MTI-Heft 20 1003 - bei Bombastus-Ges.de
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verweist Weigel auf Paracelsus, <strong>de</strong>r das Problem<br />
<strong>de</strong>r heißen Quellen richtig behan<strong>de</strong>lt<br />
habe. 36<br />
Im »Gebetbuch« mit seinen Anhängen<br />
nutzt Weigel neben Paracelsus' »De fundamento<br />
Scientiarum Sapientiaeque« und<br />
<strong>de</strong>ssen »Astronomia Magna« auch theologische<br />
Schriften <strong>de</strong>s Hohenheimers: das<br />
»Sursum corda« und die »Auslegung <strong>de</strong>s<br />
Psalters Davids« zu Ps. 118 (119). 37<br />
V. Weigel hat selbst zwei Paracelsus-<br />
Texte kopiert: <strong>de</strong>n »Brief an Luther, Melanchthon<br />
und Pomeranus« sowie die<br />
»Auslegung Theophrasti Paracelsi über die<br />
ersten fünf Kapitel Matthaei« 38 In <strong>de</strong>r »Postill«<br />
von 1578/79 wird Paracelsus fünfmal<br />
angeführt 39 ; ich maße mir nicht an festzustellen,<br />
ob das <strong>de</strong>r echte Weigel ist. In späteren<br />
Ar<strong>bei</strong>ten Weigels wird Paracelsus<br />
mehr als in früheren angeführt, häufig hat<br />
er Paracelsus-Zitate ohne Herkunftsangabe<br />
benutzt. Ebenso Denkansätze und I<strong>de</strong>en<br />
von Paracelsus. Exakte Forschungen dazu<br />
stehen noch aus. Die wichtigsten dieser<br />
Gedanken lauten: »Der Mensch als Mikrokosmos<br />
ist Abbild <strong>de</strong>s Makrokosmos; er ist<br />
erschaffen aus <strong>de</strong>m limus terrae o<strong>de</strong>r Er<strong>de</strong>nkloß<br />
und ist die quinta essentia <strong>de</strong>r<br />
ganzen Schöpfung; durch das Einblasen<br />
Gottes o<strong>de</strong>r das spiraculum vitae erhält <strong>de</strong>r<br />
Mensch die ewige Seele und die ewige<br />
Weisheit; die natürliche Weisheit kommt<br />
aus <strong>de</strong>m Licht <strong>de</strong>r Natur und nach <strong>de</strong>m<br />
Licht <strong>de</strong>s Geistes; <strong>de</strong>m irdischen, sterblichen<br />
Fleisch ist das himmlische Fleisch gegenübergestellt,<br />
das allein ewig ist; die Kirche wird<br />
polemisch als Mauerkirche beziehungsweise<br />
als bloßer Steinhaufen betrachtet. 40<br />
Nochmals: Wir haben nur einige <strong>de</strong>r Berufungen<br />
V. Weigels auf Paracelsus zitiert.<br />
Es sind viel mehr, Weigels hohe Wertung<br />
<strong>de</strong>s Paracelsus bezeichnet auch seine »Kirchen-<br />
o<strong>de</strong>r Hauspostill« von 1578/79, die<br />
eigentlich mit Berufungen auf Vorbil<strong>de</strong>r<br />
beson<strong>de</strong>rs sparsam ist. 41 Sie gehört zu <strong>de</strong>n<br />
»Stark bear<strong>bei</strong>teten Schriften, in <strong>de</strong>nen zusammenhängen<strong>de</strong>,<br />
nicht mehr aus eigenständiger<br />
Überlieferung bekannte Text-<br />
58<br />
stücke Valentin Weigels enthalten sind«.<br />
H. Pfefferl weist sie »in großen Teilen« B.<br />
Bie<strong>de</strong>rmann zu. 42 Sie soll aber <strong>de</strong>nnoch in<br />
<strong>de</strong>r Werkausgabe erscheinen. Ich glaube,<br />
einige <strong>de</strong>r folgen<strong>de</strong>n Aussagen sind nicht<br />
ausschließlich B. Bie<strong>de</strong>rmann zuzuschreiben,<br />
son<strong>de</strong>rn auch schon V. Weigel eigen.<br />
Nach <strong>de</strong>r »Kirchen- o<strong>de</strong>r Hauspostill«<br />
lässt sich nicht sagen: »Die Lutherischen<br />
seynd das Reich Christi / o<strong>de</strong>r die Bäpstischen<br />
seynd das Reich Christi / o<strong>de</strong>r die<br />
Zwinglischen / o<strong>de</strong>r die Schwenchfeldischen<br />
seynd das Reich Christi / o<strong>de</strong>r die /<br />
o<strong>de</strong>r jene / Nein / also kan man mit Wahrheit<br />
nicht sagen / wiewol ein je<strong>de</strong>r Hauffe<br />
vermeynt das Reich Christi zu sein / ...<br />
Christi Reich ist nicht Zeigefinger in einem<br />
gewissen Volcke o<strong>de</strong>r Hauffen / son<strong>de</strong>rn<br />
unter allen Völckern / Hey<strong>de</strong>n / Sprachen<br />
/ hat Christus die seinen / sie seynd zerstrewet<br />
hin und her / und die Weitzenkörnlein<br />
müssen unter <strong>de</strong>r Sprew hereiner fahren.«<br />
Weigel setzt fort: »wolte man die<br />
Ketzer tödten / so müste man die gantze<br />
Welt tödten / und <strong>de</strong>n aller geringsten<br />
Theil leben lassen.« 43 Auch unter <strong>de</strong>n Türken<br />
und <strong>de</strong>n Moskowitern habe Gott die<br />
Seinen. Der Glaube ist an keinen Ort,<br />
keine Stadt, keine Zeit, keine Zeremonien<br />
gebun<strong>de</strong>n.<br />
Weigels Pantheismus äußert sich in <strong>de</strong>r<br />
»Postill« u.a. in folgen<strong>de</strong>n Worten: »Gottes<br />
Wort ist nicht ein Same ohne <strong>de</strong>n Menschen<br />
/ und <strong>de</strong>r Mensche ist nicht ein Same<br />
ohne Gott / son<strong>de</strong>rn bey<strong>de</strong> miteinan<strong>de</strong>r /<br />
keines ohne das an<strong>de</strong>r.« 44 Nach Weigel ist<br />
alles <strong>de</strong>m Wesen nach gut, erst durch die<br />
freiwillige Abkehr vom Guten, d.h. von<br />
Gott, ist das Böse entstan<strong>de</strong>n. Dieser Gedanke<br />
ist ganz aus <strong>de</strong>m Geist <strong>de</strong>r Mystik<br />
gespeist, man vergleiche die »Theologia<br />
<strong>de</strong>utsch«. Generell geht V. Weigels Gottesbegriff<br />
von <strong>de</strong>m Gegensatz von Einheit<br />
und Vielheit, Endlichem und Unendlichem<br />
aus. Gott ist das Prinzip aller Dinge,<br />
und er ist alles. Er ist aber nicht dies o<strong>de</strong>r<br />
das, existiert nicht in einer bestimmten<br />
<strong>Ges</strong>talt. Aus Gott, <strong>de</strong>r in allem ist, entsteht