ICF - Agogis
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Anhang Anhang 5<br />
5<br />
<strong>ICF</strong> <strong>ICF</strong> und und Menschen Menschen mit mit Behinderungen<br />
Behinderungen<br />
Von Anfang an hat der Revisionsprozess der <strong>ICF</strong> vom Beitrag seitens Menschen mit Behinderungen und<br />
Organisationen von Menschen mit Behinderungen profitiert. Vor allem Disabled Peoples' International<br />
hat ihre Zeit und Energie für den Prozess der Revision zur Verfügung gestellt, und die <strong>ICF</strong> spiegelt heute<br />
diesen wichtigen Beitrag wider.<br />
Die WHO erkennt die Bedeutung der vollen Partizipation von Menschen mit Behinderungen und ihren<br />
Organisationen für die Überarbeitung einer Klassifikation von Funktionsfähigkeit und Behinderung an.<br />
Als Klassifikation wird die <strong>ICF</strong> wichtige Grundlage für Beurteilung und Messung von Behinderung in<br />
zahlreichen wissenschaftlichen, klinischen, administrativen und sozialpolitischen Kontexten sein. Es ist<br />
deshalb wichtig, Sorge zu tragen, dass die <strong>ICF</strong> nicht missbraucht wird für Zwecke, die den Interessen<br />
von Menschen mit Behinderungen zuwiderlaufen (vgl. Ethische Leitlinien in Anhang 6).<br />
Insbesondere ist sich die WHO darüber bewusst, dass gerade auch die in dieser Klassifikation<br />
verwendeten Begriffe als Stigma oder Etikette wirken können. Aus diesem Grund wurde bereits früh im<br />
Revisionsprozess entschieden, den Begriff "Handicap" ganz fallen zu lassen und "Behinderung" nicht als<br />
Bezeichnung einer Komponente zu verwenden, sondern ausschließlich als einen allgemeinen<br />
Oberbegriff.<br />
Es bleibt die schwierige Frage, wie man Menschen am besten bezeichnen kann, welche ein gewisses<br />
Maß an funktionalen Einschränkungen oder Begrenzung erfahren. Die <strong>ICF</strong> verwendet den Begriff<br />
"Behinderung", um das mehrdimensionale Phänomen zu bezeichnen, das aus der Interaktion zwischen<br />
Menschen und ihrer materiellen und sozialen Umwelt resultiert. Aus vielen verschiedenen Gründen<br />
bevorzugen einige, den Begriff "Menschen mit Behinderungen", andere "behinderte Menschen" zu<br />
verwenden. Unter Berücksichtigung dieser verschiedenen Meinungen, steht es der WHO nicht zu, hier<br />
die eine oder andere Sprachform zu wählen. Stattdessen bestärkt die WHO den wichtigen Grundsatz,<br />
dass Menschen ein Recht darauf haben, so genannt zu werden wie sie es wünschen.<br />
An dieser Stelle ist es wichtig noch einmal zu betonen, dass die <strong>ICF</strong> keine Klassifikation von Menschen<br />
ist. Sie ist eine Klassifikation der Gesundheitscharakteristiken von Menschen im Kontext ihrer<br />
individuellen Lebenssituation und den Einflüssen der Umwelt. Die Interaktion zwischen<br />
Gesundheitscharakteristiken und Kontextfaktoren resultiert in Behinderungen. Deshalb dürfen<br />
Personen nicht auf ihre Schädigungen, Beeinträchtigungen der Aktivität oder Beeinträchtigungen der<br />
Partizipation [Teilhabe] reduziert oder nur mittels dieser beschrieben werden. Zum Beispiel verwendet<br />
die Klassifikation statt "geistig behinderte Person" die Umschreibung "Person mit einem Problem im<br />
Lernen". Die <strong>ICF</strong> sichert dies, indem sie Bezüge zu einer Person mit Begriffen für Krankheiten oder<br />
Behinderungen vermeidet und durchgängig eine neutrale oder positive und konkrete Sprache<br />
verwendet.<br />
Um der gerechtfertigten Befürchtung einer systematischen Etikettierung von Menschen entgegen zu<br />
wirken, sind die Kategorien in der <strong>ICF</strong> neutral gefasst, um Herabsetzungen, Stigmatisierungen und<br />
unangemessene Konnotationen zu vermeiden. Dies führt allerdings zu einer "Hygienisierung der<br />
Begriffe". Die negative Attributierung der eigenen Gesundheit und die Reaktion anderer existieren<br />
jedoch unabhängig von den Umschreibungen, die zur Definition eines Zustandes verwendet werden.<br />
Wie immer auch „Behinderung“ genannt wird, sie existiert unabhängig von dieser Bezeichnung. Es<br />
handelt sich hier nicht ausschließlich um ein sprachliches Problem, sondern vielmehr um ein Problem<br />
der Einstellung von einzelnen und der Gesellschaft gegenüber Behinderungen. Benötigt werden<br />
korrekte Inhalte sowie eine korrekte Verwendung der Begriffe und der Klassifikation.<br />
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