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MTI-Heft 20 1003 - bei Bombastus-Ges.de

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Siegfried Wollgast<br />

GEDANKEN ZU VALENTIN WEIGEL –<br />

AN DER NACHBILDUNG SEINES EPITAPHS. 1<br />

Die spätgotische Pfarrkirche St. Martin zu<br />

Zschopau ist schlicht gestaltet. Vor <strong>de</strong>m<br />

Altar stehend, fällt <strong>de</strong>m Betrachter linker<br />

Hand eine in die Wand eingelassene Erzgussplatte<br />

auf. Es han<strong>de</strong>lt sich um die<br />

Nachbildung <strong>de</strong>s Epitaphs von Valentin<br />

Weigel, <strong>de</strong>r in Zschopau von 1563 bis<br />

1588 als Pfarrer wirkte. »An <strong>de</strong>m ran<strong>de</strong> <strong>de</strong>s<br />

leichensteins stehen diese Worte eingehauen:<br />

Epithaphium M. Valentini Weigelii von Hain,<br />

ein und zwantzig jar Pfarrers allhier in<br />

Tschopau, ist an. 1533 gebohren und <strong>de</strong>n<br />

10. Junii 1588 im 56. jahr seines alters im<br />

Herrn entschlaffen. In <strong>de</strong>r mitten sind folgen<strong>de</strong><br />

worte gesetzet:<br />

Quae per tempus amitto, haec invenio<br />

in aeternitate, quae in aeternitate<br />

possi<strong>de</strong>o, cognosco in tempore<br />

Wer Christo glaubt und fürchtet Gott,<br />

Dem mangelt nicht we<strong>de</strong>r hier noch dort.<br />

Omnia me Christi vita docere potest,<br />

Summa summarum.<br />

O Mensch, lerne dich selber erkennen und<br />

Gott,<br />

So hastu gnug hie und dort.<br />

V. W.<br />

Pax vivis, requies aeterna sepultis.<br />

(Hier eine taube mit einem ölzweige im mun<strong>de</strong><br />

eingehauen, welches einige ohne grund vor einen<br />

schwartzen raben gehalten)<br />

Ruhe und stille<br />

ist Gottes wille;<br />

Das in mir Herr auch erfülle.<br />

Amen." 2<br />

Weigels Leichenstein wur<strong>de</strong> vermutlich<br />

1748 <strong>bei</strong>m Brand <strong>de</strong>r Zschopauer Kirche<br />

zerstört. Die Nachbildung wur<strong>de</strong> 1888 –<br />

300 Jahre nach V. Weigels Tod – auf Betreiben<br />

<strong>de</strong>s verdienten V. Weigelforschers August<br />

Israel (1836-1906) hier angebracht. 3<br />

Diese Tafel ist eines <strong>de</strong>r wenigen Zeugnisse,<br />

die an einen Mann erinnern, <strong>de</strong>ssen<br />

Name in <strong>de</strong>r ersten Hälfte <strong>de</strong>s 17. Jahrhun-<br />

<strong>de</strong>rts in aller Mun<strong>de</strong> war. Die protestantische<br />

Orthodoxie und die nicht min<strong>de</strong>r orthodoxen<br />

Universitätslehrer sprachen in<br />

dieser Zeit von Weigel und <strong>de</strong>n »Weigelianern«<br />

mit einer polemischen Schärfe und<br />

einem Hass, wie er sich später gegen Demokraten,<br />

Republikaner, Sozial<strong>de</strong>mokraten<br />

und Kommunisten richtete.<br />

Ein Epitaph ist ein Erinnerungsmal für<br />

einen Toten, zumeist – wie auch hier – an<br />

<strong>de</strong>r Außen- o<strong>de</strong>r Innenwand einer Kirche<br />

angebracht. Weigels Epitaph zeugt – zu<br />

keiner Zeit – von einer oppositionellen<br />

Haltung! Eine solche hat er auch zu Lebzeiten<br />

nicht bezeugt, die von ihm vorgebrachten<br />

Grün<strong>de</strong> wer<strong>de</strong>n wir noch nennen.<br />

Welche Rolle spielt Weigel in <strong>de</strong>r Philosophie-<br />

und Geistesgeschichte?<br />

Er wur<strong>de</strong> in Hayn (ab 1856 Großenhain)<br />

geboren. Offenbar stammt er von<br />

armen Eltern ab. In einem Schülerverzeichnis<br />

<strong>de</strong>r Fürstenschule St. Afra zu<br />

Meißen wird Weigel für die Jahre 1549 bis<br />

1555 belegt. 4 Im Sommersemester <strong>de</strong>s Jahres<br />

1554 bezog er die Leipziger Universität<br />

als kurfürstlicher Stipendiat. 5 Weigels Studiengang<br />

war <strong>de</strong>r in jener Zeit gewöhnliche.<br />

Die Stu<strong>de</strong>nten mussten sich in <strong>de</strong>r Artistenfakultät<br />

zunächst die Elemente <strong>de</strong>r<br />

alten Sprachen aneignen, ebenso eine –<br />

nicht gera<strong>de</strong> tiefe – Kenntnis <strong>de</strong>r alten Autoren<br />

sowie <strong>de</strong>r Philosophie <strong>de</strong>s Aristoteles.<br />

Um Michaelis 1558 unterzog sich Weigel<br />

<strong>de</strong>m Baccalaureatsexamen 6 , und bereits<br />

im Wintersemester 1558/59 wur<strong>de</strong> er zum<br />

Magister promoviert. Im Jahre 1563 o<strong>de</strong>r<br />

1564 ging Weigel nach Wittenberg. Es ist<br />

nicht bekannt, ob er hier nur studierte<br />

o<strong>de</strong>r auch schon lehrte. In Wittenberg erhielt<br />

Weigel 1564 wie<strong>de</strong>rum ein kurfürstliches<br />

Stipendium. In einem Revers 7 vom<br />

2. Juli 1564 verpflichtete sich Weigel zum<br />

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