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Grundrechte - Marcel Küchler

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Prof. Dr. Walter Kälin SS 1998<br />

4., überarbeitete Version 2001 <strong>Grundrechte</strong><br />

• dass die Amtsstelle, welche die Auskunft gegeben hat, hiefür zuständig war;<br />

• dass der Bürger die Unrichtigkeit des Bescheides nicht ohne Weiteres hat erkennen<br />

können;<br />

• dass er im Vertrauen auf die Auskunft nicht wieder rückgängig zu machende Dispositionen<br />

getroffen hat;<br />

• dass die Rechtslage zur Zeit der Verwirklichung des Tatbestandes noch die gleiche<br />

ist wie im Zeitpunkt der Auskunftserteilung (ausser bei Zusicherungen gerade im Hinblick<br />

auf das Bestehen bleiben der Rechtslage).<br />

Treu und Glauben schützen nicht vor Gesetzänderungen. Der Gesetzgeber ist nicht<br />

gehalten, das Vertrauen in den Bestand eines Gesetzes zu beachten.<br />

Ausnahmsweise wird aber das Vertrauen in den Bestand der Rechtslage geschützt:<br />

nämlich dann, wenn die Zusicherung der Behörde explizit diesen Bestand betraf, oder<br />

wenn die Zusicherung den Bestand eines bestimmten Sachverhaltes auch nach einer<br />

Rechtsänderung betraf.<br />

Aber auch wenn die Voraussetzungen für einen Schutz von Treu und Glauben erfüllt<br />

sind, können überwiegende öffentlichen Interessen dagegen sprechen, diesen Schutz zu<br />

gewähren. In einem solchen Fall trifft den Staat eine Entschädigungspflicht.<br />

BGE 114 Ia 105:<br />

Die S.-AG erhielt die Bewilligung, eine zwei Meter hohe Betonmauer auf der Grenze zu errichten,<br />

die vier ihr gehörende Grundstücke voneinander trennte. Anlässlich einer Kontrolle<br />

wurde festgestellt, dass die Mauer höher als erlaubt war und dass einige Abschnitte ohne die<br />

erforderliche Bewilligung erstellt wurden. Mit Verfügung vom 18.3.1983 ordnete das Kantonale<br />

Hochbauamt, Baupolizei, an, die Mauer sei innerhalb von 30 Tagen auf die erlaubte Höhe<br />

zu reduzieren bzw. zu beseitigen, wo sie ohne Bewilligung erstellt wurde. In dieser<br />

Verfügung wurde auf die Möglichkeit aufmerksam gemacht, innerhalb von 30 Tagen Beschwerde<br />

bei der kantonalen Baurekurskommission zu führen. Die S.-AG verlangte und erhielt<br />

von zwei Beamten der Baupolizei, die für ihren Fall zuständig waren, eine Verlängerung<br />

der Beschwerdefrist bis am 30.5.1983.<br />

Die Baurekurskommission trat auf die am 30.5.1983 eingereichte Beschwerde von S. nicht<br />

ein, da die Beschwerdefrist am 23.3.1983 abgelaufen sei und da diese Frist nicht verlängert<br />

werden könne. Das Verwaltungsgericht des Kantons Waadt schützte diesen Entscheid.<br />

Die Zusicherung erging in einem konkreten Fall, von der zuständigen Behörde (Baupolizei)<br />

und die verpasste Frist war nicht wieder gutzumachen (eine nicht wieder rückgängig zu machende<br />

Disposition).<br />

Es fragt sich deshalb allein, ob die Unrichtigkeit der Fristverlängerung für die S.-AG erkennbar<br />

war oder hätte sein müssen. Das BGer führt aus, rechtskundige Personen (insbesondere<br />

Juristen und Anwälte) haben zu wissen, dass gesetzliche Fristen von keiner Behörde<br />

erstreckt oder verlängert werden könnten (im Gegensatz zu Fristen, welche die Verwaltung<br />

setzt). Die S.-AG als nicht rechtskundig habe aber auf die Richtigkeit der Auskunft vertrauen<br />

können, da es für den Unkundigen oft nicht erkennbar sei, ob es sich um eine gesetzliche oder<br />

eine Frist der Verwaltung handle, und sie zudem mehrmals die Richtigkeit der Fristverlängerung<br />

nachgefragt habe.<br />

BGE 103 Ia 515<br />

Um zu erreichen, dass die Hoffmann AG einen Neubau in Thun und nicht in der Ostschweiz<br />

errichte, schloss die Stadt Thun mit der Hoffmann AG im Juli 1960 eine Vereinbarung. In<br />

dieser wurden die Erschliessungsgebühren geregelt und hinsichtlich der Kanalisationsgebühren<br />

bestimmt, dass Art. 20 der städtischen Bauordnung massgebend sei. Dieser Artikel wurde<br />

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