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Grundrechte - Marcel Küchler

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Prof. Dr. Walter Kälin SS 1998<br />

4., überarbeitete Version 2001 <strong>Grundrechte</strong><br />

geboten ist nur, was für ein menschenwürdiges Dasein unabdingbar ist und von einer unwürdigen<br />

Bettelexistenz zu bewahren vermag“ (373).<br />

Überzeugend ist auch die Feststellung des Bundesgerichts, dass ein menschenrechtlich begründetes<br />

Grundrecht wie das in Frage stehende auch Ausländern zusteht (374).<br />

Im vorliegenden Fall konnte das Bundesgericht offen lassen, wie der verfassungsrechtliche<br />

Minimalanspruch auf Fürsorgeleistungen zahlenmässig zu bemessen sei, denn es war nicht<br />

Art und Umfang der Leistungen streitig, sondern lediglich, ob die Unterstützung überhaupt<br />

verweigert werden durfte.<br />

(In einem neuen, im folgenden besprochenen Entscheid vom 24.Mai 1996 i.S. M. weist das<br />

Bundesgericht auf die Bemessungsregeln zur Festsetzung des Existenzminimums gemäss Art.<br />

93 SchKG und den Richtlinien der Schweizerischen Konferenz für öffentliche Fürsorge<br />

[SKöF] hin; sie gehen nach Bundesgericht über das verfassungsrechtlich garantierte Minimum<br />

hinaus.)<br />

Mit seinem mutigen, dem Zeitgeist nicht unbedingt konformen Entscheid hat das Bundesgericht<br />

nicht nur in methodischer Hinsicht seinen Willen und seine Fähigkeit zur weiteren richterlichen<br />

Fortbildung des lückenhaften Grundrechtskatalogs der BV unter Beweis gestellt; es<br />

hat gleichzeitig ein menschenrechtliches Postulat verwirklicht, welchem etwa das deutsche<br />

Bundesverwaltungsgericht - unter einhelliger Begrüssung durch die Lehre - bereits im ersten<br />

Band seiner Entscheidungen in Form einer Konkretisierung der Menschenwürde (Art. 1 des<br />

Bonner Grundgesetzes) Geltung verschaffte (BVerwGE 1, 159 [161]; Literaturübersicht etwa<br />

bei MICHAEL SACHS, Grundgesetzkommentar, München 1996, S. 108f.).<br />

Die Voraussetzungen für die Anerkennung ungeschriebener <strong>Grundrechte</strong> sind:<br />

• Konsens (insbesondere Vorkommen in den Kantonsverfassungen);<br />

• Justiziabilität;<br />

• Bedingung menschlicher Existenz;<br />

• und dass dieses Recht unentbehrlicher Bestandteil eines rechtsstaatlichen und demokratischen<br />

Gemeinwesens ist.<br />

2.4.4 Ehefreiheit (Art. 14 [54] BV)<br />

MÜLLER, <strong>Grundrechte</strong>, 102 ff. [64 ff.]<br />

Die Ehefreiheit garantiert das Recht zur Eheschliessung, d.h. die Freiheit, dass ein<br />

mündiger Erwachsener selber entscheiden kann, ob bzw. wen er heiraten möchte.<br />

BGE 113 II 5 (Heirat eines abgewiesenen Asylbewerbers)<br />

Y., türkischer Staatsangehöriger, reiste im September 1984 in die Schweiz ein. Am 9.10.1984<br />

stellte er ein Asylgesuch, das am 12.9.1985 vom BAP abgewiesen wurde. Y. wurde angewiesen,<br />

bis am 30.11.1985 die Schweiz zu verlassen.<br />

Y. lebte seit dem 24.4.1985 mit Frau U. zusammen. Am 4.11.1985 stellten Y. und U. das Gesuch<br />

um Verkündung der Ehe. Der Standesbeamte gelangte an die zuständige kantonale Behörde,<br />

damit diese die Verkündung erlaube (Art. 7 ANAG). Am 23.12.1985 wurde vom<br />

kantonalen Justiz- und Polizeidepartement der Eheschluss untersagt. Art. 7 Abs. 2 ANAG bestimmt<br />

zwar, dass bei Personen, die ihren Wohnsitz in der Schweiz haben, die Erlaubnis<br />

nicht verweigert werden dürfe, wenn der Heimatstaat die Wirkungen der Ehe anerkenne werde<br />

- was hier geschehen würde. Das Gesuch sei aber rechtsmissbräuchlich, da es F. nur um<br />

die Verhinderung des Vollzugs der Verfügung des BAP und nicht um die Begründung einer<br />

ehelichen Gemeinschaft gehe.<br />

Eine Beschwerde von F. an den Regierungsrat blieb ohne Erfolg, woraufhin er sich an das<br />

Bundesgericht wandte.<br />

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