MTI-Heft 20 1003 - bei Bombastus-Ges.de
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Das Bergbüchlein <strong>de</strong>s Ulrich Rülein von<br />
Calw<br />
Das um 1500 anonym in <strong>de</strong>utscher Sprache<br />
erschienene »nützlich Bergbüchlein«<br />
bil<strong>de</strong>te <strong>de</strong>n Auftakt <strong>de</strong>r neuen Literaturgattung.<br />
Als Verfasser wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r aus <strong>de</strong>m<br />
württembergischen Calw stammen<strong>de</strong> Freiberger<br />
Stadtarzt und Bürgermeister Ulrich<br />
Rülein i<strong>de</strong>ntifiziert. 69 Die formal als Lehrre<strong>de</strong><br />
<strong>de</strong>s Bergverständigen Daniel an einen<br />
jungen Knappen gestaltete Schrift entwickelte<br />
sich zu einer Art Volksbuch und<br />
stellt eine <strong>de</strong>r ältesten Quellen <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen<br />
Bergmannssprache dar. Die geologischen<br />
Abschnitte weisen <strong>de</strong>n Verfasser als<br />
Kenner alchemistischer Lehren aus, er beruft<br />
sich auf Hermes, referiert die Quecksilber-Schwefel-Theorie,<br />
die Lehre von <strong>de</strong>n<br />
planetarischen Einflüssen und die aristotelischen<br />
Exhalationstheorien. 70<br />
Die Pirotechnia <strong>de</strong>s Vannoccio Biringuccio<br />
(1480-1538/39)<br />
Die posthum 1540 in Venedig publizierte<br />
»Pirotechnia« ist gleichermaßen be<strong>de</strong>utend<br />
als Quelle für die <strong>Ges</strong>chichte <strong>de</strong>s Bergbaus,<br />
<strong>de</strong>r Chemie und <strong>de</strong>r Kriegstechnik.<br />
So war Biringuccio z.B. ein wichtiger<br />
Autor für Agricola, <strong>de</strong>r insbeson<strong>de</strong>re seine<br />
Kapitel über Glas, Stahl und die Reinigung<br />
von Salzen weitgehend <strong>de</strong>r Pirotechnia<br />
entnahm. 71 Im Rahmen dieses Projekts<br />
wer<strong>de</strong>n vor allem die ersten <strong>bei</strong><strong>de</strong>n Bücher<br />
<strong>de</strong>r Pirotechnia »Die Metalle« und »Die<br />
Halbmineralien« von Interesse sein, in<br />
<strong>de</strong>nen Biringuccio auch <strong>de</strong>ren Entstehung<br />
diskutiert. An<strong>de</strong>re geologische Phänomene<br />
behan<strong>de</strong>lt die Pirotechnia nicht. Biringuccio,<br />
<strong>de</strong>r sich von <strong>de</strong>r Alchemie explizit<br />
distanzierte, 72 lehnte die Quecksilber-<br />
Schwefel-Theorie ab, hielt jedoch astrale<br />
Einflüsse für möglich. 73<br />
Georg Agricola<br />
Der berühmte sächsische Gelehrte und<br />
Zeitgenosse <strong>de</strong>s Paracelsus hat in <strong>de</strong>n<br />
1540er Jahren vier Bücher zur Mineralogie<br />
und Geologie abgeschlossen, die im Zen-<br />
38<br />
trum dieses Abschnitts stehen sollen. 74<br />
Neuere Untersuchungen von Mathé und<br />
Guntau zur Geologie Agricolas haben <strong>de</strong>ssen<br />
Ablehnung <strong>de</strong>r Alchemie und seine<br />
kritische Distanz zur Scholastik betont<br />
und ihn mit seinem gleichzeitigen Rückgriff<br />
auf antike Quellen sowie <strong>de</strong>r For<strong>de</strong>rung<br />
nach Empirie in die Tradition <strong>de</strong>s Renaissance-Humanismus<br />
gestellt. 75 Doch<br />
scheint Agricola mittelalterlichen Autoren<br />
mehr zu verdanken als dort angenommen.<br />
Es steht sowohl sein Rechnen mit langen<br />
Zeiträumen, das Mathé und Guntau als<br />
»Bekenntnis zur Historizität <strong>de</strong>r geologischen<br />
Erscheinungen« 76 für einen mo<strong>de</strong>rnen<br />
Zug Agricola’scher Geologie halten,<br />
im Einklang mit <strong>de</strong>r scholastischen Naturphilosophie,<br />
für die die Einbeziehung <strong>de</strong>s<br />
Platonischen Jahres als eines Zyklus' von<br />
36 000 Jahren nicht ungewöhnlich war, 77<br />
wie auch seine Vorstellungen zeitlicher<br />
Verän<strong>de</strong>rungen von Meeren und Gebirgen<br />
und <strong>de</strong>r Dynamik dieser Prozesse.<br />
Auch die Quellen, auf die er sich stützt<br />
sind die klassischen <strong>de</strong>s Mittelalters: Aristoteles,<br />
Plinius, Seneca, Avicenna. Im Zusammenhang<br />
dieses Projekts bemerkenswert<br />
ist jedoch seine Rezeption <strong>de</strong>s<br />
Lukrez, 78 ferner seine Kritik am Hylozoismus<br />
<strong>de</strong>r Stoiker, 79 die in Auseinan<strong>de</strong>rsetzung<br />
mit Albertus Magnus entwickelte Ablehnung<br />
astraler Einflüsse und <strong>de</strong>r I<strong>de</strong>e <strong>de</strong>r<br />
Metallsamen, 80 Positionen, die ihn in Gegensatz<br />
zu <strong>de</strong>n Paracelsisten setzen, sowie<br />
sein gegenüber <strong>de</strong>n »Verschmutzungen« 81<br />
<strong>de</strong>r Scholastik gereinigter Aristotelismus.<br />
Die Cosmographey <strong>de</strong>s Sebastian Münster<br />
(1489-1552)<br />
Die Cosmography zählt nicht zu <strong>de</strong>n<br />
Bergbüchern im engeren Sinn. Doch ist<br />
das Werk <strong>de</strong>s an <strong>de</strong>r Universität von Basel<br />
lehren<strong>de</strong>n Sebastian Münster, <strong>de</strong>r sich als<br />
Mathematiker, Hebraist und Geograph<br />
wissenschaftliche Verdienste erworben<br />
hatte, allein durch die weite Verbreitung,<br />
die es in <strong>de</strong>r Zeit von 1544 bis 1657 mit 46<br />
Ausgaben fand, für <strong>de</strong>n zeitgenössischen