondern die Veränderung dauerhaft begleiten.
Wie wird entschieden wann der „richtige Zeitpunkt“ gekommen ist?
Wer zahlt, schafft an. Im Falle Sarrazins war es der Verlag, der übrigens eine Kooperation mit SPIEGEL Buch hat.
So ergibt sich alles aufs Beste – aber Glück muss man auch haben.
Bücher stehen selten für sich allein, sondern sind in mediale Verwertungsketten eingebunden. Publizistischer
Aufmerksamkeits- und wissenschaftlicher Erkenntniswert sind dabei in der Regel zwei verschiedene paar Schuhe.
Langfristigen Einfluss auf die Debatte haben in der Regel Bücher, die die letztere Kategorie bedienen. Es gibt aber
auch Ausnahmen: Stéphane Hessels „Empört Euch“ bewegt in Frankreich gerade eine ganze Generation. Und
dies, ohne dass der Autor etwas substanziell Neues zu sagen hätte.
Mit welchen Themen lässt sich am besten Agenda Setting betreiben?
Im Bereich des seriösen Sachbuchmarktes sind die aufmerksamkeitsstärksten Bücher nach wie vor jene, die in
der einen oder anderen Weise mit dem Nationalsozialismus zu tun haben.
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