Grundrechte - Marcel Küchler
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Prof. Dr. Walter Kälin SS 1998<br />
4., überarbeitete Version 2001 <strong>Grundrechte</strong><br />
BGE 99 Ib 377 (Leuchtreklame)<br />
SVG Art. 6 verbietet im Bereich von Strassen Reklamen und Ankündigungen, welche namentlich<br />
durch Ablenkung der Fahrzeugführer die Verkehrssicherheit gefährden können. Art.<br />
80 SSV hebt eine Reihe von Merkmalen hervor, die zur Beanstandung solcher Reklamen und<br />
Ankündigungen führen sollen. In Abs. 5 wird gesagt, solche Ankündigungen dürften „nicht<br />
übermässig gross“ sein.<br />
Die Alexander Schoeller & Cie. AG ersuchte, auf dem Dach ihrer Firma eine nachts leuchtende,<br />
1,2 m hohe Schrift anbringen zu dürfen. Der Gemeinderat von Volketswil bewilligte<br />
lediglich eine Buchstabenhöhe von 0,8 m. Der Bezirksrat Uster und der Regierungsrat des<br />
Kantons Zürich bestätigen auf dem Rekursweg den Entscheid.<br />
Die AG rügt beim Bundesgericht u.a. eine rechtsungleiche Behandlung. Sie behauptet nicht,<br />
dass nach den massgebenden Vorschriften die gewünschte Grösse zulässig sei, es gebe aber<br />
nachweislich anderswo im Kanton Zürich Ankündigungen, bei denen die gewünschten 1,2 m<br />
geduldet würden.<br />
Das Gesetz wird in diesem Fall zwar wie vorgesehen angewandt, jedoch sind schon grössere<br />
Schriften bewilligt worden und es zeigt die Behörde – da sie sich über die Auslegung des Gesetzes<br />
noch unklar ist – nicht die Absicht, künftig solche nicht mehr zu bewilligen, weshalb in<br />
diesem Fall die Beschwerde gutgeheissen wird.<br />
BGE 104 Ia 1<br />
W. wurde vom Bezirksgericht wegen verschiedener Vermögensdelikte zu einer Haftstrafe<br />
und einer Busse verurteilt. Er legte gegen dieses Urteil Berufung beim Kantonsgericht ein.<br />
Obwohl er aufgefordert wurde, persönlich zur Verhandlung zu erscheinen, war nur sein Verteidiger<br />
anwesend.<br />
In Anwendung von Art. 192 Ziff. 1 Abs. 1 der kantonalen Strafprozessordnung, welcher vorsieht,<br />
dass die Abwesenheit desjenigen, der Berufung einlegt, als Rückzug der Berufung behandelt<br />
werde, schrieb das Gericht die Berufung ab; dies, obwohl das Gericht bis zu diesem<br />
Entscheid bei Anwesenheit eines Anwalts genügen liess, um die Rechtsfolgen von Art. 192<br />
nicht eintreten zu lassen.<br />
W. führte gegen diesen Entscheid staatsrechtliche Beschwerde.<br />
Praxisänderungen im Prozessrecht, welche die Rechtslage verschärfen, müssen vorher angekündigt<br />
werden.<br />
2.5.4 Diskriminierung (Art. 8 II [4 I] BV)<br />
MÜLLER, <strong>Grundrechte</strong>, 410 ff. [217 ff.]<br />
„Ein strengerer Massstab ist jedoch dann anzuwenden, wenn die rechtlich ungleiche<br />
Behandlung in einem Bereich erfolgt, der durch die <strong>Grundrechte</strong> einen besonderen<br />
Schutz erfährt. Dies ist der Fall, wenn die ungleiche Behandlung den Menschen in seiner<br />
Wertschätzung als Person betrifft (Diskriminierung aufgrund von Geschlecht, Rasse usw.).“ 9<br />
Eine Diskriminierung liegt vor, wenn<br />
1. Personen rechtsungleich behandelt werden,<br />
2. diese Ungleichbehandlung eine Benachteiligung zum Ziel oder zur Folge hat,<br />
3. die Ungleichbehandlung<br />
• ausdrücklich an ein verpöntes Merkmal (suspect classification) anknüpft und damit<br />
Angehörige einer geschützten Gruppe rechtsungleich behandelt (direkte Diskriminierung),<br />
oder<br />
9 BGE 106 Ib 188.<br />
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