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Gunhild Pörksen<br />

DIE SEHNSUCHT NACH DER SEELE<br />

PARACELSUS UND DIE ELEMENTARGEISTER<br />

»..nichts ist geschaffen, das <strong>de</strong>r Mensch nicht ergrün<strong>de</strong>n<br />

könnte und ist darum geschaffen, auf<br />

dass <strong>de</strong>r Mensch nicht müßiggehe, son<strong>de</strong>rn<br />

wandle in <strong>de</strong>n Wegen Gottes, d.h. in seinen Werken.<br />

Nicht im Laster, nicht in Hurerei, nicht im<br />

Spielen, nicht im Saufen, nicht im Stehlen, nicht<br />

im Güter-Anhäufen o<strong>de</strong>r Schätze-Sammeln für<br />

die Würmer, son<strong>de</strong>rn er soll seinen Geist, sein<br />

Licht, seine Engels-Art auf die Betrachtung <strong>de</strong>r<br />

Dinge richten, die von Gott sind. Seliger ist es,<br />

die Nymphen zu beschreiben, als zu beschreiben<br />

die Or<strong>de</strong>n, seliger ist, <strong>de</strong>n Ursprung <strong>de</strong>r Riesen zu<br />

beschreiben, als zu beschreiben höfisches Ritual,<br />

seliger ist, Melusina zu beschreiben, als zu beschreiben<br />

Reiterei und Artillerie, seliger zu beschreiben<br />

die Bergleutlein unter <strong>de</strong>r Er<strong>de</strong>, als zu<br />

beschreiben Fechtkunst und Frauendienst. Denn<br />

<strong>bei</strong> diesen Dingen wird <strong>de</strong>r Geist dazu gebraucht,<br />

um in Gottes Wegen zu wan<strong>de</strong>ln...« 1<br />

Paracelsus’ Schrift über die Wesen in <strong>de</strong>n<br />

Elementen ist singulär in <strong>de</strong>r Literatur und<br />

<strong>de</strong>r Fachliteratur <strong>de</strong>r Neuzeit. Paracelsus<br />

unternimmt es darin, eine Naturgeschichte<br />

<strong>de</strong>r Elementargeister zu schreiben und sie<br />

als Wun<strong>de</strong>rwerke <strong>de</strong>s Schöpfers in <strong>de</strong>r<br />

Theologie zu verankern. Seine Ausführungen<br />

sind zauberhaft und scharfsinnig.<br />

Doch sie enthalten einen Wi<strong>de</strong>rspruch.<br />

Einerseits führt Paracelsus <strong>de</strong>n Leser in<br />

weite, unerforschte Erkenntnisräume: es<br />

geht ihm um die Wahrnehmung, wissenschaftliche<br />

Erfassung und Darstellung eines<br />

Unsichtbaren, nämlich unsichtbarer Kräfte<br />

und Wirkmächte, die an <strong>de</strong>m, was wir »die<br />

Natur« nennen, mitar<strong>bei</strong>ten. Er begreift die<br />

Natur – er sagt meistens »die natürlichen<br />

Dinge«, die res naturae – nicht in mechanischen<br />

Abläufen, son<strong>de</strong>rn beobachtet das<br />

unablässige Ineinan<strong>de</strong>rwirken mannigfaltiger<br />

Lebensprozesse. Zeit und Umgestaltung<br />

spielen eine be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong> Rolle in seinem<br />

Denken. Insofern gehört Paracelsus <strong>de</strong>r<br />

Epoche <strong>de</strong>r Neuzeit, wenn nicht sogar eigentlich<br />

<strong>de</strong>r Zukunft an.<br />

Gleichzeitig zwingt er uns zu einem Spagat.<br />

Paracelsus ist nämlich von <strong>de</strong>r Bil<strong>de</strong>rwelt<br />

<strong>de</strong>r Volksüberlieferung geprägt und<br />

argumentiert mit <strong>de</strong>ren Begriffen und Historien.<br />

Das mutet oft lieblich und naiv,<br />

aber für einen Menschen <strong>de</strong>r Gegenwart im<br />

Grun<strong>de</strong> mittelalterlich an. In dieser Spannung<br />

steht man, wenn man das Thema<br />

»Elementargeister« <strong>bei</strong> Paracelsus aufgreift.<br />

Zum Inhalt<br />

Paracelsus’ Liber <strong>de</strong> Nymphis, Sylphis, Pygmaeis<br />

et Salamandris et <strong>de</strong> caeteris Spiritibus, das<br />

Buch von <strong>de</strong>n Nymphen, Sylphen, Pygmäen<br />

und Salaman<strong>de</strong>rn und von <strong>de</strong>n übrigen<br />

Geistern ist in <strong>de</strong>utscher Sprache, <strong>de</strong>m<br />

frühen Neuhoch<strong>de</strong>utsch geschrieben. Es ist,<br />

in Relation zu <strong>de</strong>n Lebensdaten <strong>de</strong>s Autors,<br />

eine relativ späte Schrift, um 1537 verfasst.<br />

Der Liber <strong>de</strong> Nymphis ist zu<strong>de</strong>m eine relativ<br />

kurze Schrift: im gedrängten Druck <strong>de</strong>r<br />

Ausgabe aus <strong>de</strong>m 16. Jahrhun<strong>de</strong>rt, <strong>de</strong>r<br />

Huserschen Ausgabe, hat sie einen Umfang<br />

von 33 Seiten, in <strong>de</strong>r Ausgabe von Sudhoff<br />

nimmt sie 36 Seiten ein. Die Schrift ist als<br />

Ganzes konzipiert und ausgeführt, sie ist<br />

genau und durchgehend geglie<strong>de</strong>rt und<br />

wenn nicht in einem Zug, so doch in einem<br />

Geist zu En<strong>de</strong> gebracht und abgeschlossen.<br />

Der Text besteht aus einer Vorre<strong>de</strong> und<br />

6 Traktaten, wo<strong>bei</strong> <strong>de</strong>r erste Traktat, und<br />

nur dieser, 2 Kapitel enthält.<br />

Unter <strong>de</strong>n Tausen<strong>de</strong>n von Druckseiten,<br />

die uns von Paracelsus heute vorliegen, hat<br />

diese Ar<strong>bei</strong>t über die Elementargeister <strong>de</strong>n<br />

stärksten Wi<strong>de</strong>rhall gehabt. Das gilt bis in<br />

die Gegenwart. Sie ist voller Poesie, auch<br />

sprachlich, und hat auf Künstler aller Gattungen,<br />

voran auf die Dichter gewirkt. Shakespeare<br />

<strong>bei</strong>spielsweise hat sie gekannt und<br />

verar<strong>bei</strong>tet, Grimmelshausens »Simplicius<br />

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