MTI-Heft 20 1003 - bei Bombastus-Ges.de
MTI-Heft 20 1003 - bei Bombastus-Ges.de
MTI-Heft 20 1003 - bei Bombastus-Ges.de
- TAGS
- www.bombastus-ges.de
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Beschäftigung mit »Geologie«, die auch<br />
zur Zeit von Paracelsus im Anschluss an<br />
Aristoteles noch Teil <strong>de</strong>r »Meteorologie«<br />
war, implizierte durch ihre enge Verknüpfung<br />
mit <strong>de</strong>r Kosmogonie die Frage nach<br />
Entstehung und Zeitdauer <strong>de</strong>r Welt. Aristoteles'<br />
I<strong>de</strong>e ihrer ewigen Dauer stimulierte<br />
Anhänger wie Gegner zum Ersinnen beweiskräftiger<br />
pro- und contra-Argumente,<br />
wo<strong>bei</strong> geologische Prozesse – z.B. die in<br />
eine Richtung verlaufen<strong>de</strong> Erosion – eine<br />
Rolle spielten. Geologische Argumente<br />
fan<strong>de</strong>n somit Raum in einer Kontroverse,<br />
die nicht nur um philosophische Grundpositionen<br />
geführt wur<strong>de</strong>, son<strong>de</strong>rn Kernaussagen<br />
<strong>de</strong>r großen Offenbarungsreligionen<br />
betraf. Als »natürlicher« Teil <strong>de</strong>s<br />
kosmischen <strong>Ges</strong>chehens und seiner Einmaligkeit,<br />
Zyklizität o<strong>de</strong>r ewigen Dauer<br />
steht die Geologie in naher Beziehung<br />
zum Zeitbegriff, <strong>de</strong>r wie<strong>de</strong>rum von grundlegen<strong>de</strong>r<br />
Be<strong>de</strong>utung für das jeweilige Verständnis<br />
<strong>de</strong>r Stellung <strong>de</strong>s Menschen im<br />
Kosmos, seiner Vergangenheit und Zukunft<br />
ist.<br />
In diesem Kapitel soll ein Eindruck von<br />
<strong>de</strong>r intellektuellen Atmosphäre, vom Wissensstand<br />
<strong>de</strong>r Geologie und <strong>de</strong>r wissenschaftlichen<br />
Argumentationsweise im Mittelalter<br />
und in <strong>de</strong>r Zeit Hohenheims<br />
vermittelt wer<strong>de</strong>n. Die Darstellung will<br />
einen Beitrag zur i<strong>de</strong>engeschichtlichen<br />
Einordnung Hohenheims leisten, aber<br />
keine genetische Rekonstruktion eines intellektuellen<br />
Vorläufertums bieten. Der<br />
Nachweis direkter Einflüsse und Übernahmen<br />
in Hohenheims Natur<strong>de</strong>nken gilt als<br />
generelles Problem <strong>de</strong>r Paracelsus-Forschung,<br />
das nicht zuletzt in <strong>de</strong>n Eigentümlichkeiten<br />
seiner Rhetorik, <strong>de</strong>r Verwendung<br />
<strong>de</strong>s Deutschen als Schriftsprache und<br />
biographischen Unsicherheiten begrün<strong>de</strong>t<br />
liegt. 5 Die Auswahl <strong>de</strong>r Autoren beruht<br />
zum einen auf Nennungen durch Paracelsus<br />
selbst – die fast immer in Form pole-<br />
32<br />
Nach <strong>de</strong>r mit <strong>de</strong>r Darstellung <strong>de</strong>r Philosophie<br />
<strong>de</strong>r subterranen Welt vor und <strong>bei</strong><br />
Paracelsus in Kapitel 1 und 2 erfolgten<br />
Einführung in <strong>de</strong>ssen naturphilosophisches<br />
Denken sollen in einem dritten Kapitel<br />
die Beziehungen zur Sozialethik<br />
anhand zentraler Begriffe seiner Naturphilosophie<br />
untersucht wer<strong>de</strong>n. Da<strong>bei</strong> stehen<br />
die astralen Wirkungen, <strong>de</strong>r qualitative<br />
Zeitbegriff, die I<strong>de</strong>e <strong>de</strong>r vermitteln<strong>de</strong>n Instanzen<br />
bzw. die Frage <strong>de</strong>r Hierarchie in<br />
<strong>Ges</strong>ellschaft und Natur sowie die Figur <strong>de</strong>s<br />
Elias Artista im Blickpunkt. Da eine wesentliche<br />
Ar<strong>bei</strong>tshypothese dieses Projekts<br />
lautet, dass auch die sozialphilosophische<br />
Rezeption Hohenheims zu einem erheblichen<br />
Teil seinem »naturwissenschaftlichen«<br />
Werk zu verdanken ist, Studien zur<br />
sozialphilosophischen Rezeption aber ein<br />
bekanntes Desi<strong>de</strong>rat <strong>de</strong>r Paracelsus-Forschung<br />
darstellen, 4 soll abschließend in<br />
einem rezeptionsgeschichtlichen Anhang<br />
eine solche Studie am Beispiel <strong>de</strong>s sächsischen<br />
Gelehrten Paul Nagel durchgeführt<br />
wer<strong>de</strong>n.<br />
1. Geologie vor Paracelsus. I<strong>de</strong>engeschichtlicher Abriss<br />
mischer Zurückweisungen erfolgten – zum<br />
an<strong>de</strong>rn han<strong>de</strong>lt es sich um Autoren, die zu<br />
diesem Themenkreis wichtige Schriften<br />
verfasst haben, so dass hier zumin<strong>de</strong>st eine<br />
indirekte Kenntnis anzunehmen ist. Zur<br />
ersten Gruppe zählen neben Aristoteles,<br />
Avicenna und Albertus Magnus auch<br />
Geber und Plinius, zur zweiten Roger<br />
Bacon, Seneca und Lukrez.<br />
Forschungsstand:<br />
Die wenigen wissenschaftshistorischen Untersuchungen<br />
zur mittelalterlichen Geologiegeschichte<br />
6 haben sich fast ausschließlich<br />
<strong>de</strong>n Autoren <strong>de</strong>r im ersten Abschnitt<br />
zu behan<strong>de</strong>ln<strong>de</strong>n Traditionslinie gewidmet.<br />
Prägen<strong>de</strong> Be<strong>de</strong>utung hatte <strong>de</strong>r 9. Band<br />
von Pierre Duhems in <strong>de</strong>n 1910er Jahren<br />
erschienenem Monumentalwerk »Le système<br />
du mon<strong>de</strong>«. Duhems Studie unter-