Grundrechte - Marcel Küchler
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Prof. Dr. Walter Kälin SS 1998<br />
4., überarbeitete Version 2001 <strong>Grundrechte</strong><br />
angeordnet sein. Dies, weil schwere Eingriffe einer stärkeren demokratischen Legitimation<br />
(BV, Gesetz) bedürfen als leichte.<br />
Fehlt eine gesetzliche Grundlage gänzlich, dann liegt in jedem Fall einer Grundrechtsbeschränkung<br />
eine Grundrechtsverletzung vor, auch wenn sie im konkreten Fall durchaus<br />
im öffentlichen Interesse und verhältnismässig sein kann<br />
• Ausnahme: Besondere Rechtsverhältnisse (Armee, Feuerwehr, Gefängnis, Uni)<br />
Im Fall der besonderen Rechtsverhältnisse (auch Sonderrechtsverhältnisse bzw. früher besondere<br />
Gewaltverhältnisse) verlangte das BGer früher keine gesetzliche Grundlage, da<br />
hier nicht das Prinzip der Legalität gelte, sondern allein die Gewalt über die Betroffenen.<br />
Heute verlangt das BGer zumindest für die zwangsweise Begründung, für die wesentlichen<br />
Rechte und Pflichten und für die zwangsweise Auflösung (z.B. Ausschluss<br />
von der Uni) solcher Verhältnisse ein gesetzliche Grundlage im formellen Sinne.<br />
Für Beschränkungen, die sich aus dem Zweck des besonderen Rechtsverhältnisses<br />
ergeben und für dessen Erreichung notwendig sind, erachtet das BGer die Regelung<br />
auf Verordnungsstufe als genügen.<br />
• Ausnahme: Die polizeiliche Generalklausel (z.B. Art. 28 I KV-BE)<br />
Die polizeiliche Generalklausel erlaubt Grundrechtsbeschränkungen ohne gesetzliche<br />
Grundlage (insofern sie nicht selbst eine ist) „bei ernster, unmittelbarer und offensichtlicher<br />
Gefahr“. In der Praxis führt die Anwendung der Generalklausel selten<br />
zu Fällen, die unklar wären.<br />
B) Öffentliches Interesse<br />
Liegt der Eingriff im öffentlichen Interesse? (Überwiegt dieses Interesse das private Interesse an<br />
der Grundrechtsausübung?) Auch wenn eine gesetzliche Grundlage besteht, kann ein genügendes<br />
öffentliches Interesse an der Grundrechtsbeschränkung fehlen: Dann ist das<br />
Grundrecht verletzt.<br />
• Polizeigüterschutz<br />
– Sicherheit (v.a. Schutz von Leib und Leben, Abwehr von Straftaten);<br />
– öffentliche Ruhe und Ordnung;<br />
– öffentliche Sittlichkeit;<br />
– öffentliche Gesundheit;<br />
– Treu und Glauben im Geschäftsverkehr (z.B. unlauterer Wettbewerb).<br />
• Staatsaufgaben (Beispiele)<br />
– Sozialpolitische Anliegen;<br />
– Umweltschutz, Natur- und Heimatschutz;<br />
– verkehrs- und energiepolitische Interessen;<br />
– usf.<br />
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