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verweist Weigel auf Paracelsus, <strong>de</strong>r das Problem<br />

<strong>de</strong>r heißen Quellen richtig behan<strong>de</strong>lt<br />

habe. 36<br />

Im »Gebetbuch« mit seinen Anhängen<br />

nutzt Weigel neben Paracelsus' »De fundamento<br />

Scientiarum Sapientiaeque« und<br />

<strong>de</strong>ssen »Astronomia Magna« auch theologische<br />

Schriften <strong>de</strong>s Hohenheimers: das<br />

»Sursum corda« und die »Auslegung <strong>de</strong>s<br />

Psalters Davids« zu Ps. 118 (119). 37<br />

V. Weigel hat selbst zwei Paracelsus-<br />

Texte kopiert: <strong>de</strong>n »Brief an Luther, Melanchthon<br />

und Pomeranus« sowie die<br />

»Auslegung Theophrasti Paracelsi über die<br />

ersten fünf Kapitel Matthaei« 38 In <strong>de</strong>r »Postill«<br />

von 1578/79 wird Paracelsus fünfmal<br />

angeführt 39 ; ich maße mir nicht an festzustellen,<br />

ob das <strong>de</strong>r echte Weigel ist. In späteren<br />

Ar<strong>bei</strong>ten Weigels wird Paracelsus<br />

mehr als in früheren angeführt, häufig hat<br />

er Paracelsus-Zitate ohne Herkunftsangabe<br />

benutzt. Ebenso Denkansätze und I<strong>de</strong>en<br />

von Paracelsus. Exakte Forschungen dazu<br />

stehen noch aus. Die wichtigsten dieser<br />

Gedanken lauten: »Der Mensch als Mikrokosmos<br />

ist Abbild <strong>de</strong>s Makrokosmos; er ist<br />

erschaffen aus <strong>de</strong>m limus terrae o<strong>de</strong>r Er<strong>de</strong>nkloß<br />

und ist die quinta essentia <strong>de</strong>r<br />

ganzen Schöpfung; durch das Einblasen<br />

Gottes o<strong>de</strong>r das spiraculum vitae erhält <strong>de</strong>r<br />

Mensch die ewige Seele und die ewige<br />

Weisheit; die natürliche Weisheit kommt<br />

aus <strong>de</strong>m Licht <strong>de</strong>r Natur und nach <strong>de</strong>m<br />

Licht <strong>de</strong>s Geistes; <strong>de</strong>m irdischen, sterblichen<br />

Fleisch ist das himmlische Fleisch gegenübergestellt,<br />

das allein ewig ist; die Kirche wird<br />

polemisch als Mauerkirche beziehungsweise<br />

als bloßer Steinhaufen betrachtet. 40<br />

Nochmals: Wir haben nur einige <strong>de</strong>r Berufungen<br />

V. Weigels auf Paracelsus zitiert.<br />

Es sind viel mehr, Weigels hohe Wertung<br />

<strong>de</strong>s Paracelsus bezeichnet auch seine »Kirchen-<br />

o<strong>de</strong>r Hauspostill« von 1578/79, die<br />

eigentlich mit Berufungen auf Vorbil<strong>de</strong>r<br />

beson<strong>de</strong>rs sparsam ist. 41 Sie gehört zu <strong>de</strong>n<br />

»Stark bear<strong>bei</strong>teten Schriften, in <strong>de</strong>nen zusammenhängen<strong>de</strong>,<br />

nicht mehr aus eigenständiger<br />

Überlieferung bekannte Text-<br />

58<br />

stücke Valentin Weigels enthalten sind«.<br />

H. Pfefferl weist sie »in großen Teilen« B.<br />

Bie<strong>de</strong>rmann zu. 42 Sie soll aber <strong>de</strong>nnoch in<br />

<strong>de</strong>r Werkausgabe erscheinen. Ich glaube,<br />

einige <strong>de</strong>r folgen<strong>de</strong>n Aussagen sind nicht<br />

ausschließlich B. Bie<strong>de</strong>rmann zuzuschreiben,<br />

son<strong>de</strong>rn auch schon V. Weigel eigen.<br />

Nach <strong>de</strong>r »Kirchen- o<strong>de</strong>r Hauspostill«<br />

lässt sich nicht sagen: »Die Lutherischen<br />

seynd das Reich Christi / o<strong>de</strong>r die Bäpstischen<br />

seynd das Reich Christi / o<strong>de</strong>r die<br />

Zwinglischen / o<strong>de</strong>r die Schwenchfeldischen<br />

seynd das Reich Christi / o<strong>de</strong>r die /<br />

o<strong>de</strong>r jene / Nein / also kan man mit Wahrheit<br />

nicht sagen / wiewol ein je<strong>de</strong>r Hauffe<br />

vermeynt das Reich Christi zu sein / ...<br />

Christi Reich ist nicht Zeigefinger in einem<br />

gewissen Volcke o<strong>de</strong>r Hauffen / son<strong>de</strong>rn<br />

unter allen Völckern / Hey<strong>de</strong>n / Sprachen<br />

/ hat Christus die seinen / sie seynd zerstrewet<br />

hin und her / und die Weitzenkörnlein<br />

müssen unter <strong>de</strong>r Sprew hereiner fahren.«<br />

Weigel setzt fort: »wolte man die<br />

Ketzer tödten / so müste man die gantze<br />

Welt tödten / und <strong>de</strong>n aller geringsten<br />

Theil leben lassen.« 43 Auch unter <strong>de</strong>n Türken<br />

und <strong>de</strong>n Moskowitern habe Gott die<br />

Seinen. Der Glaube ist an keinen Ort,<br />

keine Stadt, keine Zeit, keine Zeremonien<br />

gebun<strong>de</strong>n.<br />

Weigels Pantheismus äußert sich in <strong>de</strong>r<br />

»Postill« u.a. in folgen<strong>de</strong>n Worten: »Gottes<br />

Wort ist nicht ein Same ohne <strong>de</strong>n Menschen<br />

/ und <strong>de</strong>r Mensche ist nicht ein Same<br />

ohne Gott / son<strong>de</strong>rn bey<strong>de</strong> miteinan<strong>de</strong>r /<br />

keines ohne das an<strong>de</strong>r.« 44 Nach Weigel ist<br />

alles <strong>de</strong>m Wesen nach gut, erst durch die<br />

freiwillige Abkehr vom Guten, d.h. von<br />

Gott, ist das Böse entstan<strong>de</strong>n. Dieser Gedanke<br />

ist ganz aus <strong>de</strong>m Geist <strong>de</strong>r Mystik<br />

gespeist, man vergleiche die »Theologia<br />

<strong>de</strong>utsch«. Generell geht V. Weigels Gottesbegriff<br />

von <strong>de</strong>m Gegensatz von Einheit<br />

und Vielheit, Endlichem und Unendlichem<br />

aus. Gott ist das Prinzip aller Dinge,<br />

und er ist alles. Er ist aber nicht dies o<strong>de</strong>r<br />

das, existiert nicht in einer bestimmten<br />

<strong>Ges</strong>talt. Aus Gott, <strong>de</strong>r in allem ist, entsteht

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