20.07.2013 Aufrufe

Grundrechte - Marcel Küchler

Grundrechte - Marcel Küchler

Grundrechte - Marcel Küchler

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Prof. Dr. Walter Kälin SS 1998<br />

4., überarbeitete Version 2001 <strong>Grundrechte</strong><br />

gen Beschränkung der Wahlfreiheit führen. Dagegen bleibt die Initiative gültig für indirekte<br />

Wahlen, die nicht vom Volk vorgenommen werden, sondern von einem vom Volk gewählten<br />

Organ. Im Zusammenhang mit den Landratswahlen erweist sich aus Sicht des Bundesgerichts<br />

die in der Initiative vorgeschlagene Lösung für Wahlkreise mit bloss zwei Sitzen als<br />

verfassungswidrig, weil hier dem Volk zwingend die Wahl einer Frau und eines Mannes vorgeschrieben<br />

werden sollte. Dagegen akzeptiert das Bundesgericht – und dies soweit ersichtlich<br />

erstmals – frauenfördernde Quoten auf Proporzwahllisten, die zumindest von einer<br />

Mehrheit in der urteilenden I. Öffentlichrechtlichen Abteilung als «geeignete Gleichstellungsmassnahmen»<br />

erachtet werden. Ausschlaggebend dafür war wohl der Umstand, dass<br />

das Wahlrecht des Kantons Uri die Verwendung leerer Wahlzettel ebenso zulässt wie das<br />

Kumulieren und Panaschieren, womit die Wahlfreiheit trotz den Listenquoten gewahrt bleibt.<br />

Gegen die Zulässigkeit der Listenquote war vor allem eingewendet worden, dass die Förderungsmassnahme<br />

zeitlich nicht befristet ist und zudem reine Frauenlisten ausschliesst. NZZ<br />

vom 8.10.1998, Nr. 233, S. 13; vgl. auch ZBJV 1999, S. 46 ff.<br />

Urteil des EuGH Kalanke c. Bremen vom 17. Oktober 1995, publiziert in EuGRZ 1995,<br />

S. 546 ff.<br />

§ 4 Gesetz zur Gleichstellung von Mann und Frau im öffentlichen Dienst des<br />

Landes Bremen<br />

Bei der Einstellung, einschliesslich der Begründung eines Beamten- oder Richterverhältnisses<br />

(...) sind Frauen bei gleicher Qualifikation wie ihre männlichen Mitbewerber<br />

in den Bereichen vorrangig zu berücksichtigen, in denen sie<br />

unterrepräsentiert sind.<br />

Der EuGH hat diese Bestimmung für ungültig erklärt, weil sie gegen die Gleichbehandlungsrichtlinie<br />

76/207 der Europäischen Union verstosse.<br />

Es sei Männern zwar grundsätzlich zumutbar, der Förderung von Frauen wegen zurückgestellt<br />

zu werden. Im konkreten Fall ginge die Regelung aber über das Zumutbare hinaus, da<br />

sich immer eine den Kriterien entsprechend qualifizierte Frau finden würde. Daraus resultiere<br />

eine zu starke Einschränkung der Chancen der Männer.<br />

Urteil des EuGH Marschall c. Land Nordrhein-Westfalen vom 11.11.1997, publiziert in<br />

EuGRZ 1997, S. 563 ff.<br />

Hellmut Marschall bewarb sich um eine Beförderungsstelle an der Gesamtschule Schwerte.<br />

Die Bezirksregierung Arnsberg teilte ihm jedoch mit, man beabsichtige, die Stelle mit einer<br />

Konkurrentin zu besetzen. Die dagegen erhobene Einsprache wies die Bezirksregierung zurück.<br />

Sie stellte sich auf den Standpunkt, aufgrund des § 25 Abs. 5 Satz 2 des Beamtengesetzes<br />

von NRW müsse die ausgewählte Konkurrentin befördert werden, da Marschall und sie<br />

gleich geeignet seien, zum Zeitpunkt der Ausschreibung der Stelle im Beförderungsamt aber<br />

weniger Frauen als Männer beschäftigt gewesen seien.<br />

Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, das Marschall anrief, legte dem EuGH die Frage vor,<br />

ob sich die Bestimmung des Beantengesetzes mit der Richtlinie 76/207 zur Verwirklichung<br />

der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung,<br />

zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in bezug auf die Arbeitsbedingungen<br />

vereinbaren lasse.<br />

Der EuGH entschied, dass die nordrhein-westfälische Regelung mit der Richtlinie 76/207<br />

vereinbar sei, soweit sie in jedem Einzelfall garantiere, dass die Bewerbungen „Gegenstand<br />

einer objektiven Beurteilung sind, bei der alle die Person der Bewerber betreffenden Kriterien<br />

berücksichtigt werden und der den weiblichen Bewerbern eingeräumte Vorrang entfällt,<br />

wenn eines oder mehrere dieser Kriterien zugunsten des männlichen Bewerbers überwiegen<br />

(...)“.<br />

§ 25 Abs. 5 Satz 2 Beamtengesetz NRW<br />

Soweit im Bereich der für die Beförderung zuständigen Behörde im jeweiligen Beförderungsamt<br />

der Laufbahn weniger Frauen als Männer sind, sind Frauen bei glei-<br />

57

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!