MTI-Heft 20 1003 - bei Bombastus-Ges.de

Einhergehend mit verstärkten textkritischen,
überlieferungsgeschichtlichen und
editorischen Bemühungen um das Werk
des Zschopauer Pfarrers ist seit einigen
Jahren in der Forschung eine Weigel-Renaissance
zu beobachten, eine Wiederentdeckung
der Vermittlerrolle, die er an der
Wende vom 16. zum 17. Jahrhundert gespielt
hat. Er verband die reformatorische
Theologie (Martin Luther) mit Ideen des
Neuplatonismus (Seneca, Boethius), der
deutschen mittelalterlichen Mystik (Meister
Eckhart, Johannes Tauler, Theologia
deutsch), des Renaissancehumanismus
(Nicolaus Cusanus), des Spiritualismus
Sebastian Franckscher Prägung und der
paracelsischen Philosophie. So hat er sie
weitergegeben an nachfolgende Denker
wie Johann Arndt, Jacob Böhme, Johannes
Scheffler, Abraham von Franckenberg,
Johannes Kepler oder Gottfried Wilhelm
Leibniz sowie an bestimmte geistige Strömungen
der Neuzeit wie die Rosenkreuzer,
den Pietismus oder den deutschen
Idealismus.
Dieser geistesgeschichtlichen Bedeutung
Weigels ist man sich neuerdings immer
deutlicher bewusst geworden. Das zeigen
Behandlungen in zahlreichen philosophischen,
geistesgeschichtlichen sowie theologie-
und kirchengeschichtlichen Handbüchern
und Monographien.
Auch in der Paracelsusforschung besteht
seit einigen Jahren ein verstärktes Interesse
an Weigel. Ihm wird besonders für die
Rezeptions- und Wirkungsgeschichte des
Horst Pfefferl
ZUM STAND DER NEUEN VALENTIN WEIGEL-AUSGABE
Valentin Weigel: Sämtliche Schriften.
Begründet von Will-Erich Peuckert und Winfried Zeller.
Neue Edition.
Im Auftrag der Akademie der Wissenschaften
und der Literatur, Mainz,
herausgegeben von Horst Pfefferl.
Frommann-Holzboog, Stuttgart-Bad Cannstatt 1996ff.
Hohenheimers eine wichtige Rolle zugesprochen.
Der wichtigste Beleg hierfür ist
Weigels 1581 angefertigte eigenhändige
Abschrift der Auslegung über die ersten
fünf Kapitel Matthaei des Paracelsus. In
den Anmerkungen zu Band 3 der neuen
Weigel-Ausgabe ist Paracelsus nach Sebastian
Franck der am zweithäufigsten als
mögliche Quelle angeführte Autor.
In dieser Forschungssituation kommt
dem Editionsprojekt eine gewisse Bedeutung
zu. Zwischen 1962 und 1978 erschienen
sieben Lieferungen der von Will-Erich
Peuckert und Winfried Zeller begründeten
Ausgabe der Sämtlichen Schriften Valentin
Weigels im Verlag Frommann-Holzboog,
Stuttgart-Bad Cannstatt. Die Neue
Edition führt diese mit einem Neuansatz
fort und soll sie schließlich ersetzen. Von
den geplanten 15 Bänden sind seit 1996
vier erschienen.
Die Bände 3 und 8 enthalten Weigels
Schriften zur Erkenntnislehre, in welcher
er vornehmlich zum eigenen Sehen in
geistlichen Dingen auffordern will. Das in
Band 4 enthaltene Gebetbuch (Büchlein
vom Gebet) greift auf Gebetsschriften
Martin Luthers zurück und wurde zu
einem großen Teil in Johann Arndts erfolgreiche
Erbauungsschrift Vom wahren
Christentum übernommen. Mit den in
Band 7 enthaltenen Leben Christi-Schriften
entwickelt Weigel ein spirituelles Programm,
zu dessen wichtigsten Bestandteilen
die Idee einer umfassenden religiösen
Toleranz gehört.
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