MTI-Heft 20 1003 - bei Bombastus-Ges.de
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auchen, und zeigt uns auch, wer wir<br />
sind. Treibt aber einer falsche Magie, so<br />
versucht er Gott. Dann wehe seiner<br />
Seele!« 8 . Wenn Paracelsus in <strong>de</strong>r Liebe <strong>de</strong>n<br />
Grund aller Arznei sah, so wird die Übereinstimmung<br />
mit Ficino erkennbar, <strong>de</strong>r<br />
formulierte: »Tota vis magicae in amore<br />
consistit« 9 , d.h. die ganze Kraft <strong>de</strong>r Magie<br />
grün<strong>de</strong>t in <strong>de</strong>r Liebe. Sie wer<strong>de</strong>n <strong>bei</strong> Jakob<br />
Böhme eine Fülle ähnlicher Aussagen kennen,<br />
z.B. in seiner Schrift »Von sechs mystischen<br />
Punkten« o<strong>de</strong>r in <strong>de</strong>n »Drei Prinzipien<br />
göttlichen Wesens«.<br />
Zugegeben: In einer Zeit, da Naturwissenschaft<br />
und Technik menschliches Denken<br />
beherrschen, da <strong>de</strong>r Mensch <strong>de</strong>n<br />
Mond betrat und die Medizin faszinieren<strong>de</strong><br />
Reparaturen auszuführen vermag, ist man<br />
versucht, Ausführungen über Magie mit<br />
Skepsis zu betrachten, mit überlegenem<br />
Lächeln abzutun. Aber es ist die Frage erlaubt,<br />
ob neben Naturwissenschaft, Technik<br />
und Medizin nicht auch an<strong>de</strong>re Bereiche<br />
<strong>de</strong>n Menschen beeinflussen und<br />
motivieren können. Der griechische Philosoph<br />
Epiktet (50-138 n. Chr.) meinte, dass<br />
uns nicht die Dinge an sich beunruhigen,<br />
son<strong>de</strong>rn die Meinungen, die wir von <strong>de</strong>n<br />
Dingen haben. Ein Aspekt zur Dialektik<br />
von Makrokosmos und Mikrokosmos in<br />
Philosophie und Ethik <strong>de</strong>s Paracelsus ist<br />
die Magie, und <strong>de</strong>r Hohenheimer soll unsere<br />
»Unruhe«, unsere evtl. vorhan<strong>de</strong>nen<br />
Berührungsängste gegenüber <strong>de</strong>r Magie<br />
durch seine Interpretation abbauen.<br />
»Muß die Naturwissenschaft, wie wir das<br />
häufig beobachten, wirklich abgleiten in<br />
bezugloses Spezialistentum und überheblichen<br />
Materialismus? Muß Religion tatsächlich<br />
immer wie<strong>de</strong>r in Institutionen<br />
pervertiert wer<strong>de</strong>n und zu sektiererischem<br />
Machtmißbrauch <strong>de</strong>s Klerus führen? Die<br />
Verflechtung von natürlichem und himmlischem<br />
Licht, wie sie Paracelsus vorgedacht<br />
hat, stellt sich <strong>bei</strong><strong>de</strong>n oben genannten<br />
fatalen Entwicklungen entgegen.<br />
Wen<strong>de</strong>n wir seinen Gedankenansatz an,<br />
hieße das einerseits, Naturwissenschaft mit<br />
Qualitäten aus <strong>de</strong>m religiösen Bereich zu<br />
betreiben, nämlich mit Demut und Hochachtung<br />
vor <strong>de</strong>r Schöpfung; an<strong>de</strong>rerseits<br />
aber hieße es, religiöse Institutionen und<br />
Rituale mit skeptischem Realismus zu verfolgen,<br />
die Religion von <strong>de</strong>n pervertieren<strong>de</strong>n<br />
Machtansprüchen dogmatischer Amtsinhaber<br />
zu ›reinigen‹, um so wie<strong>de</strong>r frei zu<br />
wer<strong>de</strong>n für ursprüngliche religiöse Erfahrung<br />
und spirituelle Erkenntnis. Mehr<br />
Wissenschaft in <strong>de</strong>r Religion, mehr Religion<br />
in <strong>de</strong>r Wissenschaft, Paracelsus hat es<br />
vorgemacht« 1 .<br />
Paracelsus hat seine Auffassung von<br />
Magie u. a. dargelegt in seinen Werken<br />
»Philosophia sagax o<strong>de</strong>r Astronomia<br />
Magna«, »De occulta philosophia« und<br />
»Erklärung <strong>de</strong>r ganzen Astronomey«. Es<br />
gibt eine Fülle von Literatur über die<br />
Magie <strong>bei</strong> Paracelsus, von Prof. Dr. Kurt<br />
Goldammer 2 über Will-Erich Peuckert<br />
und Sergius Golowin 3 bis zu Prof. Dr. Dr.<br />
Alois Haas, <strong>de</strong>n Präsi<strong>de</strong>nten <strong>de</strong>r Schweizerischen<br />
Paracelsus-<strong>Ges</strong>ellschaft, und Prof.<br />
Dr. Lucien Braun, Straßburg. Die Magie<br />
als ein Gewinn aus <strong>de</strong>n Wechselbeziehungen<br />
zwischen Makrokosmos und Mikrokosmos<br />
hat ihre <strong>Ges</strong>chichte, hat in Paracelsus<br />
einen Höhepunkt und in <strong>de</strong>n<br />
Paracelsisten über Jakob Böhme bis zu<br />
Novalis (Friedrich Leopold Freiherr von<br />
Har<strong>de</strong>nberg) ihre Bewahrer. Dann kam die<br />
»geistige Nacht <strong>de</strong>s Materialismus und <strong>de</strong>r<br />
vermeintlich exakten Wissenschaft, und<br />
Paracelsus ist nur ein Name mit lächerlichem<br />
Beigeschmack« 5 . Es gibt also genug<br />
Grün<strong>de</strong>, um über Paracelsus und seine<br />
Auffassung von Magie zu sprechen. Für<br />
Paracelsus stellt sich die Dialektik von Mikrokosmos<br />
und Makrokosmos konkret auf<br />
<strong>de</strong>n Menschen bezogen dar als Dialog <strong>de</strong>s<br />
<strong>Ges</strong>chöpfes Mensch mit seinem Schöpfer.<br />
Aus diesem Dialog leitet sich seine Ethik<br />
her, die er zusammenfasste in »Der Grund<br />
aller Arznei ist die Liebe« (Spitalbuch).<br />
Dieser Dialog mit Gott war das Zentrum<br />
seines Denkens und Wirkens und be<strong>de</strong>utet<br />
– so man es kurz fasst – Magie.<br />
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