MTI-Heft 20 1003 - bei Bombastus-Ges.de
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und für das seine zu Marck gebracht hat«. 29<br />
Von <strong>de</strong>n übrigen Gegnern V. Weigels und<br />
<strong>de</strong>s Weigelschrifttums sei nur noch <strong>de</strong>r damals<br />
be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong> lutherische Gelehrte Nikolaus<br />
Hunnius (1585-1643) zitiert. Nach<br />
ihm übernimmt V. Weigel von Paracelsus<br />
folgen<strong>de</strong> seiner Hauptlehren: 1. Die »Papierin<br />
Bücher« sind nicht das Mittel, woraus<br />
man etwas lernen kann; 2. Von Predigten<br />
ist nichts zu halten; 3. Die Aka<strong>de</strong>mien<br />
und hohen Schulen sind zu verachten;<br />
4. »Hebt er das Liecht <strong>de</strong>r Natur sehr hoch<br />
/ vnnd macht es zum Lehrmeister auch in<br />
<strong>de</strong>r Lehr von <strong>de</strong>r Menschen Seeligkeit«;<br />
5. »Suchet seine Lehr aus <strong>de</strong>m Liecht <strong>de</strong>r<br />
Natur / in welchem alle Wissenschafft soll<br />
zufin<strong>de</strong>n sein«; 6. Da<strong>bei</strong> aus himmlischer<br />
Offenbarung, ohne Unterricht <strong>de</strong>r Menschen;<br />
7. »Dichtet an <strong>de</strong>n Menschen zween<br />
Leib / <strong>de</strong> - inwendige - / vnd auswendige - .«<br />
Alles wird mit umfänglichen Zitaten aus<br />
Paracelsus belegt. 30<br />
Wir wollen an einigen Beispielen anführen,<br />
inwiefern diese Anwürfe o<strong>de</strong>r Behauptungen<br />
gerechtfertigt sind.<br />
Im Zentrum <strong>de</strong>s paracelsischen Philosophierens<br />
steht letztlich <strong>de</strong>r Mensch, seine<br />
Stellung zu Gott, in <strong>de</strong>r Natur und in <strong>de</strong>r<br />
<strong>Ges</strong>ellschaft. Der Hohenheimer fragt nach<br />
Gott und erhöht die Welt und <strong>de</strong>n Menschen.<br />
Er fragt nach <strong>de</strong>r Welt und sieht sie<br />
eigenständig und in Selbstbewegung befindlich.<br />
Er fragt nach <strong>de</strong>r Beschaffenheit<br />
<strong>de</strong>r Welt und <strong>de</strong>s Menschen, um die Verän<strong>de</strong>rung<br />
<strong>de</strong>r Dinge durch <strong>de</strong>n Menschen<br />
zu begreifen und zu för<strong>de</strong>rn, um seine<br />
Krankheiten heilen und verhüten zu können.<br />
Er fragt nach <strong>de</strong>n gesellschaftlichen<br />
Verhältnissen <strong>de</strong>s Menschen, tritt für Wert<br />
und Wür<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Individuums und eine <strong>Ges</strong>ellschaftsordnung<br />
ein, in <strong>de</strong>r alle ar<strong>bei</strong>ten<br />
und an <strong>de</strong>n Ergebnissen <strong>de</strong>r Ar<strong>bei</strong>t teilhaben,<br />
Spruchweisheit und Gleichnisse <strong>de</strong>r<br />
Bibel sind da<strong>bei</strong> Mittel <strong>de</strong>r Aussage und<br />
Gegenstand <strong>de</strong>r Auseinan<strong>de</strong>rsetzung, wie<br />
das in einer <strong>Ges</strong>ellschaft, <strong>de</strong>r die Bibel das<br />
Buch <strong>de</strong>r Bücher war, nicht an<strong>de</strong>rs zu erwarten<br />
ist.<br />
Der biblische Schöpfungsmythos wur<strong>de</strong><br />
für Paracelsus zur Voraussetzung, um das<br />
Erkennen <strong>de</strong>r Natur zu rechtfertigen. Nach<br />
seiner Deutung schuf Gott die Welt durch<br />
seinen Willen, ohne damit einen beson<strong>de</strong>ren<br />
Plan zu verfolgen. Einmal geschaffen,<br />
besteht die Welt unabhängig von Gott, ist<br />
sich selbst genug.<br />
Nicht gera<strong>de</strong> häufig zitiert V. Weigel<br />
frem<strong>de</strong> Autoren und Werke. Das häufigste<br />
ist die Bibel, vornehmlich das Neue Testament.<br />
Daneben nennt er z.B. Johannes<br />
Tauler (um 1300-1361), Meister Eckhart<br />
(um 1260-1327) von <strong>de</strong>m er im »Gnothi<br />
seauton« (1615, 1618) eine fast vollständige<br />
Predigt übernimmt 31 , die »Theologia<br />
<strong>de</strong>utsch«, und Sebastian Franck (1499-1542).<br />
Stets ist Paracelsus da<strong>bei</strong>, gera<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Anschluss<br />
an anthropologische, erkenntnistheoretisch<br />
relevante Ausführungen <strong>de</strong>s<br />
Paracelsus. So ist ein Kapitel von »Gnothi<br />
seauton« fast wörtlich aus Paracelsi »Astronomia<br />
Magna« entlehnt. 32 V. Weigel empfiehlt<br />
auch <strong>de</strong>s Paracelsus Ar<strong>bei</strong>t »De fundamento<br />
Scientiarum Sapientiaeque« mit<br />
<strong>de</strong>n Worten: »dasselbst liß mit fleiß«. 33<br />
Im »Gül<strong>de</strong>nen Griff« (1613) bezieht sich V.<br />
Weigel auf Paracelsi »De Meteoris« auf<br />
seine »Erklärung <strong>de</strong>r ganzen Astronomie«,<br />
wie<strong>de</strong>r auf die »Astronomie magna«. 34 Im<br />
»Ort <strong>de</strong>r Welt« (vor 1576) erweist V. Weigel:<br />
Himmel und Hölle sind an keinem<br />
bestimmten Ort und nicht durch materielle<br />
Mauern geschie<strong>de</strong>n, Geister können ja<br />
durch Holz und Eisen hindurchgehen, wie<br />
er am Beispiel <strong>de</strong>r Sylphen, Salaman<strong>de</strong>r,<br />
Nymphen und Pygmäen darlegt. Diese<br />
Auffassung übernimmt er ebenfalls von<br />
Paracelsus. 35 Die Trennung von Himmel<br />
und Hölle sei eine rein geistige. Wo aber<br />
sind in dieser Welt Himmel und Hölle zu<br />
plazieren? Die Teufel sind hier an die materiellen<br />
Elemente (Feuer, Wasser, Luft<br />
und Er<strong>de</strong>) gefesselt. Aber damit ist nicht<br />
gesagt, daß die Hölle in <strong>de</strong>r Er<strong>de</strong> ist, etwa<br />
sichtbar wer<strong>de</strong>nd am Austreten von warmen<br />
Quellen, die angeblich von höllischem<br />
Feuer in <strong>de</strong>r Er<strong>de</strong> zeugen. Wie<strong>de</strong>r<br />
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