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MTI-Heft 20 1003 - bei Bombastus-Ges.de

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auch alles. Je mehr <strong>de</strong>r Mensch sich selbst<br />

aufgibt, <strong>de</strong>sto mehr wird Gott Mensch. Paradies,<br />

Himmel, Reich Gottes, Christus<br />

sind nicht außer uns zu suchen. Gott ist<br />

aller Kreaturen Wesen. Er ist unendlich,<br />

<strong>de</strong>r Mensch endlich. Gott ist vollkommen,<br />

die Kreatur Stückwerk. Obwohl Gott in<br />

allen Kreaturen ist, ist Kreatur nicht gleich<br />

Gott. Der Mensch besitzt Intelligenz<br />

(Denken) und freien Willen. Diese befähigen<br />

ihn, zu Gott zurückzukehren, mit ihm<br />

eins zu wer<strong>de</strong>n. Der be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong> Weigelforscher<br />

J. O. Opel resümiert: »Wenn nun<br />

Gott selbst die Seligkeit ist, und die Menschen<br />

durch die Annahme <strong>de</strong>r Seligkeit<br />

selig wer<strong>de</strong>n, so wer<strong>de</strong>n sie damit zugleich<br />

göttlich. Durch die Annahme <strong>de</strong>r Göttlichkeit<br />

wird Einer Gott: je<strong>de</strong>r Selige ist Gott.« 45<br />

Immer wie<strong>de</strong>r kommt Weigel auf die Toleranzi<strong>de</strong>e<br />

zurück. »Vergebens und umb<br />

sonst ists / das eine Sect die an<strong>de</strong>r verfolget<br />

und verketzert umb <strong>de</strong>r Sacramenten<br />

willen / Es stehet keinen Christen zu /<br />

kein Christ thut es auch nicht / nur die<br />

falschen setzen sich zu Ketzermeistern und<br />

Richtern / über jhren Nechsten.« 46<br />

Übrigens formulierte bereits Hans Maier<br />

(geb. 1899), mit Bezug auf V. Weigel bzw.<br />

<strong>de</strong>n Weigelianismus: »Zur Einigung <strong>de</strong>s<br />

Endlichen mit <strong>de</strong>m Unendlichen ist <strong>de</strong>r<br />

geschichtliche Christus keine Notwendigkeit.<br />

An die Stelle <strong>de</strong>s Christus pro nobis<br />

tritt <strong>de</strong>r Christus in nobis. Das spiritualistische<br />

Schema von Fleisch und Geist ergibt<br />

auf Christus übertragen: Der geschichtliche<br />

Jesus ist Zeuge <strong>de</strong>r Wahrheit, ein <strong>Ges</strong>chenk<br />

und Vorbild. Der innere Christus<br />

dagegen ist Kraft, Wirkung und Leben.<br />

Der historische Jesus hat also nur vorbereiten<strong>de</strong>,<br />

<strong>de</strong>r innere Christus allein erlösen<strong>de</strong><br />

Be<strong>de</strong>utung. Die versöhnen<strong>de</strong> und erlösen<strong>de</strong><br />

Wirksamkeit <strong>de</strong>s geschichtlichen<br />

Jesus wird aus <strong>de</strong>r transpsychologischen<br />

Historie durch die I<strong>de</strong>ntifizierung <strong>de</strong>s<br />

i<strong>de</strong>alen Christus mit <strong>de</strong>m inneren Wort in<br />

das Subjekt projiziert. Damit tritt an die<br />

Stelle <strong>de</strong>r objektiven Erlösung die Selbsterlösung,<br />

die subjektive Erlösungstheorie." 47<br />

Darauf soll hier nur verwiesen, auf die <strong>Ges</strong>amtproblematik<br />

nicht näher eingegangen<br />

wer<strong>de</strong>n.<br />

Je<strong>de</strong>nfalls haben vornehmlich Pantheismus<br />

und Mystik progressives Philosophieren<br />

in <strong>de</strong>r Perio<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Restauration nach<br />

<strong>de</strong>r Reformationszeit in Deutschland geprägt.<br />

Bei<strong>de</strong> wirken zersetzend auf die protestantische,<br />

in Ansätzen auch auf die katholische<br />

Schulphilosophie und bereiten<br />

die klassische <strong>de</strong>utsche Philosophie vor.<br />

Eine große Rolle spielt da<strong>bei</strong> die Lehre<br />

vom Makro- und Mikrokosmos, die Weigel<br />

offenbar von Paracelsus übernimmt<br />

und in seinem »Gnothi Seauton« ausführlich<br />

darlegt. Der Mikrokosmos, <strong>de</strong>r Mensch,<br />

ist aus <strong>de</strong>m limbus terrae geschaffen, <strong>de</strong>r<br />

Makrokosmos dagegen aus Nichts. Bevor<br />

Adam geschaffen wur<strong>de</strong>, lag er, als quinta<br />

essentia, bereits in <strong>de</strong>n an<strong>de</strong>ren <strong>Ges</strong>chöpfen<br />

in potentiam verborgen. Gera<strong>de</strong> auch<br />

ausgehend von <strong>de</strong>r Lehre von Mikro- und<br />

Makrokosmos betont Weigel: Gott ist in<br />

uns, und wir Menschen sind in Gott, das<br />

Himmelreich und Christus sind in uns. 48<br />

Diese Er<strong>de</strong> ist unendlich klein gegenüber<br />

<strong>de</strong>r realen Unendlichkeit. Himmel und<br />

Er<strong>de</strong> sind in uns, wie auch das Paradies. 49<br />

Über <strong>de</strong>n Philosophen und Theologen<br />

V. Weigel wer<strong>de</strong>n wir heute noch Ausführliches<br />

zu hören bekommen.<br />

Abschließend nochmals zum Epitaph V.<br />

Weigel.<br />

Valentin Weigel ist tot, doch seine I<strong>de</strong>en<br />

leben. Das 17. Jahrhun<strong>de</strong>rt beginnt <strong>de</strong>n<br />

Gegensatz zwischen Sensualismus und Rationalismus,<br />

<strong>de</strong>r für die Aufklärung charakteristisch<br />

und für die Folgezeit verhängnisvoll<br />

wer<strong>de</strong>n sollte, erst auszubil<strong>de</strong>n. Da<br />

Gefühl und Ratio, Mystik und Ratio, Inneres<br />

und Äußeres aber noch weitgehend<br />

in unverzichtbarer Einheit gesehen wer<strong>de</strong>n,<br />

erscheint damals auch hinsichtlich<br />

<strong>de</strong>s To<strong>de</strong>s selbstverständlich, was uns am<br />

Beginn <strong>de</strong>s 21. Jahrhun<strong>de</strong>rts antithetisch<br />

erscheint. Aber man lebt dazumal mit <strong>de</strong>r<br />

Einheit von Makro- und Mikrokosmos,<br />

mit <strong>de</strong>m Hylozoismus, mit <strong>de</strong>r Synthese<br />

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